Als einer der Ersten Schiff verlassen
Der Kapitän der südkoreanischen Unglücksfähre „Sewol“ ist am Dienstag in Kwangju zu 36 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Vom Vorwurf der vorsätzlichen Tötung wurde der 69-jährige Lee Joon Seok allerdings freigesprochen.
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Mit dem Urteil geht ein fünfmonatiger Prozess zu dem Schiffsunglück zu Ende, bei dem am 16. April etwa 300 Menschen vor der Küste Südkoreas ums Leben kamen, darunter rund 250 Schüler. Die Staatsanwaltschaft hatte dem Kapitän vorgeworfen, die Passagiere im Stich gelassen zu haben, und wegen vorsätzlicher Tötung die Todesstrafe gefordert. Der Kapitän war unter den Ersten, die das Schiff verließen.
Wegen Verletzung seiner Pflichten
Zur Begründung ihres Urteils sagten die Richter, der Kapitän habe seine Pflichten verletzt, was zum Tode von Menschen geführt habe. Zwar trug der 69-Jährige nach Ansicht der Richter die Verantwortung für alles, was auf der Fähre passierte. Dennoch sprach die Kammer ihn vom Mordvorwurf frei. Die drei mitangeklagten Besatzungsmitglieder verurteilte das Gericht zu Haftstrafen von 15, 20 und 30 Jahren. Die Staatsanwaltschaft meldete Berufung gegen alle Urteile an.

APA/AP/Yonhap, Hyung Min-woo
Vom Mordvorwurf wurde der Kapitän des Schiffes freigesprochen
Fehler eingeräumt
Lee räumte in dem Prozess Fehler ein, wies aber den Vorwurf zurück, er habe den Tod der Passagiere bewusst in Kauf genommen. Der Untergang der Fähre mit 476 Menschen an Bord hatte in Südkorea landesweit Empörung hervorgerufen: Nach einem Anfang Juli veröffentlichten Bericht trugen neben der Inkompetenz der Besatzung auch Behördenversagen, Korruption und Geldgier der Reederei zu der Katastrophe bei.

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Die Fähre nach dem Unglück
Kurz vor der Urteilsverkündung hatte das südkoreanische Ministerium für Meeresangelegenheiten angekündigt, die Suche nach den neun letzten Vermissten einzustellen. Das bisher letzte Opfer wurde Ende Oktober aus dem Wrack der Fähre vor der Südwestküste des Landes geborgen. Das Schiffsunglück hatte in Südkorea einen Schock ausgelöst und die Regierung in eine politische Krise gestürzt. Präsidentin Park Geun Hye, die bei Demonstrationen nach dem Unglück wiederholt zum Rücktritt aufgefordert worden war, hatte sich mehrmals für das schlechte Krisenmanagement entschuldigt.
Sohn des Reeders verurteilt
Wegen Untreue war der Sohn des einstigen Besitzers der „Sewol“ bereits wenige Tage zuvor zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Ein Gericht befand Yoo Dae Kyun für schuldig, aus dem Vermögen der Reederei Chonghaejin Marine Co. und ihrer sechs Schwesterfirmen rund 7,2 Millionen Dollar (5,75 Mio. Euro) unterschlagen zu haben. Die Ermittlungen zum Unglück ergaben, dass Unregelmäßigkeiten und Korruption in der Firma verbunden mit mangelhaften Sicherheitskontrollen zu dem Unglück beigetragen hatten. Neben Yoo verurteilte das Gericht in Incheon mehrere weitere Mitglieder und Vertraute der Reederfamilie wegen Pflichtverletzungen oder Untreue.
Ein Onkel des 44-jährigen Yoo wurde zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt, vier Mitarbeiter der Familie zu bis zu vier Jahren Haft. Acht weitere Beschuldigte, darunter ein anderer Onkel, erhielten Bewährungsstrafen. Das Urteil zu Yoos Mutter, die im Juli gemeinsam mit ihrem Sohn festgenommen wurde, steht noch aus. Yoos Vater, der 73-jährige Reedereichef Yoo Byung Eun, war nach dem Unglück verschwunden. Im Juni wurde dann seine bereits stark zersetzte Leiche gefunden. Die Todesursache konnte nicht ermittelt werden. Nach dem jüngsten Sohn des verstorbenen Reeders wird noch gefahndet, er hält sich im Ausland auf.
Haft für Hauptgeschäftsführer gefordert
Dem Hauptgeschäftsführer der Reederei drohen unterdessen 15 Jahre Haft. Die Anklage wirft Kim Han Sik Totschlag und Verletzung des Schifffahrtssicherheitsgesetzes vor. Laut Yonhap begründete der Staatsanwalt die Forderung damit, Kim sei sowohl für die Umbauten am Schiff als auch für das Überladen der 6.825-Tonnen-Fähre verantwortlich. Mit seinem Verhalten habe er das Unternehmen aus einer defizitären Wirtschaftslage führen wollen.
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