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Kurswechsel der ÖVP blieb aus

Ende September hat die Regierung ein neues Bildungsprogramm präsentiert. Die sechs Punkte aus dem Papier sind großteils bekannt und betreffen unter dem Schlagwort „Schulstart neu“ etwa die Übergangsphase vom Kindergarten in die Volksschule und den Ausbau der Ganztagsschule.

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Auffallend ist dabei allerdings, dass die Gesamtschule - seit langem erklärtes Ziel der SPÖ - im Programm der Regierung nicht vorkommt. Die Frage, warum sie die Gesamtschule nun aufgebe, beantwortete Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) Ende September im Ö1-Morgenjournal: „Aufgeben tut man einen Brief.“

Auf dem Weg zur besten Bildung wolle die Regierung zwar nun bei den Kleinen beginnen, also im Kindergarten, aber „irgendwann werden wir auch über die Zehn- bis 14-Jährigen wieder reden, da bin ich sicher“, so Heinisch-Hosek. Die Gesamtschule sei nach wie vor Ziel der Sozialdemokratie. Andere Länder würden vormachen, dass diese gemeinsame Phase der Zehn- bis 14-Jährigen mit individueller Förderung einfach das bessere Modell sei - mehr dazu in oe1.ORF.at.

Grüne: „Schwarze Blockadepolitik“

Nach der Regierungsklausur gab es von mehreren Seiten Kritik daran, dass das Projekt der Gesamtschule im Sechspunkteprogramm der Regierung nicht vorkomme. In den letzten Tagen würden prominente SPÖ-Politiker und -Politikerinnen das Wort Gesamtschule nicht einmal mehr in den Mund nehmen, so etwa die Sozialsprecherin der Grünen, Judith Schwentner, in einer Presseaussendung.

„Dass Ministerin Heinisch-Hosek den entscheidenden Schritt, nämlich jenen zur Gemeinsamen Schule, aufgegeben hat, ist eine Bankrotterklärung von sozialdemokratischer Bildungspolitik“, so der grüne Bildungssprecher Harald Walser. Er sieht im Programm „Zeichen einer Fortschreibung der schwarzen Blockadepolitik“ im Bildungssystem.

Gesamtschule „offensichtlich ad acta gelegt“

Auch die SPÖ-nahe Aktion kritischer Schüler_innen (AKS) kritisierte, dass die Gesamtschule im Sechspunkteprogramm der Regierung mit keinem Wort erwähnt wird. Christina Götschhofer, Bundesvorsitzende der AKS, bezeichnete es als „schlecht verpacktes Ablenkungsmanöver“. Es sei nur eine Ablenkung von allen Themen, die im Moment bildungspolitisch in der Diskussion sind. „Auf die Evaluierung der Neuen Mittelschule zu warten, bis weiter darüber (die Gesamtschule, Anm.) geredet wird, ist ein fataler Fehler. Die Gesamtschule wird somit unter den Tisch fallen“, so Götschhofer.

Florian Kraushofer vom Vorsitzteam der Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH) zeigte sich enttäuscht über die „Visionslosigkeit“ des Programms für den Bildungsbereich und kritisierte, dass das Ziel einer Gesamtschule für alle Zehn- bis 14-jährigen Kinder offensichtlich ad acta gelegt worden sei.

Mitterlehner sieht Diskussion „entkrampft“

ÖVP und SPÖ zeigten sich nach der Präsentation des Programms „Der Weg zur besten Bildung“ im Gleichklang. Vizekanzler und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) sagte, es sei der Regierung gelungen, die Diskussion im Bildungsbereich von einzelnen Begriffen wie etwa der Gesamtschule zu lösen, zu entkrampfen und in Richtung der wesentlichen Fragestellungen und zu einer ganzheitlichen, zukunftsorientierten Bildungspolitik hinzuführen. Es gehe nicht allein um die Frage „Gesamtschule - ja oder nein“. Im Unterschied zu früher gehe man nun systematisch vor, so Mitterlehner.

Auch SPÖ-Bildungssprecherin Elisabeth Grossmann begrüßte das Bildungspaket: „Mit dem großen Maßnahmenpaket für den Schulbereich hat die SPÖ-geführte Regierung einen Turbo für mehr Bildung und Chancen gezündet und nachdrücklich die Bedeutung der Bildung als zentrales Zukunftsthema unterstrichen“, so Grossmann in einer Aussendung.

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