Fachliche Kompetenz im Vordergrund
Eine genaue Prüfung der neuen EU-Kommissare haben am Mittwoch die Europaabgeordneten in Aussicht gestellt. „Wir werden die neuen Kommissare auf Herz und Nieren prüfen. Dabei zählt vor allem fachliche Kompetenz“, sagte ÖVP-Delegationsleiter Othmar Karas.
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Ein intensives Prüfverfahren zur politischen Ausrichtung und den Portfolios der neuen EU-Kommission kündigte auch die SPÖ-Delegation an. „Aus sozialdemokratischer Sicht ist es wichtig, dass im parlamentarischen Prüfverfahren noch genau die politische Ausrichtung und die Portfolios begutachtet werden. Wir brauchen eine Ausrichtung für mehr Investitionen in ein soziales Europa“, sagte die geschäftsführende SPÖ-Delegationsleiterin Evelyn Regner.
Slowenin und Ungar „problematisch“
Der Vizepräsident der sozialdemokratischen Fraktion, Jörg Leichtfried, sieht von der personellen Auswahl neben dem ungarischen Kandidaten, dem Viktor Orban nahestehenden Tibor Navracsics, insbesondere auch die Slowenin Alenka Bratusek „problematisch“. „Es müssen hier die im Raum stehenden Korruptionsvorwürfe und das rechtmäßige Zustandekommen ihrer Nominierung aufgeklärt werden, bevor es eine Zustimmung im EU-Parlament geben kann“, so Leichtfried. Insbesondere beim ungarischen Kandidaten, der für die sensiblen Bereiche Bildung, Kultur, Jugend und Staatsbürgerschaft zuständig sein soll, sei „eine Zustimmung infrage zu stellen“.
Karas befürwortet Strukturreform
„Die Prüfung der Kandidaten im Parlament ist kein Formalakt, sondern sollte demokratischer Standard bei der Bestellung von Regierungen in allen EU-Ländern sein“, sagte Karas. Er begrüßte die geplante neue Organisationsstruktur der EU-Kommission. „Die Strukturreform, die Jean-Claude Juncker vorschlägt, bringt die Aussicht auf mehr Effizienz, mehr Schlagkraft und mehr Verantwortung.“
Karas gratulierte seinem Parteikollegen Johannes Hahn zu dessen Nominierung als Kommissar für Nachbarschaftspolitik und EU-Erweiterung. „Damit wird Gio Hahn zur rechten Hand der neuen EU-Außenbeauftragen Federica Mogherini. In sein Dossier fallen alle Krisenherde Europas. Dafür kann man ihm nur alles Gute wünschen.“
FPÖ: Wo war Hahns Leistung?
Die FPÖ hingegen moniert die Größe der EU-Kommission. „28 Kommissare in Brüssel sind um mindestens 14 zu viel“, so FPÖ-Delegationsleiter Harald Vilimsky in einer Aussendung. Gerade angesichts von Massenarbeitslosigkeit, Kaufkrafteinbruch sowie zunehmender sozialer Instabilität hätte man die EU-Kommission halbieren müssen, so Vilimskt.
Ungeachtet des Umstands, dass Hahn künftig das Ressort für Nachbarschaftspolitik und Erweiterung erhalten solle, müsse in Erinnerung gerufen werden, dass schon in der vergangenen Amtsperiode von Hahn wenig bis nichts zu hören gewesen sei. „Nichts persönlich gegen ihn, aber was war seine Leistung?“, so Vilimsky.
Grüne kritisieren Hill- und Moscovici-Bestellung
Ulrike Lunacek, Vizepräsidentin des Europaparlaments und grüne Delegationsleiterin, begrüßte die Bestellung von Hahn, äußerte aber Kritik an anderen Kandidaten. Mit der Nominierung des konservativen und EU-skeptischen Briten Jonathan Hill für Finanzstabilität, Finanzdienste und Bankenunion und mit Pierre Moscovici für Wirtschaft, Finanzen und Steuern und Zollunion „sehe ich diesen Auftrag keineswegs erfüllt“, sagte sie, „braucht es doch gerade in diesem Bereich politischen Willen und Stärke, etwa zur Regulierung der Finanzmärkte oder zur Einführung der Finanztransaktionssteuer“.
Den ungarischen „FIDESZ-Mann und ehemaligen stellvertretenden Ministerpräsidenten Navracsics für Bildung, Kultur, Jugend und Bürgerschaft zu nominieren, erachte ich ebenfalls als Fehlgriff und eine Provokation gegenüber all jenen Europäern, die sich gegen die Kulturpolitik der FIDESZ und deren Umgang mit Kritikern in Medien und Zivilgesellschaft engagiert haben“.
„Bewährungsprobe für Hahn“
„Angesichts der aktuellen Krise in der Ukraine ist es gut, dass EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker heute mit Johannes Hahn den Vertreter eines neutralen Landes als Kommissar für das Ressort Nachbarschaftspolitik und Erweiterung nominiert hat“, sagte Lunacek. „Hahn muss hier gleich seine erste Bewährungsprobe ablegen und mit einer Deeskalationspolitik gegenüber Russland, die sich dem europäischen Friedensprojekt verpflichtet sieht, den Weg zur Konfliktbeilegung ebnen.“
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