Für Kammer ein „lebbarer Entwurf“
Nach jahrelangen Debatten über überlastete Ärzte in den Spitälern wird deren Arbeitszeitmodell nun per Gesetz entschärft. Die erlaubte Wochenarbeitszeit wird bis Mitte 2021 auf EU-konforme 48 Stunden reduziert. Derzeit dürfen die Mediziner noch bis zu 72 Stunden pro Woche im Dienst sein.
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Die Österreichische Ärztekammer (ÖÄK) spricht von einem „lebbaren Entwurf“, wohl auch deshalb, weil die Spitäler sechs Jahre Zeit bekommen, sich auf die neue Regelung einzustellen. Einen entsprechenden Gesetzesentwurf brachte Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) am Mittwoch im Nationalrat ein. Beschlossen werden soll das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz (KAAZG) dort bereits im Oktober und mit kommendem Jahr in Kraft treten.
Ab 2015 dürfen Ärzte nur noch mit schriftlicher Zustimmung („Opt-out“) länger als durchschnittlich 48 Stunden pro Woche arbeiten. Mit dieser Zustimmung beträgt die wöchentliche Arbeitszeit ab 2015 bis zu 60, ab 2018 bis zu 55 Stunden. Ab Mitte 2021 ist dann keine Wahl mehr möglich, und die durchschnittliche Wochenarbeitszeit darf 48 Stunden nicht mehr überschreiten.
Widerrufsrecht und Benachteiligungsverbot
In einzelnen Wochen könnte zwar weiterhin bis zu 72 Stunden gearbeitet werden, diese müssten dann aber innerhalb eines vier- bzw. sechsmonatigen Durchrechnungszeitraumes ausgeglichen werden. Ab Mitte 2021, wenn die 48-Stunden-Woche obligatorisch ist, kann dieser Durchrechnungszeitraum auf 52 Wochen ausgedehnt werden, sofern eine Betriebsvereinbarung getroffen wird. Wenn Ärzte ab kommendem Jahr ihre schriftliche Zusage für längere Wochendienstzeiten als 48 Stunden geben, gilt auch ein jederzeitiges Widerrufsrecht und ein Benachteiligungsverbot für Mediziner, die die „Opt-out“-Regelung nicht in Anspruch nehmen.
Die Reduktion der verlängerten Wochenenddienste für Ärzte soll ebenfalls schrittweise erfolgen. Derzeit sind Wochenenddienste bis zu 49 Stunden möglich, ab 2018 sollen nur noch 29 Stunden möglich sein und ab 2021 maximal 25-Stunden-Dienste. Die Ausgleichsruhezeit muss ab kommendem Jahr jedoch sofort nach dem Wochenenddienst genommen werden. Derzeit ist es möglich, diese Ausgleichsruhezeit innerhalb eines viermonatigen Durchrechnungszeitraumes zu konsumieren, also nicht unmittelbar nach den langen Diensten.
Sofortiger Umstieg wäre „unrealistisch“
Hundstorfer betonte, dass diese neue Regelung EU-konform sei. Den langen Übergangszeitraum hält er für notwendig, damit sich die Spitalserhalter auf die neuen Vorgaben einstellen können. Der Sozialminister ist jedenfalls überzeugt, dass sich die Arbeitsbedingungen der Ärzte damit verbessern und der Beruf in den kommenden Jahren attraktiver wird. Die Neuregelung sei aber nicht nur im Sinne der Ärzte, sondern auch der Patienten, „weil niemand will, dass sich sein behandelnder Arzt vor Müdigkeit kaum noch auf den Beinen halten kann“, so Hundstorfer in einer Aussendung.
Auch ÖÄK-Präsident Artur Wechselberger sprach von einem „lebbaren Entwurf“. Die vorgesehenen Übergangsfristen würden der Realität entsprechen, ein sofortiges und vollständiges Inkrafttreten der neuen Regeln wäre unrealistisch, meinte Wechselberger am Mittwoch bei einer Pressekonferenz. Auch er betonte, dass damit die Qualität der Behandlungen steigen werde, und auch junge Kollegen sollten damit motiviert werden, den Arztberuf zu ergreifen. Probleme für die Spitalserhalter erwartet Wechselberger nicht. Er verwies darauf, dass es jetzt bereits einige Standorte gebe, an denen die 48-Stunden-Woche praktiziert werde, und diese sollten auch Motivation für andere zum Umstieg sein.
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