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Landeshauptleute sehen „Affront“

Die ÖVP-regierten Bundesländer haben sich am Samstag über den Vorstoß der SPÖ bei der Steuerreform, der unter anderem eine Kürzung beim Finanzausgleich vorsieht, verärgert gezeigt. Geht es nach den am Freitag bekanntgewordenen Plänen der SPÖ, wird den Ländern beim Finanzausgleich eine Milliarde Euro weggekürzt.

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Vorarlbergs Regierungschef Markus Wallner (ÖVP) nannte das Ansinnen gegenüber der APA „unvorstellbar“ und sprach von einem „Affront“. Sicher könne darüber vernünftig geredet werden, wie viel von den Ländern beizusteuern sei, so Wallner gegenüber dem ORF, er sei auch der Ansicht, dass Bund, Länder und Gemeinden sich gemeinsam anstrengen sollten, einen Beitrag beizusteuern.

Wenn es geringere Einnahmen gebe, seien diese in einem gewissen Verhältnis aufzuteilen. Beim Finanzausgleich heiße das Verhältnis, das auch bei Mehreinnahmen gelte, zwei Drittel Bund, ein Drittel Länder. Über eine Zeitung auszurichten, dass man eine Milliarde von den Ländern wolle, das gehe nicht. Die Länder seien ja nicht die Melkkuh der Nation, so Wallner - mehr dazu in vorarlberg.ORF.at.

Kritik an „Politik von oben herab“

Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) kritisierte den Vorstoß von Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) als „Politik von oben herab“. Durch Kürzungen beim Finanzausgleich noch für ein sparsames Wirtschaften im Bundesland bestraft zu werden sei ein „Affront“, so auch Platter gegenüber der APA. „Gerade wir in Tirol brauchen keine Tipps, wie man eine seriöse Finanzpolitik macht“, sagte Platter. Das Land halte sein Budget seit Jahren in Ordnung.

Dass Faymann den Ländern via Medien ausrichte, was sie zur Steuerreform beizutragen hätten, könne nur einen Grund haben: „Faymann will sich vor dem SPÖ-Parteitag positionieren. Die Steuerreform ist jedoch zu wichtig, um auf Zurufe aus der SPÖ-Zentrale zu reagieren“, so Platter. Er erneuerte seine Forderung nach einer raschen Steuerentlastung für die Menschen, zu der auch die Länder ihren Beitrag leisten würden, allerdings in „Verhandlungen auf Augenhöhe“.

Kritik kam auch von Oberösterreichs Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP). „Sonderopfer“ dürfe man von niemandem verlangen, sagte er gegenüber ORF Radio Oberösterreich. Zur Steuerreform müssten alle beitragen, aber alle entsprechend ihrer Anteile und Größe. Man habe eine Finanzausgleichsformel von 67 Prozent Bund und 33 Prozent Länder und Gemeinden, betonte Pühringer - mehr dazu in ooe.ORF.at

SPÖ brachte Gegenfinanzierung ein

Am Freitag wurde bekannt, dass die SPÖ bei der Expertenkommission im Finanzministerium ein Konzept für die Gegenfinanzierung der Steuerreform in der Höhe von insgesamt sechs Milliarden Euro eingebracht hat. Unter anderem erwartet sich die SPÖ bei der Steuerreform jeweils eine Milliarde Euro durch die Registrierkassenpflicht zur Bekämpfung von Steuerbetrug, die Streichung von Ausnahmeregeln im Steuerrecht und durch Einsparungen - etwa bei Verwaltung, Förderungen und im neuen Finanzausgleich.

Expertenkommission rechnet

Die rot-schwarze Expertenkommission im Finanzministerium rechnet noch bis Ende November die unterschiedlichen Vorschläge zu Steuersenkung und Gegenfinanzierung durch. Danach gehen die Ergebnisse an die politische Steuerungsgruppe unter der Leitung von Faymann und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP). Ebenfalls eingebracht werden dort die Sparvorschläge der Aufgabenreform- und Deregulierungskommission.

Zwei Milliarden Euro sollen den SPÖ-Plänen zufolge vermögensbezogene Steuern bringen - konkret 1,5 Milliarden Euro die „Millionärsabgabe“ genannte Vermögensteuer und weitere 500 Millionen Euro die Wiedereinführung der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Die Pläne entsprechen im Wesentlichen jenen von ÖGB und AK. Auch bei der Steuersenkung in der höhe von sechs Milliarden Euro hat die SPÖ zuletzt angekündigt, das ÖGB/AK-Modell zu übernehmen.

Faymann forderte in einem Interview mit der „Kronen Zeitung“ (Online-Ausgabe) schließlich von der ÖVP konkrete Zahlen und zwar bis spätestens Weihnachten. „Ich freue mich, dass der Koalitionspartner jetzt endlich auch klar zur Steuerreform steht. Das war nicht immer so. Aber es reicht nicht, nur zu sagen, dass man es machen will, sondern man muss es auch tun.“ Überschriften alleine würden nicht ausreichen: „Es reicht nicht, nur zu nörgeln, sondern man muss etwas Besseres haben.“

Vehemente Forderung nach Vermögenssteuern

Beim Landespartei der SPÖ in Unterpremstätten in der Steiermark forderte Faymann in seiner Begrüßungsrede zudem vehement Vermögenssteuern - die die ÖVP ihrerseits ebenso heftig ablehnt. Steuerbetrugsbekämpfung, Investitionen, Verteilungsgerechtigkeit und Fairness sicherten den Frieden und die Demokratie, so der Kanzler - „deshalb sagen wir Ja zu einer Millionärsabgabe, und damit meinen wir nicht den Häuslbauer, sondern das oberste Prozent der Gesellschaft, das über unvorstellbare Vermögen verfügt, diese müssen etwas beitragen. Das ist längst fällig.“ - mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Der Koalitionspartner sei vor einem Jahr auch noch nicht für eine Steuerreform gewesen, nun sei er dafür. In Deutschland gebe es Erbschafts- und Schenkungssteuer, in der Schweiz Veranlagungssteuern, und in beiden Ländern gebe es die befürchtete Flucht der Millionäre nicht, argumentierte er weiter. Die sechs Milliarden Euro aus einer Steuerreform stünden zudem nicht zur Disposition beziehungsweise Reduktion.

Kaiser: Keine Kürzung ohne Einstimmigkeit

Kärntens SPÖ-Parteichef und Landeshauptmann Peter Kaiser verwies in einer Aussendung darauf, dass es ohne Zustimmung der Bundesländer keine Kürzungen beim Finanzausgleich geben könne. Er berief sich dabei auf einen Passus in der Verfassung, der bei den Finanzausgleichsverhandlungen das Einstimmigkeitsprinzip vorsehe. Alle Beteiligten täten jedoch gut daran, an einer „nachhaltigen Entlastungsreform“ mitzuarbeiten, so Kaiser, der aktuell der Landeshauptleutekonferenz vorsitzt. Die Bundesländer wollen das Thema Steuerreform bei der Landeshauptleutekonferenz kommende Woche besprechen.

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