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Wahlschlappe für Wallner

Die absolute Mehrheit der ÖVP im Vorarlberger Landtag ist Geschichte. Die Partei von Landeshauptmann Markus Wallner muss laut dem vorläufigen amtlichen Endergebnis eine schwere Wahlschlappe hinnehmen. Die Grünen legten demnach zu, NEOS schaffte den Einzug in den Landtag klar, überholte die SPÖ auf Platz vier aber nicht. Die FPÖ blieb trotz leichter Verluste auf Platz zwei.

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Die ÖVP verlor neun Prozentpunkte und sackte auf 41,8 Prozent ab. Es ist das im Land historisch schlechteste Ergebnis der Volkspartei. Die größte Oppositionspartei FPÖ mit Spitzenkandidat Dieter Egger verlor 1,7 Prozentpunkte und erzielte 23,5 Prozent. Als Wahlsieger entpuppten sich die Grünen mit Johannes Rauch. Sie gewannen 6,5 Prozentpunkte dazu und erzielten 17,1 Prozent.

Die SPÖ mit Michael Ritsch rutschte deutlich unter die Zehnprozentmarke: Mit einem Verlust von 1,2 Prozentpunkten endete der Wahlsonntag für sie mit einem vorläufigen Ergebnis von 8,8 Prozent. Das erstmals angetretene NEOS mit Sabine Scheffknecht erreichte 6,9 Prozent und schaffte damit zwar klar den Einzug in den Landtag, lag aber weit hinter den Ergebnissen der Nationalratswahl 2013 mit knapp 13 Prozent in Vorarlberg und der EU-Wahl im Frühjahr mit knapp 15 Prozent.

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SORA/ORF

Die letzte Hochrechnung inklusive Wahlkartenprognose weicht minimal vom vorläufigen Endergebnis ab, welches die am Sonntag in den Wahllokalen abgegebenen Wahlkarten noch nicht enthält. Sie bildet das Endergebnis damit präziser ab. Eine Mandatsverschiebung ist laut SORA unwahrscheinlich.

Wahlbeteiligung niedriger als 2009

Die vier ganz kleinen Parteien, also Männerpartei (Hannes Hausbichler), Piraten (Friedrich Gsellmann), Christenpartei (Erwin Dünser) und Wir - Plattform für Familien (Christoph Alton), schafften den Einzug in den Landtag nicht. 267.104 Vorarlberger waren am Sonntag dazu aufgerufen, über die Zusammensetzung des 36-sitzigen Landtags zu entscheiden. Die Wahlbeteiligung lag mit 63,8 Prozent niedriger als 2009 mit 68,4 Prozent.

Suche nach Koalitionspartner

Die ÖVP ist in Zukunft nur noch mit 16 Mandaten (minus vier Mandate) im Landtag vertreten. Die FPÖ bleibt wie schon bisher bei ihren neun Mandaten. Die Grünen gewinnen nach dem bisherigen Ergebnis zwei zusätzliche Sitze dazu und halten bei sechs Mandaten. Die SPÖ behält ihre Mandatsstärke von drei Sitzen, NEOS verpasste mit zwei Mandaten die Klubstärke (mindestens drei Mandate).

TV-Hinweis

ORF2 berichtet in der ZIB um 19.30 Uhr und in einer ZIB spezial um 21.50 Uhr ausführlich über den Wahltag. Um 22.10 Uhr diskutieren „im ZENTRUM“ Experten die möglichen Auswirkungen der Landtagswahl auf die Bundespolitik.

Nach dem Verlust der absoluten Mehrheit muss sich die ÖVP jetzt einen Koalitionspartner suchen. Rechnerisch würden FPÖ beziehungsweise Grüne der ÖVP eine deutliche gemeinsame Mehrheit bringen. Gegen eine ÖVP-FPÖ-Koalition - die es von 1949 bis 2009 gab - spricht, dass Egger sich nicht dafür entschuldigte, im Wahlkampf 2009 den Direktor des Jüdischen Museums Hohenems, Hanno Loewy als „Exiljuden aus Amerika“ bezeichnet zu haben, und die ÖVP unter dem damaligen Landeshauptmann Herbert Sausgruber deshalb die Zusammenarbeit beendet hatte.

