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„Velazquez, endlich“

„Die anderen Maler scheinen gänzlich wie Fälscher. Er ist der Maler der Maler“, hat Eduard Manet über den spanischen Barockkünstler Diego Rodriguez de Silva y Velazquez gesagt. Das Kunsthistorische Museum (KHM) widmet dem Maler nun eine große Schau - die erste im deutschsprachigen Raum - und spart im Vorfeld der Eröffnung nicht mit Superlativen.

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Für Generaldirektorin Sabine Haag ist es „ein Höhepunkt der Ausstellungsgeschichte des Museums“. Die Ausstellung bildet den Abschluss der spanischen Ausstellungstrilogie, die 2001 mit El Greco begonnen und 2005 mit Goya fortgesetzt wurde - und ist zugleich deren Höhepunkt. Es sei „eine Ausstellung, die in dieser Qualität und Zusammenstellung wahrscheinlich in unserer Generation nicht mehr zu sehen sein wird,“ erklärte Haag bei der Pressekonferenz und verwies auf die insgesamt 46 Gemälde - rund 35 davon von Velazquez selbst -, die in sechs Räumen des Museums präsentiert werden.

Velazquez-Ausstellung im KHM

APA/EPA/Herbert Neubauer

Leihgabenaustausch mit Madrider Prado

So viele Werke zusammenzutragen sei nur möglich gewesen, weil das KHM nicht nur über hervorragende freundschaftliche und kollegiale Kontakte zum Prado verfüge, wo im Vorjahr auch einige Leihgaben aus Wien gezeigt wurden, sondern das Museum auch „selbst einen substanziellen Bestand dieses spanischen Großmeisters hat“, sagte Haag. Dieser umfasst zwar nicht mehr 14 Gemälde wie einst, und von dem Dutzend verbliebener Werke schreibt die strenge kunstgeschichtliche Forschung derzeit die Hälfte seiner Werkstatt zu. „Es ist auch nicht auszuschließen, dass es wieder dazu kommt, dass sie ihm selbst zugeschrieben werden,“ wagt Haag dennoch zu hoffen.

Ausstellungshinweis

„Velazquez“, von 28. Oktober bis 15. Februar 2015, Kunsthistorisches Museum Wien, dienstags bis sonntags von 10.00 bis 18.00 Uhr, donnerstags von 10.00 bis 21.00 Uhr. Zur Ausstellung ist ein Katalog (336 Seiten, 39,95 Euro) erschienen.

Für Sylvia Ferino-Pagden, die zu Jahresende als Leiterin der Gemäldegalerie in Pension geht, ist die Ausstellung das „Abschiedsgeschenk“, das sie dem Museum und den Besuchern zu Füßen legen will, wie sie im Katalog schreibt. „Velazquez, endlich!“, ist ihr Motto. Sie beginnt ihre Ausstellung mit einem großen Saal zu Velazquez’ Anfängen in Sevilla, mit religiösen Motiven wie zwei „Maria Immaculata“-Gemälden und der „Anbetung der Könige“.

Aber auch der „Wasserverkäufer von Sevilla“, der nicht nur durch feinsten Realismus, sondern auch durch tiefes Interesse am Menschlichen besticht, das später dazu führte, dass seine Porträts von Hofnarren und Hofzwergen genauso eindrucksvoll und ernsthaft ausfielen wie jene der königlichen Familie selbst. Für Ferino-Pagden ist dieser Raum die „Voraussetzung für unser Verständnis der weiteren Entwicklung des Künstlers“.

Thematische Hängung statt chronologischer Abfolge

Da das Schaffen Velazquez’ in weiterer Folge - in 37 Jahren am Madrider Hof - jedoch nicht gleichmäßig oder in einer „natürlichen Entwicklung“ verlaufen sei, habe man die übrigen Räume keinen chronologischen, sondern thematischen Gesichtspunkten unterstellt.

Durch eine schmale Seitengalerie gelangt man in den Zentralraum der Schau, in dem die dynastischen Porträts des spanischen Hofes, mit denen Velazquez berühmt wurde, dicht gehängt auftrumpfen. Zentrum bildet das großformatige Plakatmotiv „Prinz Baltasar Carlos zu Pferd“, flankiert von einer Serie von gleich sieben Infantinnen-Bildern. Diese Bilder der Infanten und Infantinnen dienten in einer Zeit intensiver Heiratspolitik der beiden Habsburger-Linien in Madrid und Wien als „Fotoalbum“ möglicher Partner und Partnerinnen. So kam das KHM zu seinem nach dem Prado größten Bestand an Velazquez-Bildern.

Das wohl berühmteste Velazquez-Gemälde, „Las Meninas“ („Die Hoffräulein“), wäre durch keine Versicherungssumme der Welt vom Prado loszueisen gewesen - es ist mit einer Reproduktion in Originalgröße in der Ausstellung vertreten.

"Venus mit dem Spiegel" von Velazquez

APA/EPA/Herbert Neubauer

Die „Venus mit dem Spiegel“ ist der einzig erhaltene weibliche Akt von Velazquez

Generell hätte man etwa zehn Gemälde des Malers mehr nach Wien bringen können, hätte man die Staatshaftung nicht schon so ausgeschöpft - ein „kleiner Wermutstropfen“, so Haag. Nichtsdestoweniger gelangt man durch eine Seitengalerie schließlich in den letzten Raum, in der die Ausstellung mit einigen wirklich hochkarätigen Großformaten einen imposanten Schlusspunkt setzt, mit dem Hofnarren Don Juan de Austria etwa, der geheimnisvollen „Venus mit dem Spiegel“ und der mythologischen „Schmiede des Vulkan“, die 1630 während Velazquez’ erster Italienreise entstand.

Das „Tiefmenschliche“ im Werk von Velazquez

„Er macht dieses Bild in Konkurrenz zu den großen italienischen Kollegen“, erläuterte Ferino-Pagden. „Er hat nicht das große Pathos eines Rubens, er bleibt immer eng an der Sache. Es ist das Tiefmenschliche, das wir in seinen Werken finden.“

Daneben habe Velazquez aber auch „den offenen, sinnlichen Pinselstrich“ perfektioniert und mit seiner raffinierten „Fleckenmalerei und der offenen Kontur“ Farben aneinandergefügt, „dass die Impressionisten ihre Malerei in seinem Werk schon vorweggenommen sahen“. Kaum zu glauben, dass Malerei zu jener Zeit - anders als etwa in Italien - in Spanien als eigenständige Kunst noch kaum anerkannt war. Gut nachvollziehbar jedoch, dass es der hochbegabte und überaus zielstrebige Velazquez schaffte, die Malerei in seinem Heimatland zu nobilitieren und sie über das reine Handwerk hinauszuheben.

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