Weitere Separatisten auf Sanktionsliste
Die EU-Außenminister haben nach Worten von Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) beschlossen, bis Monatsende weitere prorussische Separatisten in der Ukraine auf die Sanktionsliste zu setzen. Bisher stehen auf der EU-Sanktionsliste mit Einreiseverboten und Kontosperrungen 119 Ukrainer und Russen sowie 23 Unternehmen und Organisationen. Zugleich soll es „intensive Gespräche mit Russland geben“, auch zwischen der EU und der Eurasischen Zollunion, sagte Kurz am Montag in Brüssel.
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Es gehe darum, die Wurzeln in dem Streit zwischen der EU und der von Russland dominierten Eurasischen Zollunion um die Assoziierung der Ukraine, Georgiens und Moldawiens zu lösen. Nicht nur die Ukraine, sondern eben auch Georgien und Moldawien stünden „in der Gefahr, zwischen der Europäischen Union und Russland zerrissen zu werden“, sagte Kurz.
Mogherini soll „Startschuss geben“
Es gehe in dem Konflikt mit Russland nicht nur um Sicherheitsinteressen und die Frage, wie weit die NATO vordringen darf, sondern auch um wirtschaftliche Interessen. Daher wäre es „ein wesentlicher Beitrag zur Deeskalation“, wenn das Verhältnis zwischen der EU und der Eurasischen Zollunion geklärt würde. Der russische Präsident Wladimir Putin habe die Zollunion sehr vehement verfolgt. „Wir sollten daraus gelernt haben, und diesen Versuch jetzt unternehmen“, sagte Kurz. Dies gehe über die Ukraine, „das ist schon eine neue Qualität“.
Kurz sagte, es habe eine Bewusstseinsänderung insofern stattgefunden, als es dramatische Konsequenzen geben könnte, wenn die unterschiedlichen Interessen von Russland und der EU offen aufeinanderprallen. Für die neuen Gespräche mit Russland werde die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini den Startschuss geben. Das sei „ein neuerlicher Anlauf“, die Haltung der EU zum russischen Vorgehen in der Ukraine bleibe aber unverändert.
Steinmeier: Spirale der Gewalt verhindern
Der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier hatte ebenfalls für einen Dialog mit Moskau geworben. Die EU müsse dazu beitragen, eine erneute „Spirale der Gewalt“ im Ukraine-Konflikt zu verhindern, sagte Steinmeier. Er forderte neue Denkansätze: Es müsse darüber gesprochen werden, „ob wir mehr von demselben tun oder ob wir auch außerhalb des bisherigen Rahmens denken müssen“, so der deutsche Außenminister. Der „Gesprächsrahmen mit Russland soll wieder vergrößert“ werden.
Mogherini stellt Ukraine in den Mittelpunkt
Bereits im Vorfeld hatte sich diese Doppelstrategie angekündigt. Mehrere EU-Minister hatten weitere Wirtschaftssanktionen gegen Russland zum jetzigen Zeitpunkt ausgeschlossen. Auch Mogherini hatte sich vor dem Gipfel skeptisch gezeigt: „Sanktionen für sich sind kein Ziel. Sie können ein Instrument zusammen mit anderen Maßnahmen sein.“ Es sei an der Zeit, dass sich die EU auch um andere Fragen kümmere, nämlich wie die Ukraine zu Reformen gebracht werden könne und wie man in einen Dialog mit Russland komme.

Reuters/Eric Vidal
Der ukrainische Außenminister Pawlo Klimkin und die EU-Außenbeauftrage Federica Mogherini bei der Unterzeichung einer weiteren Vereinbarung
Mogherini unterzeichnete vor dem EU-Außenministerrat eine Vereinbarung mit dem ukrainischen Außenminister Pawlo Klimkin über die zivile EU-Rechtsstaatsmission in der Ukraine. Der Leiter der Beratungsmission für die Reform des zivilen Sicherheitssektors in der Ukraine (EUAM Ukraine), Kalman Mizsei, sagte, das sei ein historischer Moment, den die Ukraine nutzen müsse. Die Mission startet am 1. Dezember mit einer anfänglichen Kapazität von 50 internationalen Experten. In den nächsten Monaten soll diese Zahl verdoppelt werden, dazu kommen noch 70 Ukrainer, die bei der Umsetzung der Empfehlungen helfen, sagte Mizsei. „Wir werden eine kritische Masse erreichen, um einen Unterschied zu machen.“
Asselborn mahnt Respekt für Russland ein
Frankreichs Staatssekretär im Außenministerium, Harlem Desir, hatte beim Eintreffen gesagt, es gebe keine Lösung des Ukraine-Konflikts durch eine militärische Konfrontation. Die Achtung der Minsker Waffenstillstandsvereinbarung sei „der einzige Weg“. Russland verdiene als großes und wichtiges Land auch Respekt, hatte zuvor Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn eingemahnt. Das wäre auch ein Zeichen an den russischen Präsidenten Wladimir Putin, sich intensiver mit dem Minsker Abkommen, das den Waffenstillstand regelt, zu beschäftigen.
Durch die derzeitige Entwicklung könne „vieles kaputtgemacht werden“, warnte Asselborn. Er sei überzeugt, dass, „wenn diese Spirale sich weiterdreht, wir bald vor einer Konfrontation stehen, wo nichts mehr gutzumachen sein wird“.
Dutzende Tote bei heftigen Gefechten
Bei schweren Kämpfen kamen in der Ostukraine erneut Dutzende Menschen ums Leben. Nach Angaben der Armeeführung in Kiew starben mindestens sechs Soldaten bei Schusswechseln mit Separatisten. Neun weitere Soldaten wurden verletzt, hieß es am Montag. Eine Offensive prorussischer Aufständischer auf den von Regierungstruppen gehaltenen Flughafen der Großstadt Donezk sei zurückgeschlagen worden. Dabei habe die Armee 23 Rebellen getötet und 27 verletzt. Eine unabhängige Bestätigung gab es zunächst nicht. Der Stadtverwaltung Donezk zufolge kam mindestens ein Zivilist bei Artilleriebeschuss ums Leben. Acht weitere Bewohner wurden verletzt.
Kurz übernimmt EVP-Vorsitz
Kurz übernahm von Polens Ex-Außenminister, dem nunmehrigen polnischen Parlamentspräsidenten Radoslaw Sikorski, den Vorsitz im Kreis der EVP-Außenminister. Das wurde bei einer Sitzung der zur Europäischen Volkspartei (EVP) gehörenden Außenminister am Montag in Brüssel beschlossen, hieß es in Diplomatenkreisen.
Die informellen Treffen der EVP-Minister dienen seit 2007 der regelmäßigen Vorbereitung auf EU-Außenministerräte. Auf sozialdemokratischer Seite gibt es ebenfalls solche vorbereitenden Treffen der Minister, ihr Vorsitzender ist der Luxemburger Außenminister Jean Asselborn. Der EVP-Vorsitz wird traditionell gemeinsam mit dem Vorsitzenden des Außenpolitischen Ausschusses des EU-Parlaments, Elmar Brok, geführt. Dem Gremium gehören derzeit neun Außenminister an. Mehrere EU-Kommissare, darunter auch Erweiterungskommissar Johannes Hahn (ÖVP), nehmen an den Sitzungen ebenfalls teil.
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