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Auf Druck von Berlin

Heimische Telekomkunden haben eine Runde Gebührenerhöhungen gerade hinter oder kurz vor sich, doch geht es nach EU-Plänen, könnte es noch ärger kommen. Denn Brüssel will großen Telekomanbietern offenbar entgegenkommen: Laut Informationen aus der EU-Kommission sollen bestimmte Preisgrenzen von den nationalen Regulierungsbehörden eigenständig aufgehoben werden können.

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Dabei geht es um die Preise, die führende Sprachdienstanbieter von kleineren Konkurrenten für den Netzzugang verlangen dürfen. Daneben schlug die italienische EU-Ratspräsidentschaft vor, die Abschaffung der Roaminggebühren für Handygespräche in andere EU-Staaten zu verschieben. Ein Sprecher der Deutschen Telekom begrüßte beide Schritte.

Kommt die offenbar vereinbarte Deregulierung bei den Netzentgelten, würde das vor allem die großen Telekommunikationsanbieter stärken - und in Deutschland auf Zustimmung der Regierung treffen. Kanzlerin Angela Merkel hat in den vergangenen Tagen mehrfach gefordert, dass das EU-Wettbewerbsrecht in diesem IT- und Kommunikationsbereich geändert werden müsse. Auch auf dem sehr zersplitterten EU-Binnenmarkt in diesem Sektor müssten Weltmarktführer entstehen können.

Wachsende Konkurrenz aus USA und China

Merkel hatte zudem die künftige Bündelung der digitalen Kompetenzen in der EU-Kommission in der Hand des deutschen EU-Kommissars Günther Oettinger begrüßt. Künftig könne so nicht nur auf Verbraucherrechte, sondern auch auf die Investitionsfähigkeit der Unternehmen geachtet werden. Hintergrund ist die Warnung, dass Europa im Wettlauf um IT-Technologien immer weiter hinter die USA und China zurückfällt.

Preisgrenzen einfacher anhebbar

In Brüssel hieß es, die EU-Mitgliedstaaten hätten sich darauf verständigt, künftig die Anhebung von Preisgrenzen ohne den Nachweis, dass der jeweilige Markt nicht von einem einzigen Unternehmen beherrscht wird, zu ermöglichen. Die neuen Vorschriften könnten bis Mitte Oktober formell beschlossen werden. Für die Deregulierung hatten sich insbesondere große Konzerne wie die Deutsche Telekom starkgemacht, die die Pläne demgemäß als Schritt in die richtige Richtung bezeichnete.

Angesichts von Internetdiensten wie Skype und WhatsApp argumentieren die Befürworter einer Deregulierung, dass ausreichend Alternativen vorhanden seien. Kleinere Unternehmen befürchten dagegen, für den Netzzugang höhere Preise zahlen zu müssen. Auch die Kunden müssten mehr bezahlen.

Kein Datum für Aus von Roaminggebühren?

Den Telekommunikationsanbietern kommt auch ein Entwurf der derzeitigen italienischen EU-Ratspräsidentschaft zur Reform der Roaminggebühren entgegen. Darin wird kein Datum für die Abschaffung der Gebühren für grenzüberschreitenden Telefonate mit Mobiltelefonen mehr genannt. Das EU-Parlament hatte als Zieldatum noch den 15. Dezember 2015 gefordert, die EU-Kommission hatte 2016 ins Auge gefasst.

In dem Entwurf, der noch geändert werden kann, heißt es nun, dass über mögliche Übergangsphasen gesprochen werden müsse, weil es sich um eine wichtige politische Frage handle. Die Roaming-Gebühren sind von der EU-Kommission seit 2007 schrittweise reduziert worden. Letztlich soll mit Hinweis auf den Binnenmarkt das Telefonieren in und zwischen allen EU-Staaten mit Inlandstarifen gleichgestellt werden. Die Firmen argumentieren, dass der Wegfall dieser Einnahmequelle ihre Fähigkeit verringert, in neue Technologien zu investieren.

A1: „Begrüßen investitionsfreundliche Politik“

In Österreich hatte der Platzhirsch A1 bereits im letzten Herbst den Reigen der Gebührenerhöhungen eröffnet. Auch T-Mobile und „3“ (das Orange schluckte) erhöhen derzeit ihre Gebühren. Die Bundeswettbewerbshörde (BWB) untersucht daher derzeit die gesamte Branche und geht dem Verdacht nach, dass die Erhöhungen in Zusammenhang mit der Marktbereinigung stehen. Zur aktuellen Debatte hieß es seitens A1: „Konkrete Pläne kennen wir nicht, aber grundsätzlich begrüßen wir eine investitionsfreundliche Politik und entsprechende Rahmenbedingungen.“

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