Warnung vor hohem Koffeingehalt
Die Aufholjagd von Energy-Drinks auf dem Getränkemarkt ist enorm. Weltweit ist dieser Sektor laut Euromonitor von einem Drei-Mrd.-Euro-Geschäft 1999 auf fast 22 Mrd. Euro im vergangenen Jahr gewachsen - ein Anstieg von über 620 Prozent. Die Tendenz weist weiter nach oben. Energy-Drinks würden zunehmend zu einem erheblichen Gesundheitsproblem, warnen nun Forscher der Weltgesundheitsorganisation (WHO).
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„Die vollen Auswirkungen der steigenden Popularität von Energy-Drinks wurden bisher nicht erfasst. Aber das aggressive Marketing, das auf junge Menschen zielt, kombiniert mit einer begrenzten und sehr unterschiedlichen Regulierung, förderte eine Umgebung, in der Energy-Drinks eine bedeutende Bedrohung für die öffentliche Gesundheit darstellen“, sagte einer der Studienautoren, Joao Breda, gegenüber dem „Guardian“.
Leistungssteigerung durch Taurin nicht nachgewiesen
Der Konsum von Energy-Drinks könne zu Herzrasen, Bluthochdruck, Erbrechen, Krämpfen und im schlimmsten Fall zu Herzversagen führen, so die Studie. Auch Fettleibigkeit und Karies könnten aufgrund des hohen Zuckergehalts von Energy-Drinks auf diese zurückgeführt werden. Bei den bisherigen Untersuchungen seien nur die Auswirkungen von Koffein näher untersucht worden.
Wichtig sei daher, die langfristigen gesundheitlichen Konsequenzen der anderen Inhaltsstoffe wie Taurin auch in Verbindung mit Alkohol zu erforschen, fordern die WHO-Wissenschaftler. Denn ein leistungssteigernder Effekt von Taurin konnte bisher nicht nachgewiesen werden - mehr dazu in help.ORF.at. Die stimulierende Wirkung der Energy-Drinks ist vor allem mit der hohen Zuckerkonzentration und dem Koffein zu erklären.
Fit für die Party
Bei Partys ist gerade bei Jüngeren die Mischung von Energy-Drinks mit Alkohol besonders beliebt - der Mix putscht auf und soll länger wach halten. Laut einer Studie der Europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA) mischen mehr als 70 Prozent der 18- bis 29-Jährigen Energy-Drinks mit Alkohol. Das Gesundheitsrisiko ist hoch.
Globale Verbreitung
Der erste Energy-Drink wurde 1960 in Japan lanciert. In Europa kamen die ersten Produkte 1987 auf den Markt, seit 1997 sind sie in den USA vertreten. Dort erleben Energy-Drinks derzeit auch den größten Boom.
Der Getränkemix ermögliche es, länger wach zu bleiben, noch mehr Alkohol zu trinken und in einen riskanten Status einer „völlig wachen Trunkenheit“ zu kommen, warnt die WHO-Studie. Alkoholbedinge Ausfälle würden subjektiv weniger wahrgenommen, an der tatsächlichen Betrunkenheit ändere das aber nichts.
Die Konsumenten dieser koffeinhaltigen Getränke werden offenbar immer jünger. Die EFSA stellte in einer Untersuchung von 2011 in 16 EU-Staaten fest, dass bereits 18 Prozent der unter Zehnjährigen Energy-Drinks konsumieren, mehr als zwei Drittel (68 Prozent) der Zehn- bis 18-Jährigen und etwa 30 Prozent der Erwachsenen.
Risiko beim Sport
Die Forscher fordern nicht nur wegen des besonders hohen Risikos bei Kindern, den zulässigen Koffeingehalt in diesen Getränken zu deckeln. Denn neben den Marktführern versuchten neue Anbieter mit besonders hohen Koffeinkonzentrationen um Käufer zu buhlen. Das Risiko sei bei Energy-Drinks höher als etwa bei Kaffee. Denn dieser würde meist heiß und daher langsamer konsumiert.
Die WHO-Studie warnte zudem eindringlich davor, Energy-Drinks vor anstrengender sportlicher Betätigung zu trinken - auch wenn die Getränke immer wieder im sportlichen Umfeld sowie als stimulierend und leistungssteigernd vermarktet werden. Als Beispiel wird ein 28-jähriger Amerikaner genannt, der drei Dosen mit Energy-Drinks trank und fünf Stunden später ein Basketballmatch spielte. Nach 30 Minuten auf dem Feld wurde er bewusstlos und erlitt einen Herzstillstand, drei Tage darauf starb er.
Ein direkter Zusammenhang konnte nicht nachgewiesen werden, doch die Wissenschaftler fordern, dass diese Verbindungen besser erforscht werden. Denn im Sportbereich gewinnen Energy-Drinks ebenfalls an Beliebtheit. Wie eine in Europa im vergangenen Jahr durchgeführte Studie zeigt, konsumieren 41 Prozent der Jugendlichen Energy-Drinks wegen körperlicher Aktivitäten. Exzessiver Koffeinkonsum vor großen Anstrengungen schadet aber der Gesundheit.
„Nicht für Kinder“
Einige Hersteller folgen mittlerweile der freiwilligen Selbstverpflichtung der Gesellschaft der europäischen Softdrinkproduzenten (UNESDA) aus dem Jahr 2011, einen Warnhinweis auf die Verpackung zu drucken: „Erhöhter Koffeingehalt. Nicht für Kinder, Schwangere und stillende Mütter empfohlen“. In der EU dürfen diese koffeinhaltigen Getränke verkauft werden. Einzelne Länder erließen aber spezielle Einschränkungen.
TV-Hinweis
ORF2 zeigt am Donnerstag um 21.05 Uhr „Am Schauplatz“ über die gesundheitsschädlichen Folgen von Softdrinks und stark gezuckerten Lebensmitteln - mehr dazu in tv.ORF.at.
Ungarn führte etwa 2012 eine öffentliche Gesundheitssteuer ein, die besonders Energy-Drinks betrifft. Im November soll in Litauen ein Verkaufsverbot an Minderjährige in Kraft treten. Als Begründung nannte das Gesundheitsministerium, dass die großen Mengen an Koffein in den Getränken süchtig und hyperaktiv machen könnten.
Frankreich kippte indessen die geplante „Red-Bull-Steuer“. Jede Energy-Drink-Dose sollte um 25 Cent teurer werden. Ursprünglich sollte diese Steuer dem Staat rund 60 Mio. Euro bringen. Begründet wurde die Abgabe mit Gesundheitsrisiken. Im September verwarf das französische Verfassungsgericht die Steuerpläne aber. Der Aufschlag auf Energy-Drinks sei nicht verfassungskonform aufgrund einer Ungleichbehandlung gegenüber anderen koffeinhaltigen Getränken, die nicht als Energy-Drink ausgezeichnet und daher auch nicht extra besteuert würden.
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