Bedenkliche Lage an Finanzmärkten
Der Internationale Währungsfonds (IWF) warnt vor der Gefahr einer neuen globalen Wirtschaftskrise. Die Risiken für die Weltkonjunktur seien in den vergangenen Monaten wieder größer geworden, erklärte die Organisation am Dienstag in Washington. Seine Wachstumsprognose für dieses Jahr korrigierte der IWF erneut deutlich nach unten.
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Eine große Sorge sei, dass die Erholung in der Euro-Zone stagniere. Auch geopolitische Krisen wie in der Ukraine oder in Nahost könnten weit über die betroffenen Gebiete hinaus ökonomischen Schaden anrichten, etwa durch steigende Energiepreise. Riskant sei zudem eine mögliche Überhitzung der Finanzmärkte. Die hohen Börsenkurse würden nicht die Zerbrechlichkeit der wirtschaftlichen Erholung widerspiegeln.
Nur noch 3,3 Prozent Wachstum erwartet
In dem am Dienstag vorgelegten Weltwirtschaftsausblick senkte der IWF seine Prognose des globalen Wachstums für dieses Jahr auf 3,3 Prozent. Im April war der Wert noch 0,4 Prozentpunkte höher gelegen. Auch für 2015 korrigierte der Krisenhelfer seine Aussichten nach unten und rechnet nun mit 3,8 Prozent Wachstum. Damit musste der Fonds zum wiederholten Male in Folge seine Erwartungen reduzieren.
Krisenfolgen langfristiger als gedacht
„Die Geschwindigkeit des Wachstums hat in den letzten Jahren enttäuscht“, erklären die IWF-Experten. Vor allem in großen Volkswirtschaften werde trotz niedriger Zinsen zu wenig investiert und zu wenig für die Nachfrage getan. Zudem gebe es in zahlreichen Nationen einen dringenden Bedarf an Strukturreformen. Die Spätfolgen der großen Rezession vor rund sechs Jahren seien hartnäckiger als bis jetzt gedacht.
Für die Euro-Zone erwartet die Organisation 0,8 Prozent Wachstum in diesem und 1,3 Prozent im kommenden Jahr. Beide Werte wurden deutlich gesenkt. Große Abstriche macht der IWF bei Italien und Frankreich. Die spanische Wirtschaft sieht er dagegen auf einem stabilen Weg.
Sorgenkind Euro-Zone
Die Industrieländer und insbesondere die Euro-Zone seien noch nicht vollständig aus dem Schatten der Wirtschafts- und Finanzkrise herausgetreten. Die Experten des Währungsfonds sprechen sich daher für eine weiterhin lockere Geldpolitik aus, um die Konjunktur zu unterstützen. In „einer Reihe von Volkswirtschaften“ könnten außerdem staatliche Investitionen in die Infrastruktur das Wachstum stärken.
„Es besteht das Risiko, dass die Erholung in der Euro-Zone stagniert“, schreibt IWF-Chefvolkswirt Olivier Blanchard. Man gehe zwar nicht davon aus und erwarte weiterhin eine langsame Verbesserung der Lage. „Aber sollte dieses Szenario wahr werden, würde es ein großes Problem werden.“
IWF: EZB verfehlt Preisziel bis mindestens 2019
Der Europäischen Zentralbank (EZB) wird es nach Einschätzung des IWF über Jahre hinweg nicht gelingen, ihr Preissteigerungsziel zu erreichen. Vermutlich werde die Inflationsrate im Euro-Raum bis mindestens 2019 unter dem Zielwert der EZB von knapp zwei Prozent liegen, heißt es in dem Weltwirtschaftsausblick.
Vergleichsweise positiv fällt jedoch die Prognose für Österreich aus. Sie ist eine Spur besser als jene des Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO) und des Instituts für höhere Studien (IHS). So soll Österreichs Wirtschaft nach IWF-Berechnungen heuer real um 1,0 Prozent wachsen, 2015 soll sich das BIP-Wachstum auf 1,9 Prozent beschleunigen. Der Anstieg der österreichischen Verbraucherpreise soll heuer und im kommenden Jahr 1,7 Prozent betragen.
Ukraine-Krise trübt Aussichten
Große Schwierigkeiten sieht der internationale Kreditgeber auch wegen der Sanktionen in der Ukraine-Krise weiterhin für die russische Wirtschaft. Der einstige Wachstumsmotor Brasilien kämpfe ebenfalls mit einer noch schwächeren Konjunktur als zuletzt erwartet. Weniger Probleme sieht der IWF für China, dessen Wachstum in den kommenden beiden Jahren über sieben Prozent bleiben soll. Auch Indien habe sich nach einer Schwächephase wieder gefangen.
Die USA sieht der IWF nach dem winterbedingten Konjunktureinbruch zu Jahresbeginn wieder auf robustem Wachstumskurs. Das Bruttoinlandsprodukt der größten Volkswirtschaft der Welt soll in diesem Jahr um 2,2 Prozent zulegen, ein Plus von 0,5 Prozentpunkten im Vergleich zum Juli. Für 2015 erwartet der Währungsfonds sogar ein Wachstum von 3,1 Prozent.
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