Themenüberblick

Mehr als eine Frucht

Die Banane ist eine der ältesten Kulturpflanzen der Erde. Ihren Ursprung hat sie in Südostasien, schon 600 vor Christus wird sie in buddhistischen und indischen Schriften erwähnt. Doch bis sie in die „Neue Welt“ und nach Europa kam, sollten noch 2.500 Jahre vergehen.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Doch dann erreichte die Banane, die botanisch gesehen eine Beere ist, eine Symbolkraft, die sie zu weit mehr als einer bloßen Frucht wie jede andere machte.

Siegeszug aus Südostasien

Zunächst von Händlern nach Nordafrika importiert, verbreitete sie sich in Afrika und wurde von den Portugiesen und später den Spaniern in neue Gegenden gebracht. Auf den Kanaren gab es bereits 1400 die ersten Plantagen. Über die Karibik, wo sie rasch in großem Stil kultiviert wurde, erreichte sie schließlich auch den nordamerikanischen Kontinent.

Als in Philadelphia 1876 ein Jahrhundert amerikanische Unabhängigkeit gefeiert wurde, wurden die ersten Bananen den Besuchern präsentiert - einzeln in Silberfolie gepackt und zu einem horrenden Preis. Doch in den USA klappte die Verbreitung rasch: Mit der entsprechenden Infrastruktur von Schiffsflotten und Eisenbahnen konnte die rasch verderbende Frucht rechtzeitig zu den Kunden kommen, die nun auch über genügend Kaufkraft verfügten. Gleichzeitig bauten die großen Unternehmen ihre Plantagen in Lateinamerika aus - für Nachschub war gesorgt.

Exotisch und anrüchig

Die Banane - oder eigentlich ihre leere Schale - eroberte auch den Stummfilm: Das Ausrutschen auf einer weggeworfenen Bananenschale wurde zum Inbegriff für Slapstick. Derart alltäglich war die Banane zu dieser Zeit in Europa noch nicht: Durch die weiteren Transportwege etablierte sie sich erst in den 20er Jahren und hatte zunächst den Hauch des Exotischen wie des Anrüchigen.

„Ausgerechnet Bananen“ mit leicht anzüglichem Text wurde zum Schlager, die Schwarze Josephine Baker avancierte zum Revuestar - mit Auftritten in Paris und Hamburg, bei denen sie nur mit einem Bananenröckchen bekleidet war. Die erotische Symbolkraft ist dabei nichts Neues: Nach einer uralten Sage aus dem heutigen Sri Lanka soll die Schlange Eva im Paradies mit einer Banane verführt haben.

Symbol für Wohlstand

Ganz geheuer war den Europäern die Banane aber zunächst noch nicht: Und so musste die Werbung, quasi als eine Betriebsanleitung, auch das Schälen der Frucht zeigen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Banane zum Symbol für Konsum, Wohlstand und die freie westliche Welt. So soll der deutsche Kanzler Konrad Adenauer 1957 gedroht haben, die EWG-Gründungsverträge nicht zu unterzeichnen, falls den Deutschen nicht weiterhin zollfreie Bananenimporte garantiert würden. Adenauer setzte sich durch, Bananen waren damit in Deutschland billiger als in anderen europäischen Ländern.

Run auf die gelbe Frucht

Mit der deutschen Wiedervereinigung wurde die Banane noch stärker das Symbol des Westens, gab es sie doch im Ostblock und damit in der DDR kaum. In den von Ostdeutschen gestürmten Supermärkten war ein Produkt als Erstes ausverkauft: die Banane. Als der spätere SPD-Innenminister Otto Schily 1990 gefragt wurde, weshalb die CDU und nicht die SPD die Wahl im Osten gewonnen habe, zog er als Antwort eine Banane aus seiner Jackentasche.

Das Satiremagazin „Titanic“ widmete der ostdeutschen Bananeneuphorie prompt ein mittlerweile legendäres Titelbild: Eine strahlende junge Frau mit „DDR-Frisur“ hält darauf eine geschälte Gurke in der Hand. Die Schlagzeile: „Zonen-Gaby im Glück - meine erste Banane“.

Andy Warhol und das Banale

Die wohl bekannteste Banane in der Kunst stammt von Andy Warhol. Sie ziert auch das Cover des 1967 veröffentlichten Albums von The Velvet Underground & Nico. Warhol war nicht der einzige Künstler, der sich der Banane widmete. Paul Gauguin setzte ihr mit „Die Mahlzeit (Stilleben mit Bananen)“ ein Denkmal. „Im Lexikon steht die Banane zwischen banal und Banause“, heißt es im Konzept des deutschen „Bananensprayers“ Thomas Baumgärtel.

Nicht mehr außergewöhnlich?

Dass die Banane normal und langweilig geworden ist, stört vor allem die großen Obstkonzerne. In Deutschland haben sich schon vor einiger Zeit Chiquita, Dole, Del Monte und Fyffes zur Gründung der Informationsgemeinschaft Bananen zusammengeschlossen, um nur eines zu promoten: alles Banane.

Doch es ist keineswegs sicher, dass sie auch so alltäglich bleibt: Die Pilzerkrankung Panama ist derzeit auf dem Vormarsch, und die einzige handelsübliche Sorte Cavendish ist dem Pilz aufgrund ihrer genetischen Gleichförmigkeit ausgeliefert.

Die Suche nach der neuen Banane

Gegen die Panama-Krankheit hat die Bananenindustrie schon einmal verloren: In den 50er und frühen 60er Jahren musste die gesamte Bananenproduktion von der Sorte Gros Michel auf Cavendish umgestellt werden - ein teures Unterfangen, das die großen Unternehmen der Branche an den Rand des Bankrotts brachte.

Mit Hochdruck arbeiten Genetiker an einer neuen, immunen Bananenart. Durch Zufall kann sie nicht entstehen: Die Essbanane hat sich seit Jahrhunderten ausschließlich ungeschlechtlich vermehrt - wurde also gleichsam fortwährend „geklont“. Doch bisher fehlt von einer Ersatzsorte jede Spur - zumindest von einer solchen, die die Geschmäcker der Kunden nicht verwirrt. Denn mit Goldfinger gibt es zwar eine neue Sorte, die hat aber einen Schönheitsfehler: Sie schmeckt eher nach Apfel.