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US-General überraschend in Bagdad

Nach monatelanger Belagerung haben die irakischen Streitkräfte die größte Ölraffinerie des Landes von Milizionären der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) zurückerobert. Sicherheitskräfte hätten das Haupttor der Raffinerie erreicht, sagte am Samstag der Gouverneur der Provinz Salaheddin, Raad al-Dschuburi. Drei Armeeoffiziere bestätigten die Angaben.

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Dem Fernsehsender al-Hadath zufolge rückten bereits irakische Truppen auf das Gelände vor. Unterstützt von Luftangriffen der USA und europäischer sowie arabischer Staaten konnten irakische und kurdische Truppen die Extremisten zuletzt zurückdrängen. Die Rückeroberung ist der größte Erfolg gegen den IS seit der Rückeroberung des Staudamms von Mossul Anfang August.

Öl zur Finanzierung des IS-Feldzugs

Die Raffinerie nördlich von Baidschi produzierte einst 300.000 Barrel Öl am Tag und konnte so im Alleingang die Hälfte des landesweiten Ölbedarfs abdecken. Die IS-Miliz hatte seit Beginn ihres Eroberungsfeldzugs im Irak Anfang Sommer gezielt Öl- und Gasfelder eingenommen, um sich auch über den Verkauf von Rohstoffen zu finanzieren. Die gleiche Strategie wendeten die IS-Kämpfer im benachbarten Bürgerkriegsland Syrien an, wo sie ebenfalls weite Gebiete kontrollieren.

Sunniten und Schiiten erobern Stadt zurück

Am Tag zuvor konnte auch die angrenzende Stadt Baidschi von den Dschihadisten zurückerobert werden. An der Offensive die am 31. Oktober begann, waren neben der Armee auch schiitische Milizen und sunnitische Stammeskämpfer beteiligt. Die Stadt war seit Anfang Juni in der Gewalt des IS. Eine erste Offensive hatte es am 17. Oktober gegeben.

Baidschi liegt an der Hauptstraße zwischen Tikrit und Mossul. Die Rückeroberung der Stadt erleichtert nun auch die Sicherung der Raffinerie. In den vergangenen Monaten fand ein regelrechtes Tauziehen um die Raffinerie statt. Immer wieder verschanzten sich irakische Soldaten auf dem Gelände und versuchten, den Ansturm der Dschihadisten zurückzuschlagen. Seit dem Sommer kontrollierte die IS-Miliz den Ölverkauf.

US-Außenminister John Kerry bezeichnete Baidschi bei seinem Besuch in Jordanien am Donnerstag als ein Beispiel dafür, dass die „Schwächung und schließlich Zerstörung“ des IS nicht von einem Tag auf den anderen vor sich gehe. „Doch am Ende werden wir siegen“, fügte Kerry hinzu.

USA bereit für die nächste Phase

Am Samstag traf US-Generalstabschef Martin Dempsey überraschend im Irak ein, um mit Regierungsverantwortlichen in Bagdad über das Vorgehen gegen den IS zu beraten. Dempsey wolle Vertreter der Regierung und der irakischen Streitkräfte treffen, um über die „nächste Phase“ im Kampf gegen den IS zu sprechen, schrieb der US-Diplomat Brett McGurk auf dem Kurzbotschaftendienst Twitter. McGurk ist Stellvertreter des US-Koordinators für die Koalition gegen den IS, Ex-General John Allen.

Der nicht angekündigte Besuch von Dempsey erfolgte wenige Tage nachdem US-Präsident Barack Obama angekündigt hatte, die Zahl der US-Militärangehörigen im Irak von 1.600 auf 3.100 zu erhöhen. Diese sollen die irakischen Bodenstreitkräfte ausbilden und beraten sowie das US-Personal im Land schützen.

UNO-Bericht listet IS-Verbrechen auf

Der IS hat in einem Gebiet, das Teile des Nordiraks und Ostsyriens umfasst, ein muslimisches „Kalifat“ ausgerufen. Seit zwei Monaten versuchen IS-Kämpfer, die syrische Kurdenstadt Kobane an der Grenze zur Türkei einzunehmen. Sie stoßen dort auf heftigen Widerstand der kurdischen Verteidiger, die von der Luftwaffe einer von den USA angeführten Koalition unterstützt werden.

Dort, wo die IS Gebiete kontrolliert, komme es zu gravierenden Verbrechen gegen die Menschlichkeit, wie ein Bericht der von der UNO eingerichteten Untersuchungskommission über Verbrechen in Syrien darlegt. Gestützt auf Aussagen von 300 Opfern und Zeugen ist darin die Rede von Massakern an ethnischen und religiösen Gruppen, Folter, Enthauptungen, Steinigungen, sexueller Versklavung und Zwangsschwangerschaften zur Zeugung von Nachkommen für die IS-Kämpfer.

Die IS-Kommandeure seien einzeln für die Verbrechen verantwortlich und müssten zur Rechenschaft gezogen werden, beispielsweise vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag, so die Forderung der UNO. Rund 70 US-Staatsanwälte und Vollzugsbeamte sind derzeit unter anderem in Albanien, Bosnien, dem Kosovo, Kroatien und Serbien tätig, um diese Länder bei der Verfolgung von Syrien-Rückkehrern zu unterstützen.

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