Angespannte Lage
Der französische Innenminister Bernard Cazeneuve wünscht sich von Großbritannien mehr Unterstützung bei der Bekämpfung illegaler Einwanderung. Die Hafenstadt Calais ist mit zahlreichen Flüchtlingen konfrontiert, die über den Ärmelkanal nach Großbritannien reisen wollen. Derzeit campieren örtlichen Behörden zufolge etwa 2.500 Menschen in behelfsmäßigen Unterkünften in und um die Stadt.
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Die meisten von ihnen stammen aus dem Sudan, aus Syrien, Äthiopien und Eritrea. London solle Polizisten nach Calais schicken, um die „gewaltigen Probleme“ mit illegaler Einwanderung lösen zu können, forderte Cazeneuve laut einem BBC-Bericht. Sie sollten dabei helfen, die Migranten zu überzeugen, dass es „unmöglich“ sei, den Ärmelkanal zu überqueren.
Krisenherde lassen Flüchtlingszahl steigen
Die Zahl der Flüchtlinge, die über Frankreich nach Großbritannien gelangen wollen, ist in den vergangenen Monaten stark gestiegen. Die humanitären Krisen im Norden und Osten Afrikas sowie im Nahen Osten haben die Zahl der Flüchtlinge in der 75.000-Einwohner-Stadt demnach um die Hälfte auf 2.500 wachsen lassen.

APA/EPA/Etienne Laurent
Katastrophale humanitäre Bedingungen in den Zeltlagern
Viele von ihnen campieren rund um den Hafen und etwas außerhalb der Stadt in unwürdigen Bedingungen in selbst gebauten Hütten und Zelten. Von dort aus versuchen sie heimlich auf Lastwagen zu gelangen, die in den abgesicherten Hafen fahren, um von dort mit Schiffen oder Zügen durch den Eurotunnel nach Großbritannien zu kommen. Seit Anfang des Jahres wurden bereits mehr als 7.500 Menschen beim Versuch festgenommen, illegal den Kanal zu überqueren.
Minister verspricht neues Flüchtlingszentrum
In Calais regt sich auch der Unmut der Bevölkerung zusehends. Die Polizei ist im Hafengebiet im Dauereinsatz - und muss seit neuestem auch immer wieder in der Stadt selbst eingreifen. In den vergangenen Wochen kam es rund um die improvisierten Lager und in der Stadt mehrfach zu Zusammenstößen zwischen Flüchtlingen. Die Beamten setzten Tränengas ein. Als Folge der Auseinandersetzungen kündigte Cazeneuve am Montag die Errichtung eines Aufnahmezentrums in der Stadt an.

Reuters/Pascal Rossignol
Tausende wurden beim Versuch verhaftet, illegal in den Hafen zu gelangen
Calais hatte schon einmal ein Flüchtlingslager - in Sangatte etwas außerhalb der Stadt. Das umstrittene Lager wurde 2002 geschlossen, auf Anordnung des damaligen Innenministers und späteren Staatschefs Nicolas Sarkozy. Es hatte seit seiner Errichtung 1999 insgesamt 68.000 Flüchtlinge aufgenommen. Seither entstanden illegale Siedlungen rund um Calais.
Derzeit 450 Polizisten
Es habe intensive Verhandlungen zwischen den beiden Ländern gegeben, so Cazeneuve zur BBC. Er habe sich mehrfach mit seiner britischen Kollegin Theresa May getroffen. „Wir sind beide in dieses Problem involviert und wir müssen gemeinsame Lösungen finden, um wirksam zu sein.“ Er habe sich mit May darauf verständigt, dass mehr Zusammenarbeit der beiden Länder nötig sei, auch bei der Polizeiarbeit. Frankreich verstärkte seine Polizeipräsenz in Calais bereits im Vormonat um 100 Mann auf 450.

AP/Christophe Ena
Bei der täglichen Essensausgabe herrscht großer Andrang
Britische Polizisten in Calais gibt es bisher nicht. Völlig neu ist der Ansatz dennoch nicht - nach der Schließung des Lagers in Sangatte hatten sich Paris und London darauf geeinigt, dass britische Beamte bereits auf dem Pariser Bahnhof Gare du Nord Passagiere kontrollieren dürfen.
London will 15 Mio. Euro zahlen
Großbritannien unterstützt Frankreich auch finanziell: Ende September sagte London zu, in den kommenden drei Jahren 15 Millionen Euro bereitzustellen. Die Finanzmittel aus Großbritannien sollen nun dazu dienen, einen großen Lastwagenparkplatz abzuschirmen und mehrere Meter hohe Zäune zu errichten.
Die Bürgermeisterin von Calais, Natacha Bouchart, hatte kürzlich damit gedroht, den Hafen zu schließen, wenn von der britischen Seite nicht eine „starke Geste“ komme. Sie bezeichnete das britische Sozialsystem als „Magnet“ für Einwanderer. Die britische Regierung habe es versäumt klarzumachen, dass das Land kein „El Dorado“ sei, so Bouchart kürzlich gegenüber britischen Parlamentariern.
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