Etappensieg für Österreich
Etappensieg für Österreich im Kampf gegen die ungarischen Bodengesetze: Die EU-Kommission hat am Donnerstag ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn eingeleitet, weil die neuen Regelungen in Rechte ausländischer Investoren eingreifen. Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter (ÖVP) reagierte erfreut, Budapest verurteilte den EU-Mahnbrief als Werk von Geschäftslobbys.
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Die Brüsseler Behörde forderte Ungarn auf, binnen zwei Monaten eine Stellungnahme zu den Fragen der EU-Kommission abzugeben. "Nach Auffassung der Kommission beschränken die ungarischen Rechtsvorschriften die Rechte ausländischer Investoren in einer Weise, die möglicherweise gegen das EU-Recht zum freien Kapitalverkehr und zur Niederlassungsfreiheit verstößt. Beschränkungen dieser beiden Freiheiten müssten ordnungsgemäß begründet und verhältnismäßig sein, mahnte die Brüsseler Behörde.
Drastisch verkürzte Übergangszeit
Von den Bodengesetzen sind auch viele österreichische Bauern betroffen. Sie hatten sich mit „Nießbrauchverträgen“ das Recht zur Nutzung landwirtschaftlicher Flächen im Nachbarland erworben, weil Ausländern der Erwerb von Agrarflächen vor dem EU-Beitritt Ungarns nicht erlaubt war. Die neuen Gesetze beendeten diese Verträge mit 1. Mai 2014. Den Nießbrauchern wurde nach Angaben der Kommission eine Übergangsfrist von lediglich viereinhalb Monaten eingeräumt, im Gegensatz zu einer zuvor angekündigten Übergangszeit von 20 Jahren.
„Die Investoren waren auf der Grundlage dieser zuvor bekanntgegebenen Übergangszeit davon ausgegangen, dass sie die Grundstücke weiter nutzen könnten, und haben entsprechende Investitionsentscheidungen getroffen. Das neue Gesetz scheint sie nun ihrer erworbenen Rechte und des Wertes ihrer Investitionen zu berauben“, kritisierte die EU-Kommission.
Zweite Bestimmung im Visier Brüssels
Ferner beanstandet die EU-Kommission eine zweite Bestimmung desselben Gesetzes, die für bestimmte, vor mehr als 20 Jahren geschlossene Pachtverträge eine sehr kurzfristige einseitige Beendigung ermöglicht. Diese Bestimmung gebe „Anlass zu ähnlichen Bedenken wie die Beendigung der Nießbrauchverträge“, erklärte die EU-Behörde.
Im EU-Vertragsverletzungsverfahren kann die EU-Kommission in einem nächsten Schritt eine begründete Stellungnahme abgeben. Sollte Ungarn auch dann nicht die Einwände der EU-Kommission aus dem Weg räumen können, kann die EU-Behörde das Land vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) verklagen.
Rupprechter fordert „konstruktive Lösung“
„Ich bin froh über diese dringend notwendige Unterstützung aus Brüssel gegen diese Entrechtung“, sagte Landwirtschaftsminister Rupprechter (ÖVP). Mit ihrem Mahnbrief bestätige die EU-Kommission die österreichischen Zweifel an der Rechtskonformität der ungarischen Gesetze, die Bauern „aus mehreren EU-Mitgliedsstaaten“ beträfen. „Es kann nicht sein, dass österreichische Landwirte ihre über Jahre getätigten Investitionen entschädigungslos verlieren. Zehn Jahre nach dem EU-Beitritt muss auch in Ungarn EU-Recht gelten“, forderte Rupprechter eine „konstruktive Lösung“ für die betroffenen Bauern.
Für Fidesz „Druckausübung“
Die erste Reaktion aus Budapest ließ nicht auf eine rasche Einigung schließen. Die rechtskonservative Regierungspartei Fidesz bezeichnete den Mahnbrief als „Versuch der Druckausübung“, hinter dem „starke geschäftliche Lobbyinteressen“ stünden. Sie rief die Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban auf, „den ungarischen Boden mit allen möglichen Mitteln zu schützen“. Das neue Bodengesetz begünstige nämlich Bauern anstelle von Spekulanten sowie Familienbetriebe anstelle von Großgrundbesitzern.
Von ungarischer Seite wird darauf hingewiesen, dass die neuen Gesetze nicht gegen ausländische Investoren gerichtet seien, sondern auch Inländer betreffen. Nach Informationen des Außenministeriums verfügen 200 österreichische Landwirte über rund 200.000 Hektar Agrarfläche im Nachbarland, was vier Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche in Ungarn entspreche.
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