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Bedenken auch im Bundeskanzleramt

Die Finanz soll Zugriff auf heikle Daten der Exekutive bekommen. Einen entsprechenden Gesetzesentwurf schickte Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) weitgehend unbeachtet von der Öffentlichkeit in Begutachtung. Die Frist für Stellungnahmen endete am Montag - und brachte unter anderem Verfassungsbedenken des Kanzleramts, von Datenschützern und der Rechtsanwälte zutage.

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Die geplante Änderung des Finanzstrafgesetzes ist in das „2. Abgabenänderungsgesetz 2014“ verpackt, dessen Begutachtung am Montag zu Ende ging. Demnach wollen die Finanzbehörden künftig von Telekomfirmen IP-Adressen, Namen und Anschrift ihrer Kunden erfragen, Auskünfte von Post- und Paketdiensten einholen sowie automatisch in das Polizeiinformationssystem EKIS Einblick nehmen dürfen. Außerdem sollen die Finanzbehörden berechtigt werden, Fingerabdrücke zu nehmen.

Alte Wünsche in neuem Gewand

Für politisches Echo sorgten die Pläne bisher nicht. Der Verfassungsdienst im Kanzleramt kritisierte aber die Begehrlichkeiten der Finanz als überschießend und warnte vor Problemen mit dem Verfassungsgerichtshof (VfGH). Der hatte schon 2013 eine ähnliche Bestimmung aufgehoben. Gekippt wurde damals die in der Strafprozessordnung verankerte Möglichkeit, personenbezogene Daten, die in Strafverfahren ermittelt wurden, in jedem anderen gerichtlichen oder verwaltungsbehördlichen Verfahren zu verwenden.

Der VfGH gab dem Nationalrat damals eine Frist zur verfassungskonformen Reparatur des Gesetzes bis 31. Oktober 2014. Mit dem nummehr vorgelegten Entwurf für die Novelle nimmt das Finanzministerium einen neuen Anlauf, um an derartige Daten zu kommen, allerdings auf einem neuen Weg. Der VfGH wies die Regelung damals wegen Bedenken hinsichtlich der Gewaltentrennung zwischen Exekutive und Judikative zurück. Nun wären es wohl sogar mehr Daten, sie blieben aber „in der Familie“ der Verwaltungsbehörden.

Heikler Zugriff auf interne Informationen der Polizei

Was den Zugriff auf EKIS angeht, fordert der Verfassungsdienst eine Einschränkung auf die Verfolgung gerichtlich strafbarer Delikte. Bei einem bloßen Verwaltungsstrafverfahren wäre der Zugriff auf das Polizeisystem nämlich unzulässig. Auch bei einem begrenzten Zugriff müsste (durch entsprechende Protokollierung) sichergestellt werden, dass die Finanz das Polizeisystem „nur bei Bedarf im Einzelfall und im für die konkret wahrzunehmende Aufgabe erforderlichen Ausmaß“ nutzt.

Die Datenschutzgruppe AK Vorrat, die bereits die Vorratsdatenspeicherung in ihrer ursprünglich geplanten Form vor dem VfGH erfolgreich bekämpft hatte, kritisierte, dass die Finanz mit dem nunmehrigen Gesetzesentwurf die vom VfGH erzeugte „Lücke“ wieder schließen möchte. In der Novelle werde aber „nicht einmal im Ansatz“ auf „jene Auflagen Bezug genommen“, die die Höchstrichter damals in ihrer Begründung der Gesetzesaufhebung formuliert hatten.

„Exzessive Ausweitung“ der Befugnisse

Auch die Datenschutzbehörde kritisierte den geplanten uneingeschränkten Zugriff der Finanz auf die Polizeidaten über das bisher ausschließlich intern genützte EKIS-Computernetz als unverhältnismäßigen und daher verfassungswidrigen Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz. Abgelehnt wurden die Wünsche der Finanz auch von der Rechtsanwaltskammer, die eine „exzessive Ausweitung der Ermittlungsbefugnisse der Finanzbehörden“ sieht.

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