Konvoi mit Kämpfern und Militärgerät
Eine erste Gruppe kurdischer Peschmerga-Kämpfer ist Mittwochfrüh auf dem Weg in das von der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) belagerte syrische Kobane (arabisch: Ain al-Arab) in der Türkei angekommen. Wie der arabische Nachrichtensender al-Jazeera und die türkische Nachrichtenagentur Anadolu berichteten, landete die Maschine aus dem Nordirak auf dem Flughafen im südtürkischen Sanliurfa.
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Laut al-Jazeera waren rund 80 Peschmerga-Kämpfer an Bord. Ein Konvoi aus Jeeps und schweren Lastwagen mit Waffen und Munition sei an der Grenze zur Türkei eingetroffen, berichtete al-Jazeera in der Früh. Hierzu gehörten 70 Peschmerga-Kämpfer. Auf Fernsehbildern war zu sehen, dass die Peschmerga auch Artilleriegeschütze Richtung Kobane transportierten. Sie hätten jedoch keine Waffen dabei, die von westlichen Staaten geliefert worden seien, habe Halgort Hekmat, Sprecher der kurdischen Regionalregierung im Nordirak, gesagt, so al-Jazeera weiter.

Reuters
Der Peschmerga-Konvoi passiert vom Irak aus kommend die türkische Grenze
Verteidiger unter Druck
Der Militärkonvoi war vom nordirakischen Erbil aus aufgebrochen. Insgesamt 150 Peschmerga sollen die kurdischen Verteidiger im heftig umkämpften Kobane unterstützen. Die Peschmerga sollten Kobane im Laufe des Mittwochs erreichen. Es wird ein Massaker an den Kurden in Kobane befürchtet, sollte IS die Stadt einnehmen. Die IS-Extremisten versuchen seit Wochen, die überwiegend von Kurden bewohnte Stadt einzunehmen.

AP/Bram Janssen
Die Erwartungen an die kurdischen Kämpfer sind groß
Die Kämpfe gingen auch am Dienstag und Mittwoch weiter. Die USA und ihre Verbündeten flogen weitere Luftangriffe gegen die Extremisten. Nahe Kobane seien vier Stellungen sowie eine Einheit des IS zerstört worden, teilte das Zentralkommando in Tampa (Florida) mit.
Zähe Verhandlungen mit Türkei
Angesichts dieser Drohung hatten die USA Druck auf die Türkei ausgeübt, die Peschmerga-Kämpfer nach Kobane zu lassen. Die Türkei hatte in der vergangenen Woche die Erlaubnis gegeben, die Peschmerga über ihr Staatsterritorium nach Kobane zu bringen. Nach Angaben des kurdischen Portals Rudaw gab es aber in den vergangenen Tagen Verhandlungen mit der Türkei, über welches Gebiet die Kämpfer verlegt werden. Die kurdische Regionalregierung im Irak hatte erklärt, die Peschmerga sollten in Kobane nicht an vorderster Front kämpfen, sondern vor allem Artillerieunterstützung leisten.
Entgegengesetzte Ziele
Die Regierung in Ankara tut sich mit jeder Hilfe für die Kurden in Kobane schwer, weil die dortigen Volksschutzeinheiten mit der kurdischen Arbeiterpartei PKK verbunden sind. Diese ist in der Türkei als Terrororganisation verboten. Die Türkei, die sich seit Jahrzehnten mit einem Unabhängigkeitskampf der Kurden im Südosten des eigenen Landes konfrontiert sieht, versucht, eine Stärkung der Volksgruppe in den Nachbarländern Irak und Syrien zu vermeiden. Für die USA hingen ist die Stärkung der Kurden ein wichtiger Teil ihrer Strategie gegen den IS. Sie setzt auf regionale Kämpfer am Boden und unterstützt diese mit Luftangriffen.
Der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu hatte unterdessen den Vorwurf zurückgewiesen, sein Land unternehme nicht genug zum Schutz Kobanes. „Ich bin wirklich überrascht und schockiert, wenn einige internationale Medien die Türkei beschuldigen oder von der Türkei erwarten, etwas zu tun“, sagte er dem britischen Sender BBC. Man könne von der Türkei nicht fordern, im Alleingang Bodentruppen nach Syrien zu schicken.
