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Syriens Nachbarländer erhöhen den Druck

Die Hilfe für die vom Bürgerkrieg in Syrien schwer gezeichneten Nachbarländer wird aufgestockt. Darauf einigten sich die Teilnehmerländer einer Flüchtlingskonferenz in Berlin. Vor allem der Libanon drängte auf finanzielle Unterstützung. Andernfalls werde man mit der Rückführung der 1,2 Mio. Flüchtlinge beginnen, sagte der libanesische Außenminister Gebran Bassil am Dienstag.

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Die Integration der rund 1,2 Millionen Syrer im Libanon sei nicht möglich und eine Umverteilung auf andere Länder angesichts der Menge der Flüchtlinge nicht realistisch, so Bassil. Daher könne nur die Rückkehr der Menschen nach Syrien das Problem lösen.

Auch der jordanische Außenminister Nasser Dschudeh machte deutlich, dass die Flüchtlinge nicht auf Dauer bleiben könnten. Leider gebe es keine politische Unterstützung dafür, die Flüchtlinge in sichere Gebiete in Syrien zurückzuschicken, sagte Bassil. „Das ist die einzige mögliche Lösung, um zu verhindern, dass die Krise von Syrien auf die Nachbarstaaten übertragen wird.“ Die Rückführung sei auch schon vor einer politischen Lösung in Syrien möglich.

Libanon fordert Unterstützung ein

Die libanesische Regierung erwarte finanzielle Hilfe, aber vor allem politisches Verständnis für ihre Reaktion auf die Krise, sagte Bassil zum Abschluss der Konferenz im Auswärtigen Amt. Sein Land habe den höchsten Anteil an Flüchtlingen in der Geschichte und sei mit Abstand der größte Geber in der aktuellen Krise. Er betonte, der Libanon sei nicht Mitglied der Genfer Flüchtlingskonvention und daher nicht an sie gebunden. Sein Land behalte sich vor, auf geeignete Weise auf die Krise zu reagieren.

Im Anschluss wurde eine gemeinsame „Berliner Erklärung“ unterzeichnet. Darin erklären sich die Geberländer bereit, syrischen Nachbarstaaten wie dem Libanon und Jordanien langfristig finanzielle Hilfen zu gewähren. Auch die Hilfsmaßnahmen für die Binnenvertriebenen in Syrien sollen ausgeweitet werden. Konkrete Zusagen machten aber nur Deutschland und die USA.

Deutschland sagt 500 Millionen Euro zu

Die deutsche Regierung sagte zusätzliche Hilfsmittel von mindestens 500 Millionen Euro in den kommenden drei Jahren zu. Die Mittel würden aus den Budgets des Auswärtigen Amts und des Entwicklungsministeriums zur Unterstützung der Aufnahmeländer in der Region bereitgestellt, erklärte der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). Dieser Planungshorizont zeige bereits, dass nicht mit einem raschen Ende der Flüchtlingskrise gerechnet werde, sagte Steinmeier.

Auch die USA wollen die syrischen Flüchtlinge mit humanitärer Hilfe in Höhe von zusätzlich zehn Millionen Dollar (7,8 Mio. Euro) unterstützen. Damit solle Gemeinden in Ländern der Region, die Flüchtlinge aus Syrien aufgenommen haben, geholfen werden, teilte das Außenministerium in Washington mit. Das Geld werde in den Bau oder die Verbesserung von Kliniken, Schulen sowie der Trink- und Abwassersysteme fließen.

Dramatische Schilderungen der Lage

„Libanon hat die Grenze seiner Aufnahmefähigkeit erreicht“, hatte der libanesische Ministerpräsident Tammam Salam schon zum Auftakt der Flüchtlingskonferenz mit Vertretern aus mehr als 35 Staaten betont. Ähnlich äußerten sich Vertreter Jordaniens, der Türkei, des Irak und Ägyptens. In drastischen Worten schilderten Vertreter der Nachbarstaaten Syriens, dass ihre Schulen und Hospitäler dem Ansturm der Flüchtlinge nicht länger gewachsen seien. Die große Mehrheit der Flüchtlinge habe in Dörfern und Städten Unterschlupf gefunden, nicht in Lagern. Dort aber könnten Schulen und Krankenhäuser die Lage kaum noch meistern.

Türkei will gerechte Lastenverteilung

Die Türkei warf der Staatengemeinschaft vor, die betroffenen Länder mit den finanziellen Lasten der Krise allein zu lassen. Die Türkei habe über vier Milliarden Dollar zur Versorgung der Flüchtlinge ausgegeben. Dazu hätten die übrigen Länder nur einen Bruchteil beigesteuert, lediglich 250 Millionen Dollar, kritisierte der stellvertretende Außenminister Naci Koru. Dabei habe sein Land binnen weniger Wochen mehr Flüchtlinge aufgenommen als die ganze Europäische Union (EU) zusammen. Eine gerechtere Lastenteilung sei dringend nötig. Auch Steinmeier mahnte, dass alle EU-Staaten einen Beitrag leisten müssten.

Das UNO-Flüchtlingshilfswerk UNHCR hat bereits mehrfach zu verstärkter Hilfe für die Staaten des Nahen Ostens aufgerufen, die seit Beginn des syrischen Bürgerkriegs vor dreieinhalb Jahren über drei Millionen Menschen aufgenommen haben. Weitere 6,5 Millionen Menschen sind nach UNO-Angaben innerhalb Syriens auf der Flucht. Damit sei fast die Hälfte aller Syrer betroffen. Die meisten Menschen hätten im Libanon (1,14 Millionen), in der Türkei (815.000) und in Jordanien (608.000) Zuflucht gefunden.

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