Großbanken im Visier
Die Zeiten des risikoreichen Lebens für Großbanken sind vorbei - zumindest wenn es nach den Plänen des Finanzstabilitätsrats (FSB) geht. Vor mittlerweile fünf Jahren wurde das Gremium von den führenden Industrie- und Schwellenländern (G-20) eingerichtet. Mit einem erklärten Ziel: eine Finanzkrise wie jene von 2007 zu verhindern.
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Am Montag präsentierte der FSB unter dem Stichwort Total Loss-Absorbing Capacity (TLAC) seine neueste Strategie. Dahinter steckt die Forderung an die weltgrößten 30 Banken, sich zukünftig mit einem deutlich dickeren Risikopuffer auszustatten. Nach dem Willen der Regulierer sollen Geldhäuser ab 2019 Eigenkapital, Wandelanleihen und andere Kapitalformen von bis zu 25 Prozent der Bilanzrisiken (RWA) in Reserve halten. Die Chancen stehen gut, dass der FSB-Vorschlag beim G-20-Gipfel im australischen Brisbane Ende der Woche beschlossen wird. „Es geht darum, genügend Wasser unter dem Kiel zu haben, um die notwendige Infrastruktur aufrechtzuerhalten“, sagte die Präsidentin der deutschen Finanzaufsicht (BaFin), Elke König, am Montag.
Risiko auf Kosten des Staates
Im Visier des FSB sind dabei Geldinstitute, die bisher als „too big too fail“ („TBTF“) - also „zu groß zum Scheitern“, galten. Unter diese Bezeichnung fallen Großbanken, die wegen ihrer Größe und finanzwirtschaftlichen Verflechtungen als „systemrelevant“ gelten, also im Falle ihres Zusammenbruchs das gesamte weltweite Finanzsystem beschädigen könnten. Ein Staat würde solche Geldinstitute lieber mit Steuergeld retten, als sie pleitegehen zu lassen. Für die Banken kam das bisher einer Art Freibrief gleich: Sie konnten immer größere Risiken eingehen und sich dabei immer auf die Rettung durch den Staat verlassen. Die Rechnung bezahlte in so einem Fall freilich der Steuerzahler.
Schmerzhaft zeigte sich das in den Folgen der Finanzkrise. Zahlreiche Staaten mussten damals „ihren“ Problembanken unter die Arme greifen, oder sie gar notverstaatlichen. Viele Institute mussten mit staatlichen Milliardenhilfen gerettet werden, was etwa die Verschuldung einiger Euro-Länder stark nach oben trieb. Unter dem Eindruck dieser finanzpolitischen Verwerfungen entschieden die G-20, sich des „TBTF“-Problems anzunehmen. Das war vor fünf Jahren. Seit damals arbeiten die Staaten nicht nur an stärkeren Kontrollen der systemrelevanten Banken (SIBs). Die Geldinstitute sollen nach Vorstellung der Politik auch die finanzielle Verantwortung für ihre Geschäfte übernehmen.
Über Basel III hinaus
Der nun vom FSB präsentierte Puffer ergänzt eine Vielzahl von Maßnahmen, mit denen die Politik rund um den Globus Aktionäre und Gläubiger von Banken im Pleitefall stärker in die Verantwortung nimmt. Hierzulande am bekanntesten sind die unter Basel III bekannten Regeln, die etwa die EU seit heuer schrittweise einführt. Laut diesen muss die Kernkapitalquote der Banken in den kommenden Jahren auf neun Prozent steigen.
Die Pläne der FSB gehen ein gutes Stück weiter. Konkret ist zurzeit geplant, dass der Risikopuffer 16 bis 20 Prozent der RWA abdecken soll. „Wir sollten uns eher am oberen Ende orientieren“, forderte König. Dafür könne man über längere Übergangsfristen reden. Zudem sollen die Reserven mindestens sechs Prozent der gesamten Bilanzsumme betragen, doppelt so viel wie nach Basel III als „Leverage Ratio“ für alle Banken vorgeschrieben. Einschließlich der Kapitalpuffer, die die global systemrelevanten Banken nach den verschärften Vorschriften von Basel III ohnehin vorhalten müssen, wäre das Risikopolster für die Abwicklung damit 19,5 bis 25 Prozent dick.
„Wendepunkt“ bei Bankenabwicklung
Der Chef des FSB und der Bank of England, Mark Carney, sprach von einem „Wendepunkt“. „Wenn sie erst einmal eingeführt sind, werden diese Vereinbarungen eine wichtige Rolle spielen, wenn es darum geht, global systemrelevante Banken abzuwickeln, ohne auf staatliche Subventionen zurückzugreifen und ohne das Finanzsystem zu stören.“ Die Regulierer erhoffen sich auch, dass der Puffer das Wachstum der Bankriesen bremst. Denn wenn sie einen Teil ihrer zusätzlichen Kosten wie erwartet auf die Kunden überwälzten, dürften sich diese anderen Banken zuwenden, heißt es in dem FSB-Papier. Oder die Großbanken senkten ihre Dividenden und Boni, um die steigenden Kosten wettzumachen.
Bis es so weit ist, werden die Banken freilich noch das eine oder andere Risikogeschäft abwickeln können. Selbst wenn der FSB-Plan diese Woche von den G-20 angenommen wird, soll im Frühjahr erst einmal eine Auswirkungsstudie durchgeführt werden. Die soll untersuchen, ob der Puffer ausreicht oder aber die Banken überfordert. Bis zum G20-Gipfel Ende 2015 wollen die Politiker dann aber die Höhe genau festlegen.
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