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Von Lula als „Papasöhnchen“ verhöhnt

Aecio Neves hat sein Ansehen in Brasilien als Gouverneur des wirtschaftsstarken Bundesstaates Minas Gerais verdient. Der Ex-Senator ist seit Mai 2013 Präsident der Sozialdemokratischen Partei (PSDB). Der Parteiname trügt aber. Die PSDB steht klar für liberale bis rechtskonservative Ansichten - wie Neves selbst. Politik und Gesinnung waren ihm dabei schon in die Wiege gelegt.

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Der 54-jährige Volkswirt stammt aus einer wohlhabenden, traditionellen Politikerfamilie. Sein Großvater Tancredo Neves war zum ersten Präsidenten Brasiliens nach der Militärdiktatur (1964-1985) gewählt worden, starb jedoch im April 1985 noch vor seinem Amtsantritt. Der Enkel lernte viel von seinem Großvater und berief sich in der Vergangenheit immer wieder auf ihn. Gerade seine Familienzugehörigkeit war jedoch im Wahlkampf auch Munition gegen ihn.

Allseitige Untergriffe im Wahlkampffinish

Brasiliens Ex-Präsident Luiz Inacio Lula da Silva wetterte im Wahlkampffinish, um seine eigene Nachfolgerin Dilma Rousseff zu unterstützen, zuletzt rüde gegen Neves als „Papasöhnchen“. Tatsächlich begann Neves seine Karriere als persönlicher Referent seines Vaters, der als Abgeordneter ebenfalls eine Politikerkarriere machte. Außerdem warf Lula da Silva dem PSDB-Kandidaten Frauenfeindlichkeit und mangelnden Respekt vor Rousseff als Amtsinhaberin vor.

„Ich weiß nicht, ob er auch so unverschämt wäre, wenn sein Gegner ein Mann wäre“, sagte Lula da Silva über Neves’ Auftritt bei der entscheidenden Fernsehdebatte vor der Stichwahl. Dabei hatte Neves mit scharfen Attacken gegen Rousseff zu punkten versucht. Die griff jedoch ihrerseits ebenso tief in den Schmutzkübel und warf ihm etwa eine Episode aus der Vergangenheit vor, in der er mit einem abgelaufenen Führerschein mutmaßlich betrunken am Steuer von der Polizei aufgehalten worden war.

Als Gouverneur gepunktet

Neves kann dabei durchaus auf eigene Erfolge als Politiker verweisen. Er war umtriebiger Abgeordneter, bevor er Gouverneur seines Heimatbundesstaates Minas Gerais wurde. Aus diesem Amt schied er 2010 nach zwei Amtszeiten mit Rekordzustimmungswerten aus und wechselte ins Amt des Senators. Dass er sich als Präsidentschaftskandidat seiner Partei aufstellen ließ, war nicht die logische Fortsetzung seiner Politkarriere.

Die PSDB erlitt mit ihren Kandidaten in den drei vergangenen Präsidentschaftswahlen (2002, 2006 und 2010) jeweils in der Stichwahl Schiffbruch, die Kandidatur gilt als politischer Schleudersitz. Vor Beginn des Wahlkampfs machte Neves eher privat Schlagzeilen. Er ist seit 2013 in zweiter Ehe mit dem Ex-Model Leticia Weber (34) verheiratet, die im Juni die Zwillinge Julia und Bernardo zur Welt brachte. Aus erster Ehe hat Neves eine Tochter.

Schwerpunkt auf marktwirtschaftlichen Reformen

Im Wahlkampf setzte Neves das Schwergewicht auf Wirtschaftspolitik und eine Verschlankung der öffentlichen Verwaltung. Seine Hochburgen hat er in den Metropolen Rio und Sao Paulo. Der Katholik geißelte die zwölfjährige Regierungszeit der „Petistas“ der Arbeiterpartei (PT) als Ära des „absurden Interventionismus“, in der Privatinvestitionen erstickt worden seien. Er argumentierte, marktwirtschaftlich orientierte Reformen würden auch in der Bevölkerung Brasiliens zu verbreitetem Wohlstand führen.

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