Knapp zehn Prozent mehr
Trotz Protesten sind in Bulgarien die Verbraucherpreise für Strom zum Monatsbeginn um knapp zehn Prozent drastisch gestiegen. Private Haushalte müssen von 1. Oktober an durchschnittlich 9,79 Prozent mehr für Strom bezahlen, entschied die staatliche Aufsichtsbehörde DKER zuletzt in Sofia.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Durch die höheren Preise solle die Versorgung mit Strom zuverlässiger werden. Sozialisten und Nationalisten hatten im Wahlkampf gegen die angekündigte Teuerung protestiert. Der Strompreis ist in Bulgarien seit Jahren ein Politikum. Große Teile der Bevölkerung können aus Armut besonders im Winter ihre Stromrechnungen nicht bezahlen. Erst im Februar 2013 war die damalige konservative Regierung durch Massenproteste gegen hohe Strompreise gestürzt worden. Bei den bis Juli regierenden Sozialisten gingen die Strompreise leicht zurück, da unter anderem mehr Atomstrom bestellt worden war.
Ruf nach Reformen
Bulgarien ist das ärmste EU-Land. Die Hoffnungen auf eine wirtschaftliche Wende liegen bei der neuen Regierung.
Reformen sind in den Bereichen Justiz, Gesundheitswesen, Bildung, Soziales und Pensionen notwendig, wie Michael Angerer, acht Jahre österreichischer Wirtschaftsdelegierter in Sofia, vor der Wahl sagte. Die Sozialisten und die DPS hätten es in eineinhalb Jahren Regierungszeit nicht geschafft, diese für die Wirtschaftsentwicklung des Landes notwendigen Reformen einzuleiten.
Interesse ausländischer Investoren abgeflaut
In Bulgarien habe es in den vergangenen sieben Jahren auch spürbare Verbesserungen gegeben. Es gebe zwar immer wieder Rückschläge, „aber es geht in die richtige Richtung, es geht Richtung Europa“, sagte Angerer, der schon 1978 bis 1980 in Sofia gearbeitet hatte.
Dennoch ist das Interesse ausländischer Investoren an Bulgarien zuletzt abgeflaut. 2013 lag der Zufluss ausländischer Direktinvestitionen (FDI) mit 1,09 Mrd. Euro ähnlich niedrig wie 2012, im ersten Quartal 2014 betrug er nur 88,9 Mio. Euro, wie aus dem aktuellen Bulgarien-Länderbericht der Wirtschaftskammer hervorgeht.
EU-Fördermittel nicht ausgenützt
Bulgariens Budgetdisziplin kann sich durchaus sehen lassen. „Bulgarien zählt zu den Ländern mit den niedrigsten Budgetdefiziten in der Europäischen Union“, sagte Angerer. Auch die Auslandsverschuldung sei gering. Allerdings habe sich die Nutzung der EU-Fördermittel verschlechtert, weil die Förderungen für Umweltprojekte vorübergehend ausgesetzt worden seien.
Etliche Projekte seien gestoppt und die Zahlungen an Bauunternehmen und Zulieferer eingestellt worden. Für Projekte aus der Budgetperiode 2007 bis 2013 stehen bis Ende 2015 noch rund vier Mrd. Euro zur Verfügung. Die in der neuen EU-Budgetperiode 2014 bis 2020 erwarteten Fördermittel von 12,5 Mrd. Euro werden erst ab 2015 zur Verfügung stehen.
Österreich zweitwichtigster Investor
Die österreichischen Exporte nach Bulgarien sind im ersten Quartal 2014 um 2,5 Prozent auf 144,4 Mio. Euro zurückgegangen, die Importe um 2,8 Prozent auf 94,8 Mio. Euro. Österreichische Unternehmen haben bisher fast 5,5 Mrd. Euro in Bulgarien investiert - damit ist Österreich nach den Niederlanden der zweitwichtigste Investor in Bulgarien. Allerdings handelt es sich bei den holländischen Investoren zumeist um Unternehmen aus anderen Ländern, die aus steuerlichen Gründen ihre Investitionen von Holland aus tätigen.
Links: