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Neue Berechnungsmethode

Bis zu 12,3 Mrd. Menschen könnten 2100 auf der Erde leben, ergeben jüngste Berechnungen einer internationalen Forschergruppe. Vor allem die anhaltend hohen Geburtenraten in Afrika lassen die Weltbevölkerung weiter wachsen. Ein Stillstand ist damit vorerst nicht in Sicht.

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Die Weltbevölkerung werde mit 80-prozentiger Wahrscheinlichkeit von heute 7,2 Milliarden Menschen auf 9,6 bis 12,3 Milliarden im Jahr 2100 wachsen, schreibt eine internationale Forschergruppe um Patrick Gerland von den Vereinten Nationen im Fachjournal „Science“. Laut ihren Berechnungen leben am Ende des Jahrhunderts zu 95 Prozent mindestens neun Milliarden Menschen auf der Erde.

Die Forscher werteten für die Schätzung UNO-Zahlen aus und unterzogen die UNO-Berechnungen neueren Methoden der Wahrscheinlichkeitsrechnung. Außerdem bezogen sie jüngere Daten zur Immunschwächekrankheit Aids im südlichen Afrika ein. Auf diese Weise werde die Prognose genauer, schreiben die Forscher, die damit Annahmen, dass das Wachstum der Weltbevölkerung in diesem Jahrhundert seinen Höchststand erreicht, eine deutliche Absage erteilen.

Besonders starkes Wachstum in Afrika

Während in Asien bereits Mitte dieses Jahrhunderts ein Höchststand erreicht sein wird, soll sich in Afrika die Bevölkerungszahl von heute rund einer Milliarde Menschen bis 2100 mehr als vervierfachen. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 95 Prozent sollen dann zwischen 3,1 und 5,7 Milliarden Menschen in Afrika leben. Den Hauptgrund für diesen starken Anstieg sehen die Forscher vor allem in der hohen Geburtenrate.

Zwar sei in Afrika die Geburtenrate bereits auf 4,6 Kinder pro Frau gesunken. Auf anderen Kontinenten sei der Rückgang aber viel schneller gewesen, wie die Wissenschaftler schreiben. In manchen afrikanischen Ländern falle die Geburtenrate zudem gar nicht mehr. Deshalb seien mehr Bildung für Frauen und mehr Verhütungsmittel nötig. Vor allem in Nigeria soll laut der aktuellen Prognose der Forscher die Bevölkerungszahlen extrem steigen. Mit 90 Prozent Wahrscheinlichkeit sollen dort 2100 über 500 Millionen Menschen leben, das wäre eine Verdreifachung. Asien soll laut den Prognosen weiterhin der bevölkerungsreichste Kontintent bleiben.

Immer mehr Pensionisten

Das Verhältnis von Beschäftigten zu Pensionisten verschiebt sich laut Gerland und seinen Kollegen in vielen Ländern in Richtung der Alten. Demnach finanzieren in Deutschland derzeit 2,9 Beschäftigte einen Pensionisten - 2100 sollen es nur noch 1,4 sein und damit weniger als derzeit in Japan (2,6). Noch stärkere Rückgänge erwarten die Statistiker für die USA (von 4,6 auf 1,9), China (von 7,8 auf 1,8), Brasilien (von 8,6 auf 1,5) und Indien (von 10,9 auf 2,3). In Nigeria soll die Quote von heute 15,8 auf 5,4 sinken.

Umwelt durch Wachstum gefährdet

Ihre Ergebnisse legen den Forschern zufolge einige wichtige Konsequenzen für die Politik nahe. „Schnelles Bevölkerungswachstum in Ländern mit hoher Geburtenrate kann eine Reihe von Herausforderungen hervorbringen“, schreiben sie. So sei die Umwelt gefährdet, die wirtschaftlichen Bedingungen für die arbeitende Bevölkerung könnten schlechter werden, und eine hohe Sterblichkeit von Müttern und Kindern sei wahrscheinlicher. Daneben bestehe die Gefahr aufkommender Unruhen und steigender Kriminalität.

Eine Änderung der Politik würde naturgemäß auch die Prognosen entsprechend beeinflussen, so die Forscher weiter. Zudem könne derzeit nicht abgeschätzt werden, inwieweit negative Auwirkungen des Bevölkerungswachstums auf die Umwelt nicht wiederum das Wachstum bremsen könnten, etwa durch nicht ausreichende Versorgung der Menschen, gesteigerte Todesraten und Migrationsbewegungen.

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