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Auf britischer Autobahn gestoppt

In Europa hat es nach Warnungen vor Anschlägen durch Islamisten mehrere Verhaftungen gegeben. Die britische Polizei nahm am Freitag zwei weitere Männer unter Terrorverdacht fest, und die spanische Regierung gab die Festnahme von neun mutmaßlichen Mitgliedern einer Gruppe mit Verbindungen zur Terrormiliz Islamischer Staat (IS) bekannt.

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Eine britische Spezialeinheit zur Terrorbekämpfung stoppte Freitagfrüh einen 33-Jährigen und einen 42-Jährigen auf der Autobahn M6, wie Scotland Yard mitteilte. Der Jüngere soll unter anderem Mitglied einer verbotenen Organisation sein, dem älteren Mann wird Beihilfe vorgeworfen. Im Rahmen einer Razzia gegen islamistischen Terrorismus waren bereits am Vortag in London neun Männer festgenommen worden.

Die Männer im Alter zwischen 22 und 51 Jahren sollen einer verbotenen Organisation angehören oder zu Terrorakten angestiftet haben, wie Scotland Yard mitteilte. Die Verdächtigen wurden am Donnerstag bei einer Razzia mit insgesamt 19 Hausdurchsuchungen festgenommen. Laut Polizei bestand aber keine unmittelbare Gefahr für die Bevölkerung.

Spanien: In Exklave Melilla tätig

Die in Spanien verhaftete Gruppe sei in der Exklave Melilla und der benachbarten marokkanischen Stadt Nador aktiv gewesen, teilte das Innenministerium in der Hauptstadt Madrid mit. Demnach erfolgten die Festnahmen in Zusammenarbeit zwischen der spanischen und marokkanischen Polizei.

Zu Zeit und Ort der Festnahmen wurden keine Angaben gemacht. Schätzungen zufolge kämpfen derzeit etwa 1.500 bis 2.000 marokkanische Dschihadisten im Verbund mit dem IS und anderen Gruppen in Syrien und im Irak. Die Regierung in Marokko fürchtet ebenso wie viele europäische Staaten, dass Rückkehrer in ihren Heimatländern Anschläge verüben könnten.

Syrien-Heimkehrer in Deutschland verhaftet

Die deutsche Polizei nahm in Nordrhein-Westfalen einen 21-Jährigen Syrien-Heimkehrer fest. Dem jungen Mann wird die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat vorgeworfen. Er habe eingeräumt, sich beim IS in Syrien aufgehalten zu haben, teilten Polizei und Staatsanwaltschaft am Freitag mit. „Es bestand aber keine unmittelbare Gefahr für die Bevölkerung“, sagte ein Polizeisprecher.

Der junge Mann war nach Angaben der Polizei Ende August von einem mehrwöchigen Aufenthalt in Syrien zurückgekehrt. Eine Durchsuchung seiner Wohnung in Mülheim/Ruhr, bei der Dateien gefunden worden seien, habe den Verdacht erhärtet, so die Polizei.

Belgische Polizisten nahmen am Donnerstag auf dem Flughafen von Charleroi bei Brüssel einen 24 Jahre alten Syrer unter dem Verdacht der Mitgliedschaft in einer dschihadistischen Terrorvereinigung fest. Anfang August war auf dem belgischen Flughafen bereits ein anderer Syrer ebenfalls auf dem Weg von Griechenland nach Skandinavien gefasst worden.

Rund 3.000 Kämpfer aus EU-Ländern

Die Zahl der EU-Bürger, die in Syrien und im Irak aufseiten der militanten Islamisten kämpfen oder gekämpft haben, ist auf 3.000 gestiegen. Das sagte der Anti-Terror-Koordinator der EU, Gilles de Kerchove, am Freitag dem britischen Sender BBC. Anfang des Jahres sei man noch von 2.000 europäischen Dschihadisten ausgegangen.

In der Zahl 3.000 seien auch jene enthalten, die im Kampf getötet worden oder nach Europa zurückgekehrt seien, sagte De Kerchove. Nach seiner Einschätzung erhöhen Luftschläge der USA und deren Verbündeten die Gefahr von islamistischen Angriffen auf europäische Ziele. Außerdem könnten sich rivalisierende Terrorgruppen zu neuen Verbrechen veranlasst sehen: „Der Aufstieg des IS könnte Al-Kaida veranlassen, etwas zu unternehmen, um zu zeigen, dass sie nach wie vor von Bedeutung ist.“

Angst vor Anschlägen wächst

Die Allianz gegen die IS-Terrormiliz wird laufend breiter. Mehr als 40 Länder beteiligen sich laut US-Präsident Barack Obama mittlerweile am Kampf gegen IS. Zugleich wächst in der Allianz allerdings die Angst vor terroristischen Anschlägen.

