Scharfe Kritik von Menschenrechtlern
Etwa drei Millionen Einwohner zählt das Emirat Kuwait. Das Land am Persischen Golf kann seinen Bürgern aufgrund seines Ölreichtums viele kostenlose Sozialleistungen bieten. Doch ein erheblicher Teil hat davon nichts: etwa die unzähligen Billigarbeitskräfte aus Fernost und die Zehntausenden Staatenlosen, die als illegal eingestuft werden. Für letztere hat das Emirat nun ein Angebot parat.
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Die kuwaitische Regierung will den über 100.000 Staatenlosen die Staatsbürgerschaft anbieten - jedoch nicht die kuwaitische, sondern jene der Komoren, einer Inselgruppe vor der Ostküste Afrikas. Aus dem Innenministerium des Emirats hieß es zuletzt, dass die Bidun - so werden Staatenlose in der arabischen Welt bezeichnet - einen „speziellen Antrag auf die Staatsbürgerschaft der Komoren“ stellen könnten. Wer dieses Gesuch einreicht, dem würde ein Aufenthaltsrecht in Kuwait gewährt werden, hieß es.
Von Zugang abgeschnitten
Damit will der Staat ein aus seiner Sicht jahrzehntelanges Problem in den Griff bekommen. Die ersten Bidun waren Araber, die aufgrund von Analphabetismus, Wohnsitzlosigkeit, Armut und mangelndem Zugang zu Behörden nicht in der Lage waren, sich als Bürger registrieren zu lassen. Der Status als Bidun wird vererbt, die Betroffenen besitzen trotz ihrer Geburt in Kuwait die Staatsbürgerschaft nicht und werden von der Regierung offiziell als Ausländer bzw. illegal betrachtet. Dementsprechend schlecht ist ihre Lage.

Coribs/Christine Osborne
Die Komoren: Schöne Strände, billige Pässe
„Sehr bedenklich“
Die Möglichkeit zur Beantragung der Pässe könne dann beginnen, wenn die Komoren im Laufe der kommenden Monate eine Botschaft in Kuwait eröffnen, hieß es von offizieller Seite weiter. Dazu wird mit einer Reihe von Anreizen geworben, wie etwa kostenloser Bildung und Gesundheitsversorgung sowie dem Recht auf Beschäftigung, wie es in kuwaitischen Medien hieß. Auch eine Ausreise - bisher nicht möglich - stelle danach kein Problem mehr dar.
Doch freilich steht hinter der bemerkenswerten Aktion Kalkül - schließlich geht es nach Meinung von Menschenrechtlern darum, viele der in den Augen des Emirats illegalen Personen damit offiziell als Bürger zweiter Klasse einzustufen bzw. de facto als Ausländer zu deklarieren. Scharfe Kritik kommt aus dem Menschenrechtskomitee des Parlaments, die den Vorstoß der Regierung als „sehr bedenklich“ bezeichnete.

AP Photo/Gustavo Ferrari
Durch die Förderung von Öl wurde Kuwait zu einem der reichsten Länder der Welt
Die Regierung würde dem Parlament falsche Informationen übermitteln, es werde behauptet, die Bidun seien anderen Nationen angehörig. „Wenn das wahr ist, sollte die Regierung sie in ihre Heimatländer ausweisen und nicht auf die Komoren“, empörte sich ein Vertreter des Menschenrechtskomitees. Die Regierung Kuwaits hatte stets behauptet, dass viele der „illegalen“ Bidun die Pässe ihrer „Herkunftsnationen“ zerstört hätten, um mit einem vorgetäuschten Status das Recht auf eine kuwaitische Staatsbürgerschaft zu reklamieren.
Nur ein Drittel als Staatsbürger „qualifiziert“?
Die Regierung ging zuletzt davon aus, dass lediglich 34.000 Bidun für eine Staatsbürgerschaft Kuwaits „qualifiziert“ seien, erst im Vorjahr wurden 4.000 eingebürgert. Die übrigen Zehntausenden werden als Bürger anderer Länder eingestuft, die nach den großen Ölfunden vor einigen Jahrzehnten ins Land eingewandert sind bzw. deren Nachkommen sind. In den vergangenen drei Jahren hatten die Bidun vermehrt für Grundrechte demonstriert. Oft eskalierte die Gewalt, die Polizei setzte Waffen ein und verhaftete Hunderte wegen illegaler Proteste.
Offiziell gibt es vonseiten der Komoren auf den Vorstoß der kuwaitischen Regierung noch keine Reaktion - das Land, wie Kuwait ein Mitglied der Arabischen Liga, ist eines der ärmsten der Welt. Der Verkauf von Staatsbürgerschaften gilt im 800.000-Einwohner-Land als üblich. Ob es auf ein Gegengeschäft mit einem reichen Ölstaat verzichten wird, scheint relativ unwahrscheinlich.
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