Lord des britischen Films
Ob als gefeierter Schauspieler oder preisgekrönter Regisseur - kaum ein Filmschaffender prägte den britischen Film so nachdrücklich wie Richard Attenborough. Am Sonntag starb er im Alter von 90 Jahren, teilte sein Sohn der Rundfunkanstalt BBC mit.
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Die großen Preise bekam Attenborough für seine Regiearbeit - allein acht Oscars gewann sein Indien-Epos „Gandhi“ von 1982, an dem er mehr als zwei Jahrzehnte lang gearbeitet hatte. Dabei gerät fast in Vergessenheit, dass er seine 60 Jahre andauernde Karriere als Schauspieler begann und diesem Genre - wenn auch etwas widerwillig - lange treu blieb.

AP/Reed Saxon
Richard Attenborough und Ben Kingsley mit den Oscars für „Gandhi“
Als „Pinky“ in der Verfilmung des Graham-Greene-Romans „Brighton Rock“ erlangte Attenborough 1947 erstmals Aufmerksamkeit. Seinen Durchbruch hatte er schließlich in der Rolle des „Big X“ im Kriegsfilm „The Great Escape“ („Gesprengte Ketten“, 1963). 30 Jahre später war Attenborough in Steven Spielbergs Abenteuerfilm „Jurassic Park“ zu sehen. 1998 spielte er auch in „Elizabeth“ mit.
„Zufällig zur rechten Zeit am rechten Ort“
Der gefeierte Schauspieler gab sich stets bescheiden. Dass er und seine Frau Sheila Sim in der Nachkriegszeit so erfolgreich waren, „hatte nichts mit Schauspielkunst oder Talent zu tun“, sagte Attenborough einmal der Zeitung „Daily Mail“. „Wir waren nur zufällig zur rechten Zeit am richtigen Ort, als das Publikum nach jahrelangen Entbehrungen über den Film Entspannung suchte.“
Der Kunstliebhaber, der den Spitznamen „Dickie“ trug, kam am 29. August 1923 in Cambridge als ältester von drei Brüdern zur Welt. Einer seiner Brüder ist der Tierfilmer David Attenborough. Seine Jugend verbrachte Richard in Leicester, wo seine Mutter Präsidentin des örtlichen Leicester Little Theatre war. Schon früh interessierte er sich für die Bühne. Mit 17 bekam er ein Stipendium für die renommierte Royal Academy of Dramatic Art (RADA) und zog zum Studium nach London.
Es folgten erste Rollen, an der Akademie lernte er auch seine spätere Frau kennen. Doch sie stellte sich als Herausforderung heraus, und Attenborough erzählte gerne die Geschichte, wie er täglich um ihre Hand anhielt. Das Paar heiratete ein paar Jahre später und bekam drei Kinder. Sohn Michael ist ebenfalls Schauspieler und Regisseur. Seine Tochter Jane Mary und Enkelin Lucy Elisabeth kamen 2004 bei der Tsunami-Katastrophe in Südasien ums Leben.
Oscar für Regiearbeit
In den 1940er und 1950er Jahren spielte Attenborough in insgesamt rund 30 Filmen mit, den Durchbruch als Schauspieler schaffte er jedoch erst 1963 in dem Film „The Great Escape“. Doch sein Enthusiasmus für die Schauspielerei hielt sich in Grenzen. Aus Frustration habe er ins Regiefach gewechselt, sagte er einmal. „Ich war in Filmen immer einer von den Typen, die nur auf den unteren Decks der Marine Ihrer Majestät mitspielen durften (...) Ich hatte ein so pausbäckiges Gesicht, dass ich als 25-Jähriger immer noch 15-Jährige spielen sollte.“

AP/Bob Dear
Richard Attenborough 1970 im Film „10 Rillington Place“ zwischen Judy Geeson und John Hurt
Vom Apartheid-Drama bis zum Tanzfilm
Ende der 60er Jahre widmete er sich daher verstärkt der Regiearbeit. Neben seinem mit dem Oscar-prämierten Werk „Gandhi“ (1982) zählen zu seinen weiteren Erfolgen als Regisseur das Apartheid-Drama „Cry Freedom“ („Schrei nach Freiheit“, 1987), die Verfilmung des Musicals „A Chorus Line“ (1985), „Chaplin“ und „Shadowlands“, für die er ebenfalls für den Regie-Oscar nominiert wurde. 1976 wurde er von der Queen für seine Verdienste um die Kultur geadelt und war seit 1993 Lord Attenborough of Richmond-upon-Thames nach seinem langjährigen Wohnort außerhalb Londons.
Aber auch hier übte sich Attenborough gerne in Bescheidenheit. „Ich bin kein großartiger Regisseur, ich bin ein guter Regisseur“, antwortete er einmal auf die Frage, wie man sich als „lebende Legende“ fühle. Attenborough engagierte sich zeitlebens für die Kultur und hatte zahlreiche Aufsichtsratssposten inne, unter anderem beim Fernsehsender Channel 4, seiner ehemaligen Wirkungsstätte RADA und dem britischen Filminstitut. Auch war er als UNICEF-Botschafter unterwegs. Vor fünf Jahren zog er sich nach einem Schlaganfall aus der Öffentlichkeit zurück. Am 24. August starb er im Alter von 90 Jahren.
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