Mediziner unter Dauerstress
Nachtdienste in Überlänge stellen für Ärzte in Krankenhäusern nicht nur eine körperliche, sondern auch eine enorme psychische Belastung dar. Das resultiere in erhöhter Reizbarkeit und Erschöpfung sowie einem hohen Stresspegel, der sich auch durch Schlaf während des Nachtdienstes nicht senken lasse, heißt es in einer aktuellen Studie der Universität Innsbruck.
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„Diese Ergebnisse einer aktuellen Studie an der Universität Innsbruck sollten die Alarmglocken schrillen lassen, bilden sie doch nicht nur eine akute Gefährdung der Ärzteschaft, sondern auch der Patienten ab“, so Harald Mayer, Obmann der Bundeskurie Angestellte Ärzte und Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK), Ende September in einer Aussendung. Eine nachhaltige Reduktion der überlangen Arbeitszeiten sei nur eine Möglichkeit, die enorm hohe Belastung zu senken. Außerdem müsste bei der Erstellung von Dienstplänen auf ältere Ärzte Rücksicht genommen werden.
Körper im Alarmmodus
„Ein 55-jähriger Arzt ist längst nicht mehr so belastbar wie ein 30-jähriger Kollege. Wenn wir wollen, dass die Leistungsfähigkeit von Ärzten nicht durch übermäßige Arbeitsbelastung und chronisches Schlafdefizit beeinträchtigt wird und dass ältere Kolleginnen und Kollegen einigermaßen gesund bis zur Pension arbeiten können, dann müssen wir die Arbeitsbedingungen entsprechend anpassen. Ohne verkürzte Arbeitszeiten wird es nicht gehen“, so Mayer.
Die Studie habe gezeigt, dass selbst durchgehender Schlaf während eines Nachtdienstes keine Erholung bringe. „Sogar dann, wenn ein Arzt während seines Nachtdienstes durchschlafen kann, schüttet sein Körper vermehrt Stresshormone aus. Schließlich muss er damit rechnen, jederzeit geweckt zu werden“, so der ÖÄK-Vizepräsident.
„Potenzielle Gefahrenquelle“ auch für Patienten
Ein Nachtdienst bedeute somit psychischen und physischen Dauerstress, zu den Auswirkungen gehörten neben Reizbarkeit und Erschöpfung auch verminderte Konzentration und verlängerte Reaktionszeiten. „Wir wissen seit Jahren, dass Übermüdung und Erschöpfung nicht nur die Gesundheit der Kolleginnen und Kollegen gefährden, sondern auch eine potenzielle Gefahrenquelle für die Gesundheit der Patienten darstellen. Wir wissen auch, dass jemand, der länger als 24 Stunden im Dienst gestanden ist, so beeinträchtigt ist, als hätte er 0,8 Promille Alkohol im Blut“, erklärte Mayer.
Dass dennoch überlange Dienste verlangt würden, sei folglich „grob fahrlässig“. Langfristig könne die Situation nur durch EU-konforme Arbeitszeiten verbessert werden. „In einem nächsten Schritt müssen wir die Rahmenbedingungen in den Spitälern an die Lebenssituation und an die Bedürfnisse der Spitalsärzteschaft anpassen. Andernfalls wird sich der Ärztemangel noch gravierender auswirken, und wir sind wieder bei überlangen Diensten und überlasteten Ärzten.“
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