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Fast nie vorsätzlicher Betrug

Fast sieben Milliarden Euro aus dem Haushalt der Europäischen Union sind im vergangenen Jahr nicht korrekt ausgegeben worden. Wie der Europäische Rechnungshof am Mittwoch in Brüssel mitteilte, wurden im vergangenen Jahr 4,7 Prozent der Gesamtzahlungen von 148,5 Milliarden Euro nicht gemäß EU-Vorgaben ausgezahlt.

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Damit verbesserte sich die Fehlerquote im Vergleich zum Jahr 2012 nur geringfügig. Damals wurden 4,8 Prozent des EU-Budgets nicht rechtmäßig verwendet. In dem Bericht wird betont, dass das nicht mit Betrug, Ineffizienz oder Verschwendung gleichzusetzen sei. Das Geld sei aber aus dem EU-Budget nicht im Einklang mit den EU-Regeln ausbezahlt worden.

Am fehlerträchtigsten waren die Ausgabenbereiche Regionalpolitik, Verkehr und Energie mit einer Fehlerquote von 6,9 Prozent und Entwicklung des ländlichen Raums, Umwelt, Fischerei und Gesundheit mit einer Fehlerquote von 6,7 Prozent. Zudem war die Fehlerquote in den Bereichen hoch, in denen sich die Kommission und die Mitgliedsstaaten die Verwaltung der Mittel teilten.

Mehr Kontrolle bei Agrargeldern nötig

EU-Rechnungshof-Präsident Vitor Caldeira forderte die neue EU-Kommission daher auf, die Verwendung der Ausgaben gerade für die EU-Agrarpolitik und die Regionalförderung in Zusammenarbeit mit den Mitgliedsstaaten stärker zu kontrollieren. „Die Europäische Kommission und die Mitgliedsstaaten müssen verstärkt darauf achten, wie sie die Gelder der Steuerzahler ausgeben“, so Caldeira.

Vor allem in Bereich Landwirtschaft kritisierte der Rechnungshof, dass einige als förderwürdig deklarierte Grünlandflächen in Wirklichkeit vollständig oder teilweise mit dichtem Gebüsch oder Bäumen bewachsen waren. Das betraf Fälle in Deutschland, Irland, Griechenland, Frankreich, Polen und Rumänien. „Für diese nicht beihilfefähigen Flächen hätten keine EU‑Beihilfen gezahlt werden dürfen“, heißt es in dem Bericht.

Erst im Juli hatte die EU-Kommission von 15 Mitgliedsländern insgesamt 57 Millionen Euro an Agrargeldern zurückgefordert, die nicht ordnungsgemäß verwendet wurden. Österreich war nicht darunter. Grund waren Mängel bei Kontrollverfahren oder nicht eingehaltene Agrarvorschriften. Den größten Brocken, 20,04 Mio. Euro, musste Frankreich zurückzahlen.

Wenn Bio gar nicht Bio ist

Als weiteres Beispiel nennt der Bericht einen Betrieb in Sardinien, der für den Verzicht auf den Einsatz umweltschädlicher Pflanzenschutzmittel beim Anbau von Artischocken eine Ausgleichszahlung erhielt. Bei seiner Kontrolle an Ort und Stelle stellte der Rechnungshof fest, dass der Begünstigte solche Pflanzenschutzmittel während des geprüften Zeitraums zwölfmal eingesetzt hatte. Ähnliche Fälle der Nichterfüllung wurden auch in der Region Piemont (Italien) sowie in Ungarn, den Niederlanden, Polen und Rumänien aufgedeckt.

In anderen Bereichen lag es zumeist an mangelhaften Ausschreibungen. So wurden Aufträge für zusätzliche Bauarbeiten an einem Passagierterminal eines Flughafens in Deutschland „freihändig
an den ursprünglichen Auftragnehmer vergeben“, wie der Rechnungshof kritisierte. Das entsprach jedoch nicht den Kriterien, und die Arbeiten hätten ausgeschrieben werden müssen. Auch in Lettland wurde die Anschaffung eines IT-Systems für zwei Mio. Euro nicht rechtmäßig öffentlich ausgeschrieben.

Rechnungshof fordert mehr Anreize

Caldeira kritisierte auch die Praxis, dass bereitgestellte EU-Gelder bis zu einem bestimmten Zeitpunkt ausgegeben werden müssen und sonst verfallen. Die zuständigen Stellen in den Mitgliedsstaaten und auf EU-Ebene seien damit einem „erheblichen Druck ausgesetzt“, die Ausgaben auch zu tätigen. „Wir brauchen Anreize, um die Leistung zu verbessern und eine optimale Mittelverwendung sicherzustellen.“

Der EU-Rechnungshof prüft stichprobenartig Ausgaben der EU und gibt dann eine Schätzung ab, welcher Anteil der Gesamtzahlungen nicht den Regeln entsprach. In den Bericht wird aber auch betont, dass die betroffenen EU-Mittel teilweise auch positive Auswirkungen hatten, obwohl die an ihre Verwendung geknüpften Bedingungen nicht vollständig eingehalten worden seien.

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