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Zweiter Jet flog nach Zeltweg

Ein Eurofighter hat Donnerstagnachmittag auf dem Innsbrucker Flughafen notlanden müssen. Ersten Informationen des Verteidigungsministeriums zufolge gab es eine Triebwerksbrandwarnung, die dem Piloten angezeigt wurde. Rauch sei keiner erkennbar gewesen, hieß es.

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Der Tiroler Militärkommandant Herbert Bauer sagte dazu in einer ersten Stellungnahme, dass sich die zwei Eurofighter auf einem Übungsflug über den Zentralalpenraum befanden. Einer der beiden musste dabei notlanden, der zweite flog nach Zeltweg zurück.

Eurofighter am Flughafen Innsbruck

APA/Daniel Liebl

Der notgelandete Eurofighter auf dem Flughafen Innsbruck

Heeressprecher: Triebwerk wurde abgeschaltet

Die Notlandung des Eurofighters passierte im Rahmen eines „Abfangszenarios“. „Der Pilot ist zu einer Routinekontrolle geflogen“, erklärte Heeressprecher Michael Bauer der APA. Dafür sei der Eurofighter zu einem Überschallflug gestartet. Im Zuge dessen sei das Warnsignal aufgeleuchtet, und der Pilot habe das Notverfahren eingeleitet, sagte Bauer.

„Zunächst hat er das eine Triebwerk abgeschaltet, und dann ist er den Innsbrucker Flughafen angeflogen.“ Der Eurofighter sei „routinemäßig“ gelandet, betonte Bauer. Im vergangenen Jahr seien für derartige Fälle alle zivilen Flughäfen in Österreich angeflogen und entsprechende Landemanöver geübt worden. Die Maschine steht laut Bauer auf dem Innsbrucker Flughafen. Techniker des Heeres seien auf dem Weg dorthin.

Knallen erschreckte Bevölkerung

Die beiden explosionsartigen Geräusche, die in der Tiroler Landeshauptstadt zu hören waren, stammten laut dem Heeressprecher von dem Überschallflug. Im Stadtgebiet sei sogar eine Schaufensterscheibe zu Bruch gegangen, berichtete ein Tiroler Versicherungsunternehmen. Bei Feuerwehr und Polizei gingen zahlreiche Anrufe besorgter Bürger ein. Zunächst war auch die Innsbrucker Feuerwehr zu einer Explosion in der Innstraße gerufen worden. Nachträglich stellte sich das aber als Fehlalarm heraus - mehr dazu oesterreich.ORF.at.

Für den grünen Sicherheitssprecher Peter Pilz ist der Eurofighter-Notfall in Innsbruck „der letzte Beweis, dass das System Eurofighter in Österreich nicht mehr betrieben werden kann“. Er bereite „zum Systemzusammenbruch Eurofighter“ die Einberufung des Nationalen Sicherheitsrates vor, kündigte der Abgeordnete in einer Aussendung an.

Bohrlöcher: Klug versucht zu beruhigen

Das Verteidigungsministerium versuchte unterdessen im Wirbel um die Bohrlöcher der Eurofighter zu kalmieren. Flugbetrieb und Sicherheit seien „in keiner Weise eingeschränkt“, so das Ministerium am Donnerstag in einer Aussendung. Minister Gerald Klug (SPÖ) betonte im Ö1-Mittagsjournal, dass „aktuell an der richtigen Stelle gearbeitet“ werde.

Zuletzt waren Spekulationen laut geworden, dass die nicht ausreichend gereinigten Bohrlöcher am Rumpfhinterteil des Fliegers ein Grund für einen Ausstieg aus dem Abfangjägerdeal sein könnten. Darauf ließ sich Klug indes nicht ein: Er verwies generell auf die Taskforce im Ministerium, die den Ankauf und mögliche Korruptionsfälle „in enger Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft“ prüfe. Diese untersuche nun auch mögliche „zivilrechtliche Ansprüche“, die sich aus dem Fertigungsmangel ergeben könnten, hieß es aus dem Ministerium.

„Sie belasten das Budget überdurchschnittlich“

Klug erinnerte daran, dass die SPÖ immer gegen die Eurofighter gewesen sei. „Jetzt sind sie da. Sie belasten das Budget des österreichischen Bundesheeres überdurchschnittlich, aber sie sind Teil der österreichischen Luftraumüberwachung.“ Sollten sich wie auch immer geartete „Möglichkeiten“ bieten, werde er „das beste Ergebnis für die Republik herausholen“, wiederholte Klug mehrmals, ohne die „Möglichkeiten“ zu präzisieren.

