Folter, Entführungen und Erpressung
Die Feindseligkeiten in der Ukraine haben sich intensiviert. Das sagte Ivan Simonivic, Menschenrechtsbeauftragter von UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon, vor dem Ständigen Rat der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) am Montag in Wien. Die Zahl der Toten in der Ostukraine sei mit durchschnittlich 36 pro Tag im Zeitraum der fünften Menschenrechtsmonitoring-Mission von 16. Juli bis 17. August enorm gestiegen, berichtete Simonivic.
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„Dieser Trend ist alarmierend. Seit Abschluss unseres Berichts sind die Zahlen weiter stark gestiegen.“ Intensive Kampfhandlungen und der Einsatz schwerer Waffen und Granaten in dicht bevölkerten Gebieten fordern laut Simonovic immer mehr Opfer. Bewaffnete Gruppen würden sich zudem weiterhin der Entführung, psychischen und körperlichen Folter, Erpressung, Zwangsumsiedlung und Androhung der Todesstrafe schuldig machen. „Die Prinzipien des humanitären Völkerrechtes müssen unter allen Umständen eingehalten werden“, sagte Simonovic. Alle Menschen, die ihrer Freiheit beraubt wurden, müssten menschlich behandelt werden.
„Menschliche Schutzschilde“
Trotzdem würden vor allem in der Ostukraine teilweise ganze Städte und Ortschaften als „menschliche Schutzschilde“ missbraucht, Tausende könnten nicht aus dieser Situation entkommen, Flüchtlinge würden an Checkpoints ausgeraubt und eingeschüchtert. „Ich appelliere daher an beide Seiten, die Menschenrechte auf jeden Fall einzuhalten“, so Simonovic. Mittlerweile sollen 200.000 Binnenflüchtlinge registriert sein, „die Zahl könnte aber um ein Zwei- bis Dreifaches höher sein“, so der Menschenrechtsbeauftragte. Berichten zufolge sollen 800.000 Ukrainer über die Grenze nach Russland geflohen sein.
Amnesty: Kriegsverbrechen von beiden Seiten
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) warf den Konfliktparteien im Osten der Ukraine Kriegsverbrechen vor. „Alle Konfliktparteien haben sich gleichgültig gegenüber dem Leben von Zivilisten gezeigt und ihre internationalen Verpflichtungen in unverhohlener Form vernachlässigt“, sagte Amnesty-Generalsekretär Salil Shetty am Sonntag.
Amnesty lägen „glaubwürdige Informationen“ über Entführungen und Schläge vor, für die Angehörige von Freiwilligenverbänden, die an der Seite der ukrainischen Armee kämpfen, verantwortlich seien. Der ukrainischen Armee werden „blinde“ Bombardierungen vorgeworfen. Amnesty-Mitarbeiter an Ort und Stelle hätten zudem Informationen über Folter und Morde gesammelt, die von prorussischen Separatisten verübt worden seien.
AI: Russland muss „Zufluss von Waffen stoppen“
Von der Regierung in Kiew forderte die Organisation eine Untersuchung der mutmaßlichen Verletzungen des internationalen Menschenrechts. Die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden. Andernfalls müssten die Ukrainer über mehrere Generationen mit den „Narben dieses Krieges“ leben, so Shetty.
Amnesty warf außerdem Russland Einmischung in den Konflikt vor. Das legten unter anderem Satellitenfotos nahe. Es sei offensichtlich, dass Russland den Konflikt befeuere, sowohl durch „direkte Einflussnahme“ als auch durch „Unterstützung, die es den Separatisten im Osten der Ukraine gewährt“. Russland müsse den dauerhaften „Zufluss von Waffen und anderen Hilfsmitteln“ für die Rebellen stoppen. Alle Belege für eine russische Einflussnahme ließen „keinen Zweifel“ daran, dass es sich um einen „internationalen bewaffneten Konflikt“ handle.
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