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Ausmaß des Schadens noch unklar

Nach der Explosion der Rakete, die den unbemannten Versorgungsfrachter „Cygnus“ zur Internationalen Raumstation (ISS) bringen sollte, klammert sich die NASA an Positives: Menschen seien nicht zu Schaden gekommen, so die US-Raumfahrtbehörde. Auch die ISS-Crew sei durch den Ausfall nicht bedroht. Abgesehen davon ist der Schaden, der weit über den konkreten Fall hinausgeht, aber gewaltig.

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Die private amerikanische „Antares“-Rakete mit dem Frachter „Cygnus“ hatte am Dienstagabend pünktlich um 18.22 Ortszeit (23.22 MEZ) vom Weltraumbahnhof Wallops (US-Bundesstaat Virginia) abgehoben. Sechs Sekunden später stürzte sie in einem riesigen Feuerball auf die Erde. Flammen umhüllten die Startplattform, brennende Trümmer flogen in alle Richtungen. Es war das erste Unglück, seit die NASA Raumflüge aus Kostengründen an Privatfirmen ausgelagert hat.

„Viel zu früh“ für Wissen um Ursache

Die Ursache der Explosion war nach Angaben der NASA zunächst unklar. Offensichtlich seien die Treibstofftanks der Rakete explodiert. „Es ist noch viel zu früh, um genau zu wissen, was passiert ist“, sagte der Ex-Astronaut Frank Culbertson, der jetzt Vizepräsident der privaten Firma Orbital Sciences ist. Der von Orbital Sciences entwickelte Frachter „Cygnus“ sollte rund 2,3 Tonnen Lebensmittel, Vorräte und wissenschaftliches Material zur ISS bringen. Die Aktien der Firma sind seit dem Unglück im freien Fall.

Cygnus-Raumfrachter explodiert beim Start

APA/EPA/NASA/Joel Kowsky

Die Explosion um 18.22 Uhr Ortszeit

Seit 2013 gab es drei erfolgreiche Flüge mit privaten Raumfrachtern, zwei davon durch Orbital Sciences durchgeführt. Die NASA hatte 2011 ihr Shuttle-Programm nach rund 30 Jahren beendet. Seitdem sind US-Astronauten auf „Mitfahrgelegenheiten“ russischer Raumkapseln angewiesen. Zur Versorgung der Astronauten und zur Lieferung von Ausrüstung setzten die USA seitdem auf Private. Im Rahmen des knapp zwei Milliarden Dollar schweren Vertrags sollte es bis 2016 mindestens sieben weitere „Cygnus“-Missionen geben.

Millionen in Feuer aufgegangen

Nach den Worten Culbertsons war bei dem Unglück nach einer ersten Explosion der Befehl zur völligen Zerstörung des Fluggeräts gegeben worden. Mit einer solchen Maßnahme soll etwa verhindert werden, dass Raketenteile auf bewohntes Gebiet einschlagen. Die Rakete und der Transporter, die zusammen umgerechnet mehr als 157 Millionen Euro kosteten, seien verloren, sagte Culbertson. Ob auch die Startrampe und andere Einrichtungen zerstört wurden, war zunächst unklar. Doch auch der immaterielle Schaden ist enorm.

Das Unglück zwang die NASA etwa zur Preisgabe des Details, dass der Transport zwar „nicht militärischer“ Natur gewesen sei, dennoch aber „unter Geheimhaltung stehende kryptografische Ausrüstung“ an Bord gehabt habe, weshalb die Absperrungen rund um die Absturzstelle weiterhin aufrecht waren. Außerdem steht durch den Unfall, der an die Anfangstage der Raumfahrt mit ihren Trial-and-Error-Starts von oft genug explodierten Raketen erinnerte, die NASA-Entscheidung zur Auslagerung an Private zur Debatte.

ISS-Mannschaft „nicht in Gefahr“

Demonstrativ kämpferisch gab sich der NASA-Verantwortliche für bemannte Raumfahrt, William Gerstenmaier: „Wir werden herausfinden, was schiefgegangen ist, wir werden es beheben und wir werden wieder fliegen.“ Freilich sei man „sehr enttäuscht“. Das Unglück zeige, „dass Raumfahrt ein harter Job ist“, der nicht ohne Gefahren sei. Die ISS-Mannschaft habe die Fracht an Bord der „Cygnus“ aber nicht dringend gebraucht und sei „nicht in Gefahr“.

Derzeit arbeiten drei Russen, zwei US-Amerikaner und ein Deutscher auf dem Außenposten der Menschheit in rund 400 Kilometer Höhe. Und nur wenige Stunden nach dem Unglück in den USA hob planmäßig ein russischer Transporter mit Nachschub für die ISS ins All ab. Die Sojus-Trägerrakete mit mehr als 2,5 Tonnen Nahrungsmitteln, Treibstoff und privater Post hob ohne Probleme gegen 8.10 Uhr (MEZ) vom Weltraumbahnhof Baikonur in Kasachstan ab.

Russland bietet „zufriedenstellende Erledigung“ an

Die russische Raumfahrtbehörde Roskosmos streute zudem Salz in die Wunden der NASA, indem sie anbot, auszuhelfen: „Wenn wir ein Ansuchen bekommen, mit unserem Frachter dringende US-Fracht an die ISS zu liefern, werden wir das zufriedenstellend erledigen“, zitierte die russische Nachrichtenagentur RIA den Roskosmos-Vertreter Alexej Krasnov. Vorerst habe man jedoch kein solches Ansuchen bekommen. Im Dezember ist ein Versorgungsflug des privaten US-Transporters „Dragon“ angesetzt.

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