Das Ministerium reagierte in seiner Aussendung auch auf Kritik, dass Klug nicht ausreichend über den Fertigungsmangel informiert gewesen sei. Sogenannte Service-Bulletins der Industrie seien zahlreich und Routine. Nur bei kritischen Problemen werde das Überwachungsgeschwader in Zeltweg informiert, danach erfolge „je nach Dringlichkeit bzw. Schwere des Problems die Information an militärische Entscheidungsträger und in weiterer Folge an den Bundesminister“. Im Fall der Bohrlöcher würden „von der Industrie weitere Untersuchungen vorgenommen“.

Probleme „erst in 15 Jahren“

Alle 15 österreichischen Eurofighter sind von den erst jüngst in Deutschland festgestellten Konstruktionsschwächen betroffen, gab das Verteidigungsministerium Mittwochvormittag bekannt. Der Mangel hat zur Folge, dass die Haltbarkeit eines Bauteiles am Rumpfhinterteil der Tranche-1-Flugzeuge von 6.000 auf 2.000 Flugstunden reduziert wurde. Das Verteidigungsministerium sieht das nicht als Problem und begründet das auch in ihrer Aussendung.

Wörtlich heißt es darin: „Der Mangel würde nach derzeitigem Wissensstand, in zeitlicher Hinsicht und unter Beibehaltung der derzeitigen Flugstunden erst in 15 Jahren zu Folgen am Flugzeug führen.“ Rein rechnerisch - da nie alle Flugzeuge im Einsatz sind - bedeutet das, dass ein Eurofighter laut aktueller Planung im Monat nicht mehr als elf Stunden in Betrieb ist. Ob der Mangel an den Jets Auswirkungen rechtlicher Natur hat, steht noch nicht fest. Aus dem Verteidigungsministerium hieß es auf Anfrage, man prüfe alle rechtlichen Schritte.

Pilz sieht wieder Chance für Ausstieg

Der grüne Sicherheitssprecher Pilz sieht angesichts der bekanntgewordenen Konstruktionsschwächen wieder die Chance für einen Ausstieg aus dem Vertrag. Klug solle nun zumindest die Stilllegung der 15 Kampfflugzeuge verkünden, hatte Pilz am Mittwoch bei einer Pressekonferenz gefordert. Sonst drohten parlamentarische Konsequenzen.

„Es ist jetzt aus mit den Eurofightern, und das soll die Politik endlich einmal zur Kenntnis nehmen“, so Pilz. Die Flugzeuge seien de facto ohnehin nicht betriebsfähig und würden mit den neuesten Erkenntnissen „ein großes technisches Risiko“ darstellen. Die Auswirkungen sind laut Pilz „noch nicht absehbar“. Empört ist Pilz zudem darüber, dass - im Gegensatz zu Deutschland - die heimischen Abgeordneten erst via Medien über die Mängel erfahren mussten. Sollte Klug nicht bald reagieren, droht Pilz mit Konsequenzen. Er will nicht nur den Nationalrat mit der Causa beschäftigen, sondern überlegt auch, den Nationalen Sicherheitsrat einzuberufen.

Berlin: Ministerium informierte Parlament

Die deutsche Regierung hatte bereits am Dienstagabend versichert, dass der Produktionsfehler keine Auswirkungen auf die aktuelle Flugsicherheit habe. Der Einsatzbetrieb der Kampfflugzeuge sei „weiterhin sichergestellt“. Die „freigegebene Lebensdauer“ wurde bei den deutschen Kampfjets indes um die Hälfte reduziert. Bis diese erreicht ist, sollte die Industrie die Probleme bereits behoben haben, hofft man im deutschen Verteidigungsressort. Wegen des Mangels habe die Bundeswehr die Abnahme von neuen Eurofighter-Jets gestoppt, hieß es in dem Bericht am Mittwoch unter Berufung auf ein Schreiben von Verteidigungsstaatssekretär Ralf Brauksiepe an den Haushaltsausschuss.

Von den 109 Eurofightern der deutschen Bundeswehr können derzeit nur 42 eingesetzt werden. Die gravierenden Ausrüstungsmängel und Pannen in der Bundeswehr haben heftige Debatten ausgelöst und belasten die schwarz-rote Regierungskoalition.

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