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Pornodarsteller gesteht vor Gericht

Kanadas „Prozess des Jahrzehnts“ hat vorige Woche mit einem Paukenschlag begonnen: Luka Magnotta, Pornodarsteller aus Montreal, hat überraschend gestanden, einen Studenten getötet und zerstückelt zu haben. Vor dem Haftrichter hatte der 32-Jährige noch auf nicht schuldig plädiert.

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Zu Prozessauftakt vorige Woche versuchte Magnotta, der vor zwei Jahren nach internationaler Fahndung in Berlin gefasst worden war, offenbar zu retten, was zu retten ist. Denn die Beweise sind erdrückend - und den erdrückendsten hat er selbst produziert.

Tat offenbar mitgefilmt

Denn Magnotta soll sich selbst gefilmt haben, als er einen chinesischen Austauschstudenten im Frühjahr 2012 fesselte und erstach. Damit nicht genug, soll er den Film auch noch ins Internet gestellt haben. Der Clip wurde zwar rasch wieder gelöscht, ist jetzt aber ein Hauptbeweisstück der Anklage. Die anderen kamen per Post.

Magnotta hatte nämlich, heißt es in der Anklage, die Leiche zerteilt und Körperteile in Paketen verschickt, an politische Parteien und Behörden. Kein Wunder, dass die Ermittler rasch auf den Fall aufmerksam wurden und dank dem Film auch schnell einen Verdächtigen hatten. Da saß Magnotta zwar schon im Flugzeug nach Europa, und auch in Paris fand die von Interpol gerufene Polizei nur noch ein paar Pornohefte in seinem Hotelzimmer. Aber in Berlin wurde Magnotta im Juni 2012 vom Betreiber eines Internetcafes erkannt, als der Kanadier sich gerade selbst googelte. Die Auslieferung war nur noch eine Formsache.

Mehrere Identitäten im Pornogeschäft

Der Fall erschütterte auch die USA, die einiges gewohnt sind - schon wegen der filmreifen Biografie Magnottas. Der Mann mit dem englischen Allerweltsnamen Eric Newman nannte sich Luka Magnotta, Vladimir Romanov, Jimmy, Justin oder Angel und ließ sich mehrfach kosmetisch operieren. Man konnte ihn als Stripper und Begleiter buchen und bis vor kurzem sogar die DVD „Hinreißend schwul“ bestellen. Einer der Darsteller: Magnotta.

Verteidigung will Höchststrafe abwenden

Die Auswahl der Geschworenen hatte Wochen gedauert, und Beobachter erwarteten einen komplizierten Prozess, schon weil er auf Englisch im französischsprachigen Montreal stattfindet. Sechs bis acht Wochen waren veranschlagt. Ist jetzt alles ganz schnell vorbei? Wohl nicht, denn die Staatsanwaltschaft wird alles versuchen, Magnotta kein Schlupfloch zu lassen. Und die Verteidigung will die Höchststrafe abwenden. Die Todesstrafe gibt es in Kanada zwar nicht, aber die Staatsanwaltschaft hatte zuvor schon lebenslang gefordert.

Aber ist Magnotta überhaupt schuldfähig? Jemand, der erst einen nahezu Unbekannten ermordet, ohne dass er davon direkte Vorteile hat. Der die Tat auch noch filmt, den Film veröffentlicht und Leichenteile an Parteien schickt. Dazu wird das Gericht noch Sachverständige hören wollen. Insofern ist Kanadas Prozess des Jahrzehnts noch lange nicht vorbei.

Chris Melzer, dpa

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