„Gezielte Provokation der Salafisten“
Das Auftreten radikaler Islamisten im deutschen Wuppertal sorgt für Empörung. In orangefarbenen Westen patrouillierte die selbst ernannte „Scharia-Polizei“ mehrfach durch die Straßen der Stadt in Nordrhein-Westfalen und verunsicherte die Bevölkerung. Die Islamisten versuchten, junge Leute „zu beeinflussen und anzuwerben“, wie eine Polizeisprecherin am Freitag in Wuppertal sagte.
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Mit gelben Verbotshinweisen zeigen die Islamisten, was aus ihrer Sicht durch islamisches Recht - die Scharia - alles verboten ist: Alkohol, Glücksspiel, Musik und Konzerte, Pornografie und Prostitution, Drogen. „Shariah Controlled Zone“ steht auf den Verbotshinweisen - Scharia-kontrollierte Zone.
Versuche, andere zu „missionieren“
Aus einem im Internet verbreiteten Video geht laut Polizei hervor, dass die Männer unter anderem versuchten, Menschen vom Besuch von Lokalen und von der Konsumation von Alkohol abzuhalten. Zudem sei versucht worden, andere „zu missionieren“.
Es handle sich um Anhänger der Salafistenszene, die der Polizei bereits bekannt seien. Gegen elf Männer wurde ein Verfahren wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz eingeleitet. Die Islamisten im Alter von 19 bis 33 Jahren seien nicht festgenommen worden - es habe rechtlich auch keine Handhabe gegeben, die Westen sicherzustellen. Diese werte man allerdings als unerlaubte Uniformierung, sagte ein Sprecher der Wuppertaler Staatsanwaltschaft.
Tragen von Westen der „Scharia-Polizei“ verboten
Aus diesem Grund hat das Bundesland Nordrhein-Westfalen das Tragen der Westen unter Strafe gestellt. Ralf Jäger, der Innenminister des Bundeslandes, sagte am Samstag in der Fernsehsendung „Aktuelle Stunde“ des WDR, er habe hierzu am Nachmittag einen polizeilichen Erlass herausgegeben. Die Polizei sei angewiesen, „gegen solche Möchtegernstreifen mit allen polizeilichen Mitteln vorzugehen“. Das umfasse die Identitätsfeststellung und das Wegnehmen der Westen oder anderer Dinge, die den Polizeinamen missbrauchen, fügte er hinzu.
Jäger begründete sein Vorgehen damit, dass das Handeln der sogenannten Scharia-Polizei nicht mehr mit dem Grundrecht auf Religionsfreiheit gedeckt sei. „Menschen zu missionieren, zu nötigen, im öffentlichen Bild als Polizei, als Streife aufzutreten“, habe die Menschen so sehr verunsichert, dass die Wuppertaler Polizei ein Bürgertelefon eingerichtet habe.
Die Auftritte waren zudem nicht als Versammlung angemeldet. Falls Menschen aufgefordert wurden, eine Diskothek nicht zu betreten, müsse geprüft werden, ob eine Nötigung vorliege. Laut Polizei meldeten sich inzwischen eine Vielzahl besorgter Bürger bei den Dienststellen. Ein Sprecher des nordrhein-westfälischen Innenministeriums lobte das „konsequente Vorgehen“ der Wuppertaler Polizei.
„Scharia wird auf deutschem Boden nicht geduldet“
Die deutsche Bundesregierung will das Auftreten der selbst ernannten radikalislamischen Sittenwächter in Deutschland nicht hinnehmen. „Die Scharia wird auf deutschem Boden nicht geduldet. Niemand darf sich anmaßen, den guten Namen der deutschen Polizei zu missbrauchen“, sagte Innenminister Thomas de Maiziere (CDU) der „Bild“-Zeitung (Samstag-Ausgabe). Justizminister Heiko Maas (SPD) sagte gegenüber der „Bild“-Zeitung: „Für die Durchsetzung von Recht und Gesetz ist allein der Staat verantwortlich (...). Klar ist damit auch: Eine illegale Paralleljustiz werden wir nicht dulden.“
Der Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses Wolfgang Bosbach (CDU) forderte ein hartes Vorgehen. „Das kann ein demokratischer Rechtsstaat nicht tatenlos hinnehmen“, sagte er der „Passauer Neuen Presse“ (Samstag-Ausgabe). „Das ist eine gezielte Provokation der Salafisten. Der Rechtsstaat soll vorgeführt werden. Deshalb ist es richtig, dass die Polizei konsequent einschreitet“, so Bosbach. Das bestehende rechtliche Instrumentarium reiche für eine Verfolgung der Täter aber aus.
Rechtsgrundlage für Verbot soll geschaffen werden
Der Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag Volker Kauder (CDU) sprach sich in der „Welt am Sonntag“ für ein Verbot selbst ernannter „Scharia-Polizisten“ in Deutschland aus. „Für die Einhaltung der öffentlichen Ordnung sorgen unsere Polizisten - und nur sie. Deshalb müssen wir ein Verbot dieser vermeintlichen islamischen Tugendwächter prüfen.“ Falls es dafür keine Rechtsgrundlagen geben sollte, „müssen wir sie schaffen“, fügte Kauder hinzu.
Der CSU-Innenexperte Stephan Mayer forderte, Werbung für die unbedingte Einhaltung der Scharia unter Strafe zu stellen. Er sagte dem Berliner „Tagesspiegel am Sonntag“: „Der Staat darf es nicht hinnehmen, dass eine radikale islamistische Minderheit auf unseren Straßen einen religiösen Verhaltenskodex propagiert, der sich über deutsches Recht stellt.“ Zugleich mahnte Meyer eine stärkere Überwachung der Salafistenszene an.
Zentralrat der Muslime: „Nicht in unserem Namen“
Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, verurteilte die Mitglieder der selbst ernannten „Scharia-Polizei“. „Diese paar Halbstarken sprechen nicht in unserem Namen“, sagte Mazyek dem „Tagesspiegel am Sonntag“. „Diese Leute betreiben eine Zweckentfremdung unserer Religion. Sie schaden mit dieser schrillen und völlig unsinnigen Aktion den Muslimen ungemein.“ Mazyek forderte gleichzeitig, der Aktion nicht zu viel Aufmerksamkeit zu schenken.
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