Bei Sieg „ist in Österreich was los“
In den schon seit Jahren andauernden juristischen Auseinandersetzungen zwischen der Bayerischen Landesbank (BayernLB) und ihrer Ex-Tochter Hypo Alpe-Adria hat die bayrische Seite mit einer Klage beim österreichischen Verfassungsgerichtshof (VfGH) wegen des Hypo-Schuldenschnitts eine weitere Eskalationsstufe beschritten.
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Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) warnte vor einer „politischen Krise“ in Österreich. Er kenne Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) bisher nicht persönlich und zeigte sich kämpferisch: „Bei Geld hört die Freundschaft auf.“ Die Klage gegen die Republik wegen des Hypo-Sondergesetzes zum Schuldenschnitt wurde Donnerstagfrüh in Wien eingereicht. Der VfGH bestätigte bereits das Einlangen der Klagsschrift. Hinter der Verfassungsbeschwerde stehen die Eigentümer der BayernLB, der Freistaat Bayern und die bayrischen Sparkassen.

APA/dpa
Bayerns Finanzminister Söder (r.) und BayernLB-Chef Riegler fahren schwere Geschütze gegen die Republik Österreich auf
Sollte die Beschwerde durchgehen, „ist in Österreich was los“, sagte Söder am Donnerstag vor Journalisten in München. Ein Obsiegen Bayerns könnte eine „politische Krise“ im Nachbarland auslösen. Für das Budget hätte eine Aufhebung des Sondergesetzes - und damit der Wegfall des Schuldenschnitts - etwa drastische Folgen.
Ziel ist Aufhebung der Sondergesetzes
Die Verfassungsbeschwerde der BayernLB richtet sich gegen das österreichische Hypo-Sondergesetz, dem zufolge Forderungen gegen die Kärntner Hypo erlöschen oder in Zwangsstundungen umgewandelt werden. Die BayernLB müsste damit auf 800 Mio. Euro geltend gemachte Forderung ganz verzichten. Weitere 1,5 Mrd. Euro sollen bis 2019 zwangsgestundet werden.
Die Verfassungsbeschwerde gegen das „Sondergesetz“ sei ein „Akt der Notwehr“, so Söder und der bayrische Sparkassenpräsident Ulrich Netzer. Söder bezeichnete erneut die aus Sicht des Freistaats gegen die Hypo bestehenden Forderungen in Höhe von 2,3 Mrd. Euro als „die größte finanzielle Herausforderung für den Freistaat, die derzeit da ist“.
Österreich für Bayern nicht in Staatengemeinschaft
BayernLB-Vorstandsvorsitzender Johannes-Jörg Riegler appellierte an den neuen Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP), Österreich finanzpolitisch „auf den Weg zurück in die Rechtsstaatlichkeit und in die Staatengemeinschaft“ zu führen. Aus Sicht der BayernLB und ihrer Eigentümer hat die Republik Österreich mit dem Hypo-Sondergesetz (HaaSanG) nationales und europäisches Recht in eklatanter Weise gebrochen.
Sollte sich dieses Vorgehen als „gangbarer Weg“ herausstellen, wären die Folgen für die internationalen Finanzbeziehungen unabsehbar, sagte Riegler. In Wien habe man gesehen, dass der Prozess der BayernLB gegen die ehemalige Tochter Hypo vor dem Landgericht München I auf Rückzahlung von 2,3 Mrd. Euro „offenkundig nicht zulasten der Österreicher“ laufe, schilderte Söder den Vorgang aus seiner Sicht. Daher habe man ein „mit heißer Nadel gestricktes, verfassungswidriges Gesetz“ auf den Weg gebracht, das „die Sicherheit des Finanzplatzes Österreich grundsätzlich infrage“ stelle.
„Europäische Dimension“
BayernLB-Chef Riegler stellte weitere Schritte gegen das Hypo-Sondergesetz auf europäischer Ebene in Aussicht. Die „europäische Dimension“ des Vorgangs sei für ihn bedeutender als das schon lange andauernde „Scharmützel“ zwischen Bayern und Österreich über die Folgen des Hypo-Engagements, so Riegler. Es müsse geklärt werden, ob die Judikative es zulasse, dass ein Mitgliedsland der EU „die Staatengemeinschaft verlässt“. Ob und wann auch europäische Gerichte angerufen werden, ließ Riegler offen. „Auch da prüfen wir alles“, so der BayernLB-Vorstandschef.
Riegler geht davon aus, in einem Zeitraum „zwischen sechs und zwölf Monaten“ eine „Antwort“ von den Wiener Verfassungshütern zu erhalten. Gleichzeitig schloss der Bankchef eine Verständigung mit der österreichischen Seite nicht aus. Falls es dazu komme, müsse es das Ziel sein, alle Streitigkeiten zu beenden.
Demonstratives Mitleid mit Österreichern
Riegler bedauerte, „was die Politik mit einem Land wie Österreich macht“. Vor Jahren sei Österreich in finanzieller und wirtschaftlicher Hinsicht vorbildhaft gewesen: „Was in den letzten Jahren passiert ist, tut mir leid“, sagte Riegler. Finanzminister Söder wies darauf hin, dass sich die österreichische Wirtschaft und die Bankenwelt bemerkenswert kritisch zu dem Hypo-Gesetz, das „eigentlich ein BayernLB-Gesetz ist“, geäußert hätten. Auch der Bundespräsident habe verfassungsmäßige Bedenken dagegen und eine Überprüfung durch den Verfassungsgerichtshof angeregt, so Söder: „Diese Option des Bundespräsidenten nehmen wir in Anspruch.“
„Kein überraschender Schritt“
Der VfGH bestätigte am Donnerstag den Erhalt der Klage. „Dieser Antrag wird nun analysiert, und dann werden wir weitere Schritte setzen“, sagte VfGH-Sprecher Christian Neuwirth. Zum Beispiel könnte ein Vorverfahren eingeleitet werden, bei dem die Bundesregierung zu einer Stellungnahme aufgefordert werde. Zur Dauer des Verfahrens konnte der VfGH-Sprecher keine Angabe machen.
Das Finanzministerium reagierte mit einem knappen Statement: „Die Vorgehensweise der BayernLB ist kein überraschender Schritt, der vom Finanzministerium zur Kenntnis genommen wird und in weiterer Folge von österreichischen Gerichten zu prüfen ist“, hieß es aus dem Finanzministerium.
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