Die jüngste Warnung kam am Donnerstag von der irakischen Regierung. Ministerpräsident Haider al-Abadi sagte am Donnerstag vor US-Journalisten, er habe am Vormittag Geheimdienstinformationen über mögliche U-Bahn-Anschläge in Paris und den USA erhalten. Die Anschläge würden aus dem Irak heraus geplant. Die Angaben stammten von IS-Vertretern, die in Bagdad festgenommen worden seien, so Abadi.

„Nehmen jede Bedrohung ernst“

Washington konnte die Meldung zunächst nicht bestätigen. „Wir haben keine Informationen über ein solches Komplott und möchten erst einmal alle Informationen von unseren irakischen Partnern prüfen, bevor wir uns dazu äußern“, hieß es vom Weißen Haus. „Wir nehmen aber jede Bedrohung ernst und prüfen derzeit die Informationen von unseren Verbündeten.“

New Yorker Polizisten kontrollieren in einer U-Bahn-Station die Tasche einer Frau

APA/EPA/Peter Foley

Auch ohne bestätigte Warnung: Kontrollen in New Yorks Grand Central Station

Die USA selbst hatten zuvor ihre Bürger in der Türkei vor Anschlägen und Übergriffen gewarnt. Angesichts der Militäraktionen gegen die IS-Extremisten in Syrien sei die Gefahr terroristischer Anschläge hoch, erklärte die US-Botschaft in Ankara am Donnerstag.

Frankreich trifft Vorkehrungen gegen „Terrorgefahr“

Auch aus französischen Sicherheitskreisen verlautete, dass der Regierung in Paris keine Erkenntnisse vorlägen, die die Behauptung des irakischen Premiers untermauerten. Frankreich hatte aber bereits zuvor angekündigt, seine Sicherheitsmaßnahmen im Inland zu verstärken. Die Vorkehrungen gegen eine „Terrorgefahr“ würden an öffentlichen Orten und in Verkehrsmitteln erhöht, teilte das Präsidialamt nach einer Sitzung des Verteidigungskabinetts in Paris mit.

Frankreichs Staatschef Francois Hollande hatte das Kabinett nach der Ermordung des in Algerien entführten Franzosen Herve Gourdel einberufen. Islamisten mit Verbindungen zum IS hatten den Bergführer am Sonntag in der algerischen Bergregion Kabylei verschleppt. Die Entführer stellten Paris ein Ultimatum von 24 Stunden, um die Luftangriffe auf IS im Irak zu beenden. Nach Verstreichen des Ultimatums veröffentlichten die Islamisten am Mittwoch ein Video, das die Enthauptung des 55-Jährigen zeigt.

Bereits zuvor hatte die Terrormiliz wegen der Luftangriffe dazu aufgerufen, wahllos Bürger jener Staaten zu töten, die sich an der internationalen Koalition gegen die Dschihadisten beteiligen. Insbesondere Franzosen wurden als Ziel genannt. Befürchtet werden daher Anschläge auf französische Staatsbürger im Ausland, aber auch in Frankreich selbst.

Niederländische Soldaten ohne Uniform

Als mögliches Terrorziel sehen sich auch die Niederlande. Am Mittwoch hatte die niederländische Regierung mitgeteilt, sie werde sechs Kampfjets für Angriffe auf IS-Stellungen im Irak in die Region entsenden. Am Donnerstag wurde nun bekannt, dass niederländische Soldaten in der Öffentlichkeit keine Uniform mehr tragen sollen. Die Militärangehörigen seien am Mittwochabend aufgerufen worden, öffentliche Verkehrsmittel in Zivilkleidung zu benutzen und sich erst an ihrer Arbeitsstelle umzuziehen, sagte eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums am Donnerstag der Nachrichtenagentur AFP.

Australiens Polizei erschoss Verdächtigen

Im australischen Melbourne erschossen Polizisten am Dienstag einen jungen Mann, der zuvor zwei Polizeibeamte niedergestochen und schwer verletzt hatte. Laut Medienberichten schwenkte er eine IS-Fahne. Laut ABC handelte es sich bei dem Toten um einen 18-Jährigen, der „unter Beobachtung“ gestanden war und als „Person von besonderem polizeilichen Interesse“ („person of interest“) und als terrorverdächtig gegolten hatte. Ihm sei kürzlich sein Reisepass entzogen worden. Zu dem Vorfall sei es gekommen, als der Mann am Dienstagabend auf eine Polizeiwache gebracht worden sei.

Erst vor einer Woche waren bei der bisher größten Anti-Terror-Razzia auf australischem Boden 15 Menschen aufgegriffen worden. Bereits seit 12. September gilt in Australien erhöhte Terrorgefahr. Die Behörden machten damals zunächst keine Angaben über spezifische Bedrohungen. Nach der Großrazzia in der vergangenen Woche kam dann ans Licht, dass IS-Anhänger in Australien offenbar telefonisch die Anweisung erhalten hatten, Passanten zu entführen und zu enthaupten. Die Videos sollten nach dem Muster ähnlicher Verbrechen in Syrien im Internet hochgeladen werden.

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