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Von vielen für echt gehalten

„Hallo! Mein Name ist Thea, und ich bin zwölf Jahre alt und in ungefähr einem Monat soll ich heiraten!“ So beginnt der erste Eintrag auf Theas Hochzeitsblog Mitte September. Binnen eines Tages wurde es das meistbesuchte Blog Norwegens. Plan Norge, der norwegische Zweig der Kinderschutzorganisation Plan International, landete mit der Kampagne einen spektakulären Erfolg.

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Nachdem vor allem in den Sozialen Netzwerken das Blog verbreitet wurde und zahlreiche Norweger die Website den Behörden gemeldet hatten, enthüllte Plan Norge, dass sie hinter dieser Kampagne steht, die sich gegen die Zwangsverheiratung von Kindern einsetzt. „Hochzeitstermin“ ist der 11. Oktober - der Internationale Mädchentag.

Enormes Echo

Pakistan, Saudi-Arabien und Jemen, das sind wohl jene Länder, die vor allem mit Kinderhochzeiten assoziiert werden. Der Kunstgriff der Kampagne, nicht das Schicksal eines zwangsverheirateten Mädchens in einem fernen Land anzusprechen, sondern es quasi vor die eigene Haustür zu holen, scheint voll aufzugehen.

Plakat zur norwegischen Kampagne gegen die Zwangsverheiratung von Kindern mit der 12-jährigen Thea

Plan Norge

Kampagne arbeitet mit provokanten Bildern

„Wir haben uns entschieden, die Thematik nach Hause zu holen“, so Olaf Thommessen, Direktor von Plan Norge. Und das habe sich als höchst erfolgreich herausgestellt. Dank des enormen Echos habe man Leute ansprechen und gewinnen können, die sich ansonsten nicht für Entwicklungszusammenarbeit interessieren.

Provokation als mächtiges Werkzeug

„Wir glauben, dass Provokation ein mächtiges Werkzeug ist“, heißt es von den Machern. Man könne damit eine Realität veranschaulichen, die wirklich provozieren sollte: 39.000 minderjährige Mädchen weltweit werden täglich zwangsverheiratet.

„Kinder sollten nicht verheiratet werden, egal, wo sie leben“, heißt es dementsprechend auf der Website. Die Leser werden aufgerufen, die Kampagne auf Sozialen Medien zu teilen und sich freilich auch finanziell zu beteiligen: Für 275 Kronen (33 Euro) im Monat können Patenschaften für Mädchen übernommen werden.

Die Sorgen einer Zwölfjährigen

Thea schildert ihre Hochzeitungsvorbereitungen mit dem 37-jährigen Geir aus einer kindlichen und damit realistischen Perspektive. Es geht um die Auswahl des Brautkleids, der Hochzeitstorte und um ihre Sorgen und Ängste. Sie müsse jetzt wohl nicht mehr in die Schule gehen, heißt es in einem Beitrag. Und ihren Wunsch, Tierärztin zu werden, müsse sie jetzt wohl aufgeben, heißt es in einem anderen: Ihre Mutter habe ihr gesagt, dass ihr Mann arbeiten gehe und sie zu Hause bleiben müsse. Jede Menge Selfies und auch der Schreibstil lassen erahnen, warum viele Norweger das Blog zunächst für echt hielten.

Auch echte Schicksale

600.000 Zugriffe zählte das Blog mittlerweile. Und die Kinderhilfsorganisation ergänzte die Website mittlerweile mit Erzählungen von wahren Schicksalen von zwangsverheirateten Mädchen - etwa aus Bangladesch und Tansania.

Die 14-jährige Sharina aus Bangladesch bei den Ehevorbereitungen

Plan Norge

Hochzeitsvorbereitungen in Bangladesch

So schildert etwa Sharina aus Bangladesch, wie sie auf Wunsch ihres Vaters mit 14 Jahren mit einem Mann verheiratete wurde, den sie zuvor nicht gekannt hatte. Auch ihr Ehemann Nazir wurde von seiner Familie gezwungen zu heiraten.

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