Experte ortet noch offene Fragen
„Die heute in Begutachtung geschickte Novelle ist ein Riesenschritt in Richtung einer modernen Verankerung der Fortpflanzungsmedizin in unserer Gesellschaft“: Mit diesen Worten reagierte Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) auf den zuvor bekanntgegebenen „Durchbruch“ bei der Reform des Fortpflanzungsgesetzes.
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Auch SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder begrüßte, dass die ÖVP in einigen Fragen „über ihren Schatten gesprungen ist und den Weg frei macht für moderne Regeln der Fortpflanzung“. So sei ein „großer Wurf“ für ein neues Gesetz „auf der Höhe der Zeit“ gelungen.
Das Ende der Diskriminierung lesbischer Paare sei ein „Meilenstein in Sachen Gleichbehandlung“. Eizellenspende und Samenspende durch Dritte bei der In-vitro-Fertilisation (IVF) zu erlauben bilde die Realität ab, seien doch bisher „betroffene Paare in solchen Fällen einfach zur Behandlung ins Ausland gefahren“. Wichtig sei, dass ein „Geschäft mit der Leihmutterschaft“ durch das Verbot der Vermittlung und Kommerzialisierung verhindert werde.
„Zeitgemäße und klare Regelung“
Laut ÖVP-Gesundheitssprecher Erwin Rasinger wird das Fortpflanzungsmedizingesetz „dem medizinischen Fortschritt der vergangenen Jahre Rechnung tragen“. Geschaffen werden laut Rasinger „zeitgemäße und klare Regeln“. Er erinnerte zudem daran, dass man nun neben dem Erkenntnis des VfGH auch den Empfehlungen der Bioethikkommission gefolgt sei. „Kinderwunsch und Familienplanung betreffen einen sehr persönlichen Bereich, der ethisch und gesellschaftspolitisch sensibel ist“, so Rasinger, „deshalb ist es von großer Bedeutung, dass wir klare Rahmenbedingungen und genaue Vorgaben haben, die wir mit dieser Modernisierung des Fortpflanzungsgesetzes auch schaffen.“
Grüne sehen weiter Reformbedarf
Auch die Grünen begrüßten den Entwurf zum Fortpflanzungsmedizingesetz, zeigten sich gleichzeitig dennoch nicht gänzlich zufrieden. Familiensprecherin Daniela Musiol äußerte sich in einer Aussendung vielmehr „verwundert“ darüber, dass alleinstehende Frauen weiter von der medizinisch unterstützten Fortpflanzung ausgeschlossen bleiben sollen.
NEOS-Justizsprecherin Beate Meinl-Reisinger zeigte sich „positiv überrascht, dass die Regierung innerhalb der Reparaturfrist eine Einigung erzielen konnte“ - und dass die Regierungsparteien einen „überraschend weitgehenden Einigungsvorschlag“ erreicht hätten. Sie begrüßte neben den bekannten Punkten auch, dass der Begriff „Elternteil“ im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) auch für gleichgeschlechtliche Paare gelten soll. Das sei „eine sehr wichtige Maßnahme zur Gleichstellung von homosexuellen Paaren“.
Kritik von FPÖ
„Dass lesbischen Paaren bei Samenspenden die gleichen Rechte eingeräumt werden sollen wie heterosexuellen Paaren, wird als Errungenschaft abgefeiert - jetzt muss also auch die Gesundheitspolitik für die gesellschaftspolitische Implementierung der links-linken Beliebigkeit herhalten“, kritisierte FPÖ-Gesundheitssprecherin Dagmar Belakowitsch-Jenewein die Novelle. Der FPÖ-Politikerin zufolge gebe es in der Gesundheitspolitik jedenfalls „vieles, was um einiges dringlicher und sinnvoller ist als dieses Minderheitenprogramm“.
Laut dem Gesundheitssprecher des Teams Stronach, Marcus Franz, müsse die Fortpflanzungsmedizin „dort zum Einsatz kommen, wo es Paaren nach überlieferter Tradition auf biologisch natürlichem Weg nicht möglich ist, Kinder zu bekommen“. Franz zufolge werfe das Gesetz demnach mehr „mehr Fragen auf, als es löst, und es führt zu neuen, spürbaren Diskriminierungen“. Was ist mit homosexuellen Männern, was mit alleinstehenden Menschen - so Franz per Aussendung. Primär müsse sich die Medizin zudem an die biologischen Gegebenheiten halten: „Das sind nun mal Mann und Frau bei den Menschen und auch bei allen Säugetieren zwei Geschlechter.“
„Mehr als erwartet“
Positiv überrascht vom Gesetzesvorhaben zeigte sich Heinz Strohmer, der Gründer und Leiter des Kinderwunschzentrums am Wiener Goldenen Kreuz: „Der vorliegende Gesetzesentwurf ist ein mutiger Schritt und deutlich mehr als von uns erwartet. Er bringt Österreich eindeutig auf europäisches Niveau.“
Eizellspende für Frauen im fruchtbaren Alter, Samenspende für lesbische Paare sowie für heterosexuelle Paare auch bei In-vitro-Fertilisation brächten eine „unsagbare Erleichterung“, die Zulassung der Präimplantationsdiagnostik (PID) in bestimmten Fällen erachtet er als „sehr wichtig und richtig“. Strohmer fragte sich allerdings, ob eine Samenspende auch für alleinstehende Frauen zugelassen wird, wie das Thema „Social Egg Freezing“ behandelt wird - und ob auch Eizellspende und PID aus dem IFV-Fonds finanziert werden.
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