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Mobiltelefone großflächig erfasst

In den USA wurde nun eine neue Form der Überwachung durch das US-Justizministerium enthüllt. Wie das „Wall Street Journal“ („WSJ“) berichtet, erfasst die Behörde mit Hilfe fingierter Mobilfunkzellen in Kleinflugzeugen, die über US-Großstädten kreisen, die Aufenthaltsorte sämtlicher Handynutzer. Ziel sei es, Verdächtige ausfindig zu machen, aber zunächst würden auch die Daten von Unbeteiligten erfasst.

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Die gefälschten Mobilfunkmasten - IMSI-Catcher oder auch „Dirtboxes“, benannt nach dem Kürzel des Herstellers Digital Receiver Technology (DRT) - werden in Cessna-Flugzeugen montiert und sammeln sodann die Identifizierungsnummern und Aufenthaltspunkte sämtlicher überflogener Mobiltelefone, egal welchen Anbieters.

Standort mit drei Meter Genauigkeit ausforschen

Die Handys der Anwender auf dem Boden verbinden sich mit den fingierten Zellen, weil sie grundsätzlich darauf getrimmt sind, den Mobilfunkmast mit dem stärksten Signal anzusteuern. Dem Bericht zufolge pickt das System die Handys Verdächtiger aus dem Datenstrom heraus und verwirft die restlichen Informationen. Es bleibe allerdings unklar, wie genau dafür gesorgt wird, dass die Daten Unbeteiligter tatsächlich gelöscht und nicht eventuell für eine spätere Nutzung aufgehoben werden.

Bei Tatverdächtigen wie flüchtigen Kriminellen und Drogendealern, für die sich die Behörden interessieren, lasse sich der Aufenthaltsort bis auf etwa drei Meter genau feststellen. So könne man etwa sogar erkennen, in welchem Raum eines Gebäudes sich der Gesuchte mit dem Handy gerade befindet.

Von fünf Flughäfen ganze US-Bevölkerung abgedeckt

Laut „WSJ“ steigen die Flugzeuge von fünf verschiedenen Flughäfen im ganzen Land auf und sammeln bei jedem Flug die Daten Zehntausender Mobilfunkgeräte. Unter Berufung auf Eingeweihte berichtete die Zeitung, dass fast die gesamte US-Bevölkerung betroffen sei. Die Behörden könnten die Ortungsinformationen zwar auch von den Mobilfunkbetreibern anfordern, aber sie fänden das Verfahren zu langsam und die Daten zu ungenau, so das Blatt.

Neuere Versionen der Technik könnten auch Inhalte von den Geräten abschöpfen, so das „WSJ“. Es sei aber unklar, ob diese Anlagen auch innerhalb der USA zum Einsatz kämen oder von den US-Behörden nur im Ausland zur Suche nach Terrorverdächtigen genutzt würden. Dass die US-Behörden solche Methoden etwa in Krisengebieten nutzen, wurde bereits im Zuge der NSA-Enthüllungen bekannt. Ein großflächiger Einsatz im eigenen Land wäre allerdings neu.

Justizministerium schweigt

Das Programm läuft laut der Zeitung seit 2007, vorher habe man auf entsprechend ausgerüstete Fahrzeuge gesetzt. Zuständig für die Durchführung ist demnach das polizeiähnliche United States Marshals Service, das zum Justizministerium gehört. Offiziell wollte das Justizministerium die Existenz des Systems weder bestätigen noch dementieren.

Der Cheftechniker der US-Bürgerrechtsorganisation American Civil Liberties Union (ACLU), Christopher Soghoian, bezeichnete das Programm im Gespräch mit dem Blatt als „Schleppnetzüberwachung“ und als „unentschuldbar“. Der Bericht reiht sich ein in eine ganze Reihe von Enthüllungen, die in den vergangenen Monaten die umfangreiche Überwachung von US-Bürgern durch verschiedene Sicherheitsbehörden öffentlich machten.

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