Auch Freie Syrische Armee schickt Kämpfer
Die Verteidiger von Kobane erhalten auch Unterstützung von anderen syrischen Rebellen. Rund 50 bis 70 bewaffnete Kämpfer der gemäßigten Freien Syrischen Armee (FSA) seien in der Stadt eingetroffen, sagte Kurden-Sprecher Idriss Nassan am Mittwoch der Nachrichtenagentur dpa.
Laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte gelangten sie über türkisches Gebiet in die Stadt. Die Beobachtungsstelle bestätigte das im Grundsatz, sprach aber von 50 FSA-Angehörigen. Sie stützt sich auf ein Netzwerk von Informanten in Syrien. Ihre Angaben sind kaum unabhängig überprüfbar. Laut der prokurdischen Nachrichtenagentur Firat überquerten die Kämpfer die Grenze bei Mürsitpinar in acht Fahrzeugen.
Angespanntes Verhältnis zu Kurden
Die FSA ist mit dem syrischen Oppositionsbündnis Nationale Syrische Koalition verbunden, das vom Westen und der Türkei unterstützt wird. Die Beziehungen zwischen der FSA und den kurdischen Volksschutzeinheiten waren in der Vergangenheit angespannt. Regierungsgegner hatten den syrischen Kurden vorgeworfen, mit dem Regime zu kooperieren. Im IS haben sie jedoch einen gemeinsamen Feind. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte in der vergangenen Woche mitgeteilt, rund 1.300 FSA-Kämpfer sollten den Verteidigern von Kobane Hilfe leisten.
IS wollte Kobane von Türkei abschneiden
Kobane wurde zu einem Symbol im Kampf gegen den IS, der weite Teile Syriens und des Iraks unter seine Kontrolle gebracht hat und dort Gräueltaten an der Zivilbevölkerung begeht. Die IS-Extremisten kontrollieren bereits Hunderte Dörfer im Umland von Kobane. Zuletzt versuchten sie, die Verbindung zwischen der Stadt und der Türkei abzuschneiden. Dann könnten weder die Kämpfer aus dem Nordirak noch sonstiger Nachschub Kobane erreichen.
In Syrien herrschte zudem bereits zuvor Bürgerkrieg, der sich seit März 2011 aus anfangs friedlichen Protesten gegen Staatschef Baschar al-Assad entwickelte. Gegen Assad kämpft unter anderem die FSA.
IS bringt Teil von Öl- und Gasfeld unter Kontrolle
Bei einem Angriff von IS-Kämpfern auf ein Öl- und Gasfeld im Westen Syriens sind nach Angaben von Aktivisten mindestens 30 regierungstreue Wachleute und Milizionäre getötet worden. Dem IS sei es gelungen, „einen Teil des Feldes unter Kontrolle zu bringen“, teilte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Mittwoch mit. Demnach ereignete sich die Attacke am Vortag in Schaer in der Provinz Homs. Bei den Kämpfen am Dienstag habe der IS drei Bohrlöcher unter seine Kontrolle gebracht. Die Gefechte hielten demnach die Nacht über an. Um das Öl- und Gasfeld hatte es bereits zuvor Kämpfe gegeben
Bereits im Juli hatten IS-Kämpfer das Gasfeld Schaer überfallen und dabei nach Oppositionsangaben 350 Soldaten und Wachleute getötet. Syrische Regierungstruppen eroberten die Anlagen einige Tage später zurück. Der IS kontrolliert in Syrien bereits mehrere Öl- und Gasfelder. Aus dem Verkauf der Rohstoffe finanzieren sich die Extremisten größtenteils.
Dutzende Hinrichtungen im Irak
IS richtete in der westirakischen Provinz Anbar mindestens 46 Menschen hin. Die Angehörigen des Stammes Albu Nimr seien nahe der Stadt Hit getötet worden, teilten ein örtlicher Behördenvertreter und ein Arzt am Mittwoch mit. Die Gegend nordwestlich der Provinzhauptstadt Ramadi war in der vergangenen Woche von den Dschihadisten erobert worden. Kämpfer des sunnitischen Stammes Albu Nimr hatten sich gegen die Extremisten zur Wehr gesetzt.
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