Wer welches Ressort bekommt
Der designierte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat am Mittwoch die Ressortvergabe seiner neuen EU-Kommission präsentiert. Der österreichische Vertreter in der EU-Kommission, Johannes Hahn (ÖVP), wird künftig den Bereich Nachbarschaftspolitik inklusive der Erweiterung betreuen.
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Damit erhält Hahn auch den Krisenherd Ukraine mit dem Russland-Konflikt übertragen, der von strategischer Bedeutung ist. Hahn wird auch Stellvertreter der designierten EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini. Die EU-Außenbeauftragte ist in Personalunion eine von sieben Vizepräsidenten der EU-Kommission und Vorsitzende der EU-Außenministerräte.
Hahn ist diesbezüglich noch vor dem Kroaten Neven Mimica gereiht, der in der nächsten EU-Kommission das Portfolio für internationale Zusammenarbeit und Entwicklung übernimmt. Mogherini könne einen der beiden EU-Kommissare bitten, ihre Stellvertretung zu übernehmen in Bereichen, die in die Kompetenz der EU-Kommission fallen.
Hahn: „Geehrt und begeistert“
Hahn selbst zeigte sich am Mittwoch in einer ersten Reaktion auf Twitter „geehrt und begeistert“ davon, dass ihn Juncker mit dem Portfolio für Nachbarschaftspolitik und Erweiterungsverhandlungen betraut habe. „Ich freue mich auf die Anhörung im EP (Europaparlament, Anm.)“, twitterte Hahn.

Reuters/Yves Herman
Juncker bei der Präsentation der Zuordnung der Ressorts
Die Bundesregierung zeigte sich nach der Nominierung Hahns als Kommissar für Nachbarschaftspolitik und Erweiterung am Mittwoch zufrieden. Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) sagte, dass der Aufgabenbereich „gut zu Österreich“ passe. Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) bezeichnete das neue Portfolio Hahns als „zentralen Punkt der Europapolitik“. Auch Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) sagte, dass Hahn mit seiner Arbeit einen „nachhaltigen Beitrag zur Entwicklung Europas“ leisten werde.
Vizepräsidenten als Koordinatoren
Der bisherige deutsche Energiekommissar Günther Oettinger soll in der neuen EU-Kommission für digitale Wirtschaft zuständig sein. Der frühere französische Finanzminister Pierre Moscovici übernimmt die Bereiche Wirtschaft, Währung und Steuern, teilte das Team Junckers am Mittwoch in Brüssel mit. Beiden Ressorts sind Vizepräsidenten übergeordnet - der Lette Valdis Dombrovskis (Euro) und der Finne Jyrki Katainen (Arbeit, Wachstum und Investitionen) für Wirtschaftsthemen, der Este Andrus Ansip für Digitales.
Wie das Team von Juncker am Mittwoch bekanntgab, soll Ansip den Themenkomplex in der Brüsseler Behörde koordinieren. Insgesamt gibt es sieben Vizepräsidenten - so viele wie bisher. Die Rolle der Vizepräsidenten wird allerdings verstärkt. Sie sollen als Koordinatoren große Projekte leiten, für die mehrere Kommissare zuständig sind - etwa das geplante Investitionsprogramm in Höhe von 300 Milliarden Euro, die angestrebte Energieunion und der Ausbau des Internets.
Timmermans als Erster Vizepräsident
Der bisherige niederländische Außenminister Frans Timmermans wird in der neu geschaffenen Funktion des Ersten Vizepräsidenten arbeiten und für eine bessere Regulierung auf EU-Ebene zuständig sein. Er soll nach Angaben der Kommission ressortübergreifend für eine effiziente EU-Gesetzgebung sorgen. Timmermans’ Aufgabe werde es sein, „gegen exzessive Bürokratie“ vorzugehen, so Juncker. Timmermans werde auch ein „Wachhund“ sein, der über die Einhaltung der EU-Grundrechtscharta und die Rechtsstaatlichkeit der Aktivitäten der Kommission wacht.
