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„Alte Stereotypen überholen sich“

Finnland fördert seinen Kulturexport stark. Nicht nur im Moment im Bereich Literatur, um finnische Literatur in Übersetzungen außerhalb des Landes bekannt zu machen. Dass die Wahrnehmung eines Landes maßgeblich über kulturelle Aktivitäten stattfindet, belegt auch die aktuelle finnische Musikexport-Förderung. War man bisher Vorzeigeland bei klassischer Musik und Heavy Metal, versucht das finnische Musikexport-Office einen neuen Imagetransfer.

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Am Rande des Hamburger Reeperbahn Festivals erläuterte der Chef von Music Finland, Tuomo Tähtinen, welche Ausrichtung Musikexportförderung hat - und welchen Modellen man dabei gefolgt ist.

ORF.at: Was war die Idee für das finnische Musikexport-Projekt?

Tuomo Tähtinen: Wir haben vor circa zehn Jahren angefangen, und zuerst war es ein Verbund von Plattenfirmen - und später haben wir einen offiziellen Förderverbund ins Leben gerufen. Zu der Zeit haben Export-Offices in Norwegen und Schweden operiert, aber am meisten haben wir uns an den Norwegern orientiert.

Tuomo Tähtinen

musicfinland.com

Tuomo Tähtinen und die Frage: Wie fördert man im digitalen Zeitalter Musik in einem Land, das seine Klassik liebt und als Heavy-Metalhochburg gilt?

ORF.at: Welche Ziele hat die Musikförderung in Ihrem Land?

Tähtinen: Wir haben zwei Ziele. Wir haben eine wirtschaftliche Rolle, um der finnischen Musikindustrie im Ausland zu helfen. Auf der anderen Seite haben wir eine kulturelle Rolle, finnische Kulturwerke außerhalb von Finnlands bekannt zu machen, ein Bewusstsein zu schaffen, dass das Werke sind, die aus Finnland kommen.

ORF.at: Hilft es, dass es in Europa gerade einen Hype zur nordischen Musik gibt?

Tähtinen: Ja, das hilft schon, und wir kooperieren mit anderen Ländern aus dem nordischen Bereich, etwa mit den nordischen Clublines, die wir in verschiedenen Städten etablieren. In manchen Ländern hilft es, unsere Musik als Teil der nordischen Musik zu präsentieren. Und natürlich gibt es wirtschaftliche Überlegungen, etwa Kosten zu minimieren: und da hilft Kooperation.

ORF.at: Braucht es heute Exportinitiativen, weil im digitalen Zeitalter die ökonomische Basis für die Verbreitung populärer Musik teilweise sehr dünn geworden ist.

Tähtinen: Ich würde sagen, es ist manches schwieriger geworden. Auf der anderen Seite gibt das digitale Zeitalter die Chance, viel leichter eine große Varietät an Musik aus verschiedenen Ländern wahrzunehmen. Und da versuchen wir, unserer Industrie in einer gesunden Weise unter die Arme zu greifen. Und Exportinitiativen wird es immer geben.

ORF.at: Welches Image hat finnische Musik Ihrer Meinung nach im Ausland - etwa in Mitteleuropa?

Tähtinen (lacht): Das wissen Sie vielleicht besser. Ich bin zurückhaltend. Mittlerweile haben wir so viele verschiedene Gruppen und Subkulturen, mit denen wir kommunizieren. Bisher haben wir das Image von der härteren Musik und dem Klassikfokus. Doch dieses Image löst sich auf. Und diese Stereotypen überholen sich.

ORF.at: Promoten Sie Musik in Finnisch?

Tähtinen: Ja, wir haben auch das gemacht. Aber wir haben viele Künstler, die sich international orientieren. Wir wollen nicht so sehr mit der Finnland-Fahne winken. Der Musikfan will gute Musik, unabhängig davon, wo sie herkommt.

ORF.at: Aber ist es nicht bei Ihren Nachbarn, etwa Schweden, eine große Frage, dass es eben auch aus Schweden ist? Und man stolz ist.

Tähtinen: Ja, klar. Das ist schon gut, wenn man auch wahrnimmt: Aha, das ist eine Band aus Turku, interessant. Aber es ist nicht unsere Aufgabe, auf Finnishness zu setzen. Aber Musik ist definitiv der beste Promoter für die Identität eines Landes. Aber das sollte immer auch zur Identität eines Künstlers passen.

ORF.at: Wenn wir in die Geschichte schauen, war aber Musik ein entscheidender Punkt, um die Identität eines unabhängig werdenden Landes zu formen, wenn man an Sibelius denkt. Formt die Musik also so was wie ein nationales Gedächtnis?

Tähtinen: Ja, die finnische Nationalromantik ist natürlich eng mit der Musik verbunden. Und Sibelius ist eine sehr positive nationale Figur für uns in diesem Zusammenhang.

Das Gespräch führte Gerald Heidegger, ORF.at

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