Knackpunkt für ein Zusammengehen mit den Grünen könnte für die ÖVP die Haltung der Grünen zu zwei großen Verkehrsprojekten im Land sein - der Tunnelspinne in Feldkirch und der Autobahnverbindung im unteren Rheintal. Beide Projekte werden seit Jahren öffentlich diskutiert, mit den favorisierten Lösungen sind die Grünen aber nicht zufrieden.

Ergebnis für ÖVP „respektabel“

Mit wem die ÖVP nun koalieren wird, ließ Wallner am Sonntag offen. Gesprochen werde in der Reihenfolge der Parteienstärke, also zunächst mit den Freiheitlichen. Allerdings machte Wallner auch klar, dass die Zugewinne der Grünen ein Signal des Wählers gewesen sein könnten: „Übersehen kann man das nicht“, sagte er zum Grünen-Plus, das er für eine „reife Leistung“ hält. Das Ergebnis seiner eigenen Partei bezeichnete Wallner als „brauchbar“, ohne jedoch die Einbußen der ÖVP schönzureden: „Ein Verlust bleibt ein Verlust.“

Der neue Bundes-ÖVP-Obmann Reinhold Mitterlehner bezeichnete das Abschneiden seiner Partei als „respektables Ergebnis in einem herausfordernden Umfeld“. Der Verlust der Absoluten sei „natürlich unerfreulich“, räumte er ein, doch solche Mehrheiten seien selten geworden und die ÖVP immer noch deutliche Nummer eins. Koalitionswünsche richtete Mitterlehner seinem Vorarlberger Kollegen Wallner nicht aus.

FPÖ „sehr zufrieden“

Aus der Sicht Eggers hat sich in der Koalitionsfrage durch den Erfolg der Grünen nichts geändert. Die bürgerlichen Parteien, unter denen er ÖVP und FPÖ versteht, verfügten immer noch über einen Zuspruch von mehr als zwei Dritteln. Dieses Signal müsse man ernst nehmen. Trotz leichter Einbußen sei er „sehr zufrieden“. Als respektabel bezeichnete FPÖ-Bundesparteiobmann Heinz-Christian Strache das FPÖ-Ergebnis. Das wichtigste Wahlziel, die absolute Mehrheit der ÖVP zu brechen, sei erreicht worden.

Grüne wollen mitregieren

Rauch interpretierte den Wahlerfolg seiner Grünen dagegen als „klaren Auftrag“ für Schwarz-Grün. Das Plus seiner Partei sah er als „sensationelles Ergebnis“ an einem „großartigen Tag“ für die Grünen: „Eigentlich bin ich sprachlos, und das ist bei mir selten der Fall.“ Auch die Bundessprecherin der Grünen, Eva Glawischnig, sprach sich für die Bildung einer schwarz-grünen Koalition aus.

SPÖ „nicht“, NEOS „sehr“ zufrieden

„Es ist nicht schön, wenn die Sozialdemokratie einstellig wird“, reagierte SPÖ-Landeschef Ritsch auf die Verluste seiner Partei. Zumindest habe man aber die drei Mandate gehalten. "Wir sind nicht zufrieden. „Ein Minus ist immer unangenehm“, so kommentierte Bundes-SPÖ-Chef Werner Faymann das Abschneiden seiner Partei, sprach aber seinem Landesparteichef Ritsch das Vertrauen aus: „Ich stehe zu ihm.“

NEOS-Spitzenkandidatin Scheffknecht zeigte sich trotz des verpassten Klubstatus „sehr zufrieden“. Bundesparteichef Matthias Strolz hält es für „eigentlich epochal“, dass erstmals seit 30 Jahren eine neue Kraft in den Landtag einzieht.

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