Malmström zuständig für Verhandlungen mit USA
Weitere Vizepräsidenten sind die Slowenin Alenka Bratusek (Energieunion) und die Bulgarin Kristalina Georgiewa (Haushalt). Traditionell wichtig in Brüssel ist zudem der Job an der Spitze der Wettbewerbskommission, der an die Dänin Margrethe Vestager geht. Handelskommissarin und damit zuständig für die Verhandlungen über das umstrittene Freihandelsabkommen mit den USA ist die Schwedin Cecilia Malmström. Der Brite Jonathan Hill erhält den Bereich Finanzstabilität, Finanzdienste und Kapitalmarkt.
Die polnische Kommissarin Elzbieta Bienkowska übernimmt die Zuständigkeit für Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und Klein- und Mittelbetriebe. Die tschechische Kommissarin Vera Jourova betreut das Ressort Justiz, Konsumentenschutz und Gleichstellung. Speziell für Migration zuständig sein wird der Grieche Dimitris Avramopoulos.
Junckers Problem mit der Frauenquote
Die neue EU-Kommission werde sich vor allem mit der schwierigen geopolitischen Lage und mit der wirtschaftlichen Erholung befassen und Jobs zu liefern haben. „Ich denke, ich habe das richtige Team dafür“, so Juncker. Er betonte, sein Team weise Expertise und hohes politisches Profil auf. Kommissare seien nicht Beamte, „sie sind Politiker“, betonte er. In seinem Team seien neun ehemalige Premierminister oder stellvertretende Premiers, neun ehemalige Minister und acht frühere EU-Abgeordnete. Elf hätten einen soliden Hintergrund bei Finanzfragen, acht seien erfahrene Außenpolitiker.
Die Frauenquote - in der neuen Kommission sind neun Frauen vertreten - stelle „nicht wirklich einen Fortschritt“ dar, sei aber „doch zumindest kein Rückschritt“. Juncker betonte, es habe ihn erhebliche Bemühungen gekostet, auf neun Frauen zu kommen: „Ich habe einen Monat am Telefon verbracht.“
EU-Parlament muss noch zustimmen
Jedes der 28 EU-Länder entsendet einen Vertreter in das Brüsseler Gremium, Juncker selbst kommt aus Luxemburg. Das Europaparlament muss den Personalien ebenso wie die EU-Staaten noch zustimmen. Von 29. September bis 9. Oktober sollen sich alle designierten EU-Kommissare den Anhörungen durch die Europaabgeordneten stellen.
Während der am 20. Oktober beginnenden Plenarsitzung in Straßburg wird dann das Europaparlament über die Ernennung der gesamten Kommission abstimmen. Kommissionspräsident Juncker war vom Europaparlament bereits Mitte Juli mit deutlicher Mehrheit bestätigt worden. Die Zustimmung der EU-Volksvertretung ist notwendig, damit Juncker und seine Mannschaft wie geplant im November den Dienst antreten können.
Juncker auch bei „Wackelkandidaten“ überzeugt
Er gehe davon aus, dass das Europaparlament „meine vorgeschlagenen Kandidaten nicht ablehnen wird“, so Juncker. Angesprochen darauf, dass es im EU-Parlament Widerstände gegen die künftigen Kommissare aus Ungarn und Slowenien gibt, sagte Juncker: „Ich bin es gewohnt, dass nicht jede Änderung sofortige spontane Zustimmung erhält. Aber sehe ich wie ein Opfer aus? Nein“, fügte er schmunzelnd hinzu. Er selbst sei auch ein „bescheidener Mensch“, und „ich werde die Kommission nicht präsidial führen, sondern kollegial“. Juncker: „Ich mache deutlich, im hohen Alter keine Karriere als Diktator beginnen zu wollen.“
Konkret zu Bedenken gegen die künftige slowenische Kommissarin Alenka Bratusek befragt, die sich als geschäftsführende Regierungschefin selbst als Kandidatin vorgeschlagen hatte, stellte Juncker klar, dass „ich von der ausgehenden Regierung darum gebeten habe, weil ich gerne als Vizepräsidenten frühere Premiers gehabt habe, davon zwei Liberale. Daher die Wahl Bratuseks“, so Juncker.
Die EU-Kommission ist ein wichtiger Akteur im europäischen Machtapparat. Sie schlägt Gesetze vor und wacht über die Einhaltung des EU-Rechts. Bereits als EU-Außenbeauftragte designiert ist die Italienerin Mogherini. Dem bisherigen EU-Ratspräsident Herman van Rompuy soll der bisherige polnische Regierungschef Donald Tusk nachfolgen.
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