Debatte über Reform der Staatsstrukturen
Kataloniens Regierung sieht sich nach dem Ja bei einer inoffiziellen Volksbefragung in ihrem Streben nach Unabhängigkeit für die Region im Nordosten Spaniens bestärkt. Nach dem vorläufigen Ergebnis votierten 80,7 Prozent der 2,25 Millionen Teilnehmer für die Unabhängigkeit.
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„Die Katalanen haben gezeigt, dass sie sich selbst regieren wollen“, sagte Regierungschef Artur Mas in Barcelona. „Das ist eine alte Forderung, die sich mit der Schaffung eines starken und einigen Europa vereinbaren lässt.“ Mas kündigte an, er werde der Zentralregierung noch diese Woche die Forderung nach einem verbindlichen Volksentscheid zur Zukunft Kataloniens unterbreiten.
Madrid droht mit Konsequenzen
Die spanische Zentralregierung stufte die vom Verfassungsgericht untersagte Befragung dagegen als „politische Propagandaaktion“ ein und drohte der katalanischen Regierung mit strafrechtlichen Konsequenzen. Die Staatsanwaltschaft prüfe, ob gegen Gesetze verstoßen wurde, teilte der Madrider Justizminister Rafael Catala mit. Wenn der Verdacht sich bestätige, werde die Anklagebehörde rechtliche Schritte einleiten. Die Zentralregierung beruft sich auf die Verfassung von 1978, die die Einheit Spaniens garantiert.
Der konservative Ministerpräsident Mariano Rajoy zeigte sich am Montag jedoch bereit, über eine Verfassungsreform und eine Neuordnung der Finanzbeziehungen zwischen den 17 Regionen und der Madrider Zentralregierung zu verhandeln. Die Sozialistische Partei schlug vor, Spanien in einen föderalen Staat umzuwandeln.
Abstimmung über zwei Fragen
Den Stimmberechtigten wurden am Sonntag zwei Fragen vorgelegt: „Wollen Sie, dass Katalonien einen Staat bildet? Wenn ja, soll dieser Staat unabhängig sein?“ 10,1 Prozent sprachen sich bei der Befragung für die Bildung eines katalanischen Staates aus, der aber weiterhin zu Spanien gehören sollte. 4,6 Prozent votierten gegen die Unabhängigkeit.
Unklarer Beteiligungsgrad
Da es bei der Abstimmung keine Wählerverzeichnisse gab und die Zahl der Stimmberechtigten nicht genau feststand, war der Prozentsatz der Beteiligung unklar. Gemessen an den 5,4 Millionen Wahlberechtigten von 2012 betrug die Beteiligung knapp 42 Prozent. Zählt man aber die in Katalonien gemeldeten Ausländer und die 16- und 17-Jährigen hinzu, die beim Referendum ebenfalls stimmberechtigt waren, verringert sich der Wert auf etwa 36 Prozent.
Die Beteiligung an der nicht bindenden Befragung überstieg die Erwartungen der Initiatoren. Diese wollten mindestens 2,1 Millionen abgegebene Stimmen erreichen. Das war die Zahl der Wähler, die bei der Regionalwahl 2012 für die separatistischen Parteien gestimmt hatten.
Verbot des Verfassungsgerichts
Das spanische Verfassungsgericht hatte die Volksbefragung aufgrund einer Verfassungsklage der Zentralregierung untersagt. Madrid hatte aber angekündigt, die Befragung unter der Bedingung zu tolerieren, dass die Regionalregierung sich nicht an der Organisation beteilige.
Katalonien ist ein reicher Landstrich: Mit 7,5 Millionen Einwohnern stellt die Region 16 Prozent der spanischen Bevölkerung und erbringt 20 Prozent der Wirtschaftsleistung des Landes. Die Katalanen haben eine eigene Sprache und Kultur. Die Spannungen mit der Regierung in Madrid stiegen in den vergangenen Jahren wegen der Wirtschaftskrise. Viele Katalanen haben das Gefühl, dass sie dem Zentralstaat zu viel abtreten müssen und zu wenig von ihm erhalten. Das Referendum in Schottland vom September 2014 - das allerdings letztlich gegen die Unabhängigkeit ausging - ermutigte sie zu der eigenen Abstimmung.
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