Österreich-Bewusstsein auf Knopfdruck
Berge, Seen, gutes Essen, Kultur und Werte - es gibt einiges, worauf man in Österreich stolz sein kann. Das sollen nun Migranten wie „alteingesessene“ Österreicher am besten per Soziale Netzwerke kundtun. Eine entsprechende Kampagne startete Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) am Montag.
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Unter dem Schlagwort „#stolzdrauf“ soll das Österreich-Bewusstsein gestärkt werden, hieß es dazu bei der Präsentation gemeinsam mit dem Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) in Wien. Österreicher mit Migrationshintergrund, die hierzulande erfolgreich Fuß gefasst haben, geben einen Einblick in ihre Erfahrungen und worauf sie in ihrer neuen Heimat stolz sind.
Knappes Drittel sieht Österreich nicht als Heimat
Die Initiative solle zeigen, dass Migranten ihre neue Heimat aktiv mitgestalten können, sagte ÖIF-Geschäftsführer Franz Wolf und verwies auf eine aktuelle Studie, wonach sich 30 Prozent der Befragten mit Migrationshintergrund noch immer stärker ihrem Herkunftsland zugehörig fühlen. Unter den Personen aus dem ehemaligen Jugoslawien ist es rund ein Viertel, unter jenen aus der Türkei rund 42 Prozent. „Immer wieder tun sich Junge schwer mit dem Zugehörigkeitsgefühl“, sagte Kurz. Mit der Kampagne soll daher die Masse der Bevölkerung erreicht und das Gemeinsame hervorgehoben werden.
Fischer, Gabalier und Dagi eingeladen
Die Aktion wird in den nächsten Wochen in allen Medien beworben, der Schwerpunkt liegt jedoch auf den Sozialen Netzwerken. Als Vorbild dient die „Ice Bucket-Challenge“, bei der einander Menschen dazu einladen konnten, sich mit einem Kübel Eiswasser zu übergießen oder für die Nervenkrankheit Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) zu spenden. Bei „#stolzdrauf“ können drei Personen nominiert werden, von sich preiszugeben, worauf in Österreich sie stolz sind. Die ersten Einladungen von Kurz gingen dabei an Bundespräsident Heinz Fischer, Ex-Miss Amina Dagi und „Volks-Rock-’n’-Roller“ Andreas Gabalier.

APA/EPA/Hans Klaus Techt
Gabalier verweigerte beim Spielberg-Autorennen die neue Hymne
Sarkasmus statt Optimismus
Bevor die Kampagne via Print und TV überhaupt noch beworben wurde, nahm sie auf der Kurznachrichtenseite Twitter deutlich an Fahrt auf. Jedoch nicht so, wie es sich Kurz und der ÖIF gewünscht hätten. Statt positive Österreich-Aspekte hervorzuheben, musste #stolzdrauf für zahlreiche sarkastische Kommentare herhalten. „€19 Mrd. für die Rettung der #Hypo - kein Geld für die Hochschulen. #stolzdrauf“, zitieren die „Salzburger Nachrichten“ einen User. „Habe zwei töchter und bin #stolzdrauf die bundeshymne richtig und nicht geschlechterdiskriminierend singen zu können“, nimmt ein anderer User Bezug auf die Einladung von Gabalier.
Dieser meldete sich via Facebook übrigens umgehend. „Ich bin stolz darauf, dass es noch sooo viele Dirndln und Buam im Land gibt, die unsere Kultur und Tradition zeitgemäß leben und weitergeben, und hoffentlich noch lange im Trachtengewand außer Haus gehen“, so die wenig überraschende Zusammenfassung dessen, worauf der Schlagersänger stolz ist. Er nominierte Marcel Hirscher, David Alaba und Anna Fenninger.
Grüne kritisieren Imagekampagne
Auch die grüne Integrationssprecherin Alev Korun ist mit Gabalier als Integrationsaushängeschild nicht glücklich. Sie riet zu anderen Schritten als zu „einer Imagekampagne mit Gabalier, dem es schon beim Wort ‚Töchter‘ die Haare aufstellt“.
Die Grünen fordern etwa die Einführung von anonymisierten Bewerbungsverfahren und die Abschaffung von Sonderschulen, „damit nicht mehr überdurchschnittlich viele mehrsprachige Kinder in die Sonderschule abgeschoben werden“. Auch ein modernes Zugehörigkeits- bzw. Staatsbürgerschaftsrecht, das in Österreich geborenen Kinder automatisch die österreichische Staatsbürgerschaft einräumen würde, hätte für die Grünen Priorität.
Fischer: „Helfen statt wegschauen“
Wenig später folgt auch die Reaktion von Bundespräsident Fischer: „Ich bin #stolzdrauf, dass viele Menschen in Österreich nicht wegschauen, sondern helfen, wenn ihre Mitmenschen in Not geraten. So erlebe ich die Hilfsbereitschaft jedes Jahr bei ‚Licht ins Dunkel‘, bei der sich tausende SpenderInnen engagieren“, schrieb er via Facebook. Nominiert hat Fischer niemanden, sondern er ruft allgemein zur Teilnahme an der Aktion auf.
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