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Lob und Kritik als „Vorschuss“

Vorschusslorbeeren und ein Vorschuss an Kritik: Die Reaktionen auf die Kür Hans Jörg Schellings zum neuen Finanzminister beim Bundesparteivorstand der ÖVP am Sonntag sind gemischt ausgefallen. Sie reichten von „Mann des alten Politapparats“ bis hin zur Gewährung eines Vertrauensvorschusses.

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„Wir setzen auf eine gute und faire Zusammenarbeit und gehen die wichtigen Herausforderungen - stabile Finanzen, Steuerentlastung, Wirtschaftswachstum - verstärkt gemeinsam an“, betonte Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) in einer schriftlichen Stellungnahme.

„Die Zusammenarbeit in budget- und finanzpolitischen Fragen wird an Bedeutung gewinnen. Budgetplanung und Budgetstrategie sollen in enger Kooperation von Bundeskanzler, Vizekanzler und Finanzminister erfolgen“, ergänzte Faymanns Büro gegenüber der APA.

Faymann werde daher die bisherige Staatssekretärin im Finanzministerium, Sonja Steßl (SPÖ), die in das Bundeskanzleramt wechselt, dort ab sofort zentral für die Koordinierung der Themenkomplexe Steuern, Finanzen, Budget, Verwaltungsmanagement und öffentlicher Dienst einsetzen.

Kritik von der FPÖ

Kritisch meldete sich die FPÖ zu Wort. „Der neue Finanzminister Schelling ist in Wahrheit mehr ein Mann des alten Politapparats als ein unbelasteter Sachexperte“, so der freiheitliche Generalssekretär Herbert Kickl in einer Aussendung. Er hege „die größten Zweifel daran“, dass Schelling „die Politik seines Ressorts im Unterschied zu seinen Parteivorgängern von den lähmenden Proporzzwängen und der quasi politischen Besachwalterung durch die dreinregierenden Landeshauptleute entfesseln kann“.

Ein „halb-neues“ Gesicht mache noch lange keine neue Politik, wie sie notwendig wäre. Kickl unterstellte dem neuen Minister, bisher Aufsichtsratschef der Österreichische Volksbanken-Aktiengesellschaft (ÖVAG), auch eine Mitverantwortung an deren Misere. Schellings Bilanz in der Politik sei folglich „alles andere als ungetrübt“.

„Vertrauensvorschuss“ von den Grünen

Von den Grünen erhielt Schelling einen Vertrauensvorschuss. Die Bestellung Reinhold Mitterlehners zum neuen ÖVP-Chef „und dessen Entscheidung für Hans Jörg Schelling als Finanzminister ist eine Chance für einen Kurswechsel“ in der Volkspartei, sagte die grüne Bundesparteichefin Eva Glawischnig. „Sowohl Schelling als auch Harald Mahrer, designierter Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, erhalten von uns einen Vertrauensvorschuss." Allerdings habe Mitterlehner „im Zuge der Regierungsumbildung die Chance verpasst, das Wissenschaftsressort wieder als eigenständiges Ministerium einzurichten“. Das wäre ein wichtiges Signal für den Bildungsstandort Österreich gewesen, sagte Glawischnig.

„Keine lange Schonfrist“ von NEOS

NEOS erklärte, mit Schelling habe „sich noch einer der besten Kandidaten durchgesetzt“. Er dürfe „auf Erfolge im Hauptverband der Österreichischen Sozialversicherungsträger verweisen und bringt Erfahrung aus der Privatwirtschaft mit“. Ob das reichen werde, „bleibt aber noch abzuwarten", betonte NEOS-Finanzsprecher Rainer Hable in einer Aussendung. „Eine lange Schonfrist kann es schon im Interesse aller Bürgerinnen und Bürger nicht geben.“ Abgesehen vom Desaster der Hypo müssten „endlich umfassende Reformen in Angriff genommen werden“. NEOS biete Schelling „jedenfalls unsere Zusammenarbeit an“ und hoffe auf eine gute Gesprächsbasis.

„Vertrauensvorschuss“ auch vom TS

Die Klubobfrau des Teams Stronach (TS), Kathrin Nachbaur, gratulierte Mitterlehner zu seiner Personalentscheidung. „Mit Hans Jörg Schelling kommt ein Mann mit profunder wirtschaftlicher Erfahrung ans Steuer; und das ist auf jeden Fall ein gutes Zeichen für Österreichs Wirtschaft.“ Schelling sei in der Privatwirtschaft ein Begriff, und aus diesem Grund gebühre ihm ein Vertrauensvorschuss, so Nachbaur. Sie äußerte in einer Aussendung außerdem die Hoffnung, dass er „nicht auf den Populismuszug der Vermögenssteuern aufspringen wird“.

Wirtschaft mit der Wahl zufrieden

Der Präsident der Wirtschaftskammer (WKÖ), Christoph Leitl, dessen Stellvertreter Schelling seit 2004 war, gratulierte ihm per Aussendung „sehr herzlich zu seiner neuen Funktion als österreichischer Finanzminister. Bei aller Freude habe ich aber auch ein kleines weinendes Auge: Ich verliere damit meinen langjährigen Vizepräsidenten, einen Mitstreiter und Weggefährten.“ Leitl zeigte sich überzeugt, dass Schelling „der richtige Mann für diese verantwortungsvolle und wichtige Position ist“.

Aus dem Wirtschaftsbund hieß es, Schelling sei „die beste Wahl“. Dieser sei „ein renommierter Finanz- und Wirtschaftsexperte. Das Finanzministerium wird bei ihm in professionellen Händen sein." Die Industriellenvereinigung (IV) gratulierte dem neuen Finanzminister ebenfalls. Schelling könne „auf Sachkenntnis und langjährige wirtschaftspolitische Erfahrung zurückblicken und daher die großen Herausforderungen rasch angehen“. Darunter versteht die Industrie etwa die „zahlreichen ausstehenden Strukturreformen - sei es bei Pensionen, Gesundheit oder öffentlicher Verwaltung“.

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