Wird EZB zur „Bad Bank“ Europas?
Im Kampf gegen die niedrige Inflation und die Konjunkturschwäche im Euro-Raum seien weitere Schritte nötig, erklärte Notenbank-Präsident Mario Draghi am Donnerstag bei der EZB-Sitzung im italienischen Neapel. Mit einem Wertpapier-Ankaufprogramm von bis zu einer Billion Euro sollen Banken entlastet werden. Doch die Maßnahme ist nicht ganz unumstritten.
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Die Europäische Zentralbank (EZB) will Kreditverbriefungen (Asset Backed Securities, ABS) und Pfandbriefe kaufen. Mit ABS-Papieren können Banken Kreditrisiken bündeln, aus der Bilanz auslagern und auf dem Markt damit handeln. Idealerweise haben sie dann mehr Mittel frei, um neue Darlehen zu vergeben. Die ABS sollen auf dem Primär- und auf dem Sekundärmarkt gekauft werden, sagte Draghi. Das Programm soll Mitte Oktober starten.
Widerstand gegen Ankaufprogramm
Seit der weltweiten Finanzkrise sind die ABS-Papiere jedoch in Verruf geraten, weil sie entscheidend zur Eskalation der amerikanischen Hypothekenkrise beigetragen haben. Die EZB hält entgegen, dass europäische ABS viel seltener ausgefallen seien als US-Papiere. ABS-Papiere sind in verschiedene Tranchen mit unterschiedlichem Ausfallrisiko aufgeteilt.

APA/EPA/Ciro De Luca
Weidmann stemmte sich gegen EZB-Programm
Aber auch innerhalb des EZB-Rates gibt es augenscheinlich unterschiedliche Auffassungen. Dem Vernehmen nach soll es zu den ABS zwei Gegenstimmen gegeben haben, war aus Finanzkreisen zu erfahren. Dabei soll es sich um den deutschen Bundesbank-Präsidenten Jens Weidmann und den Chef der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), Ewald Nowotny, gehandelt haben. Weidmann hatte bereits im Vorfeld gefordert, „wenn überhaupt, dann risikoarme Papiere“ aufzukaufen.
Ifo-Präsident: EZB wird zur „Bad Bank“
Massive Kritik am Kurs der EZB kommt auch vom deutschen ifo-Präsidenten Hans-Werner Sinn. Die EZB werde damit vollends zur „Bad Bank“ Europas, so Sinn. „Die EZB will offenbar auch Schrott kaufen und erhöht auf diese Weise die Belastung für die Steuerzahler, wenn es Ausfälle gibt, denn sie müssen für die reduzierten Gewinnausschüttungen der EZB aufkommen.“ Er rief die deutsche Bundesregierung zu einem aktiven Einschreiten gegen diese Pläne auf.
Diese Käufe seien nicht gedeckt durch das Mandat der EZB, da es sich dabei um eine fiskalische und keine geldpolitische Maßnahme handele, mit der Finanzsysteme nahezu bankrotter Länder gestützt werden sollten. „Auch Griechenland und Zypern wird geholfen, obwohl die Ratingagenturen die Staaten nicht mehr als investitionswürdig einstufen“, kritisierte der ifo-Chef.
EZB kauft auch Ramschanleihen
Gleichzeitig hält sich die EZB angesichts der sehr niedrigen Inflation in der Euro-Zone den Kauf von Staatsanleihen offen. Die Inflationsrate war im September auf das Fünfjahrestief von 0,3 Prozent gefallen. Vor der EZB-Ratssitzung waren Presseberichte aufgetaucht, wonach dabei auch der Kauf von Ramschpapieren aus Griechenland und Zypern ermöglicht werden solle. Nach der Sitzung bestätigte Draghi, auch Wertpapiere aus Ländern mit einem Rating unterhalb von „BBB-“ - also mit Ramschstatus - aufkaufen zu wollen.
Mit entsprechenden Käufen hatten bereits die Notenbanken der USA, Japans und Großbritanniens ihre Wirtschaft nach der Finanzkrise aus der Talsohle geführt. Auf breiter Front fallende Preise gelten als besonders gefährlich, weil eine solche Deflation die Konjunktur auf Dauer abwürgen kann. Denn Verbraucher schränken dann in Erwartung immer weiter fallender Preise ihren Konsum ein - und Unternehmen schieben Investitionen auf die lange Bank.
Leitzins bleibt auf Rekordtief
Gleichzeitig bleibt der Leitzins nach der überraschenden Zinssenkung von 0,15 auf 0,05 Prozent im September nun zunächst auf diesem Rekordtief. In der September-Sitzung hatte sich der EZB-Rat zudem auf einen höheren Strafzins von 0,2 Prozent für bei der Notenbank geparktes Geld verständigt. Das soll Banken dazu bringen, mehr Kredite an Unternehmen und Verbraucher auszureichen und so die Wirtschaft anzukurbeln.
Tagung von Krawallen begleitet
Der EZB-Rat tagt turnusgemäß zweimal jährlich außerhalb Frankfurts, diesmal fand die Tagung in Neapel statt. Begleitet wurde sie von Krawallen. „Wir begreifen die Motive der Demonstranten, doch die Vorwürfe gegen die EZB sind nicht gerechtfertigt. Die Probleme der Wirtschaft hängen nicht von der Währungspolitik ab“, sagte Draghi in Richtung der Demonstranten.
In Neapel ist es am Donnerstag am Rande der Ratssitzung zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei gekommen. Einige der vermummten Demonstranten warfen Feuerwerkskörper und Rauchbomben. Die Polizei setzte Tränengas und einen Wasserwerfer ein. „Befreit uns von der EZB“, hieß es auf einem Spruchband der Demonstranten.
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