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Die „Komödie“ des Kaisers

Am 19. jenes Monats, der nach ihm benannt worden war, vor genau 2.000 Jahren starb der römische Kaiser Augustus im Alter von 76 Jahren. In die Geschichte ging er als Friedensstifter ein, weil unter ihm die römischen Bürgerkriege ein Ende fanden. Historiker sehen seine Rolle differenzierter.

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41 Jahre lang regierte Augustus in Rom. De facto war er Alleinherrscher im Reich. Er nannte sich selbst „Erster Bürger“. Unter ihm wurde zunächst ein Großteil des Heeres entlassen, denn in Friedenszeiten benötigte man weniger Soldaten. Diese erhielten als Abfindung Land und wurden Bauern, die aber Augustus die Treue hielten und jederzeit wieder für ihn die Waffen ergriffen hätten. Unter Augustus’ Führung wurde auch der Norden Spaniens, der noch nicht zum Römischen Reich gehörte, erobert.

Er galt lange Zeit als Friedensstifter und wurde gerne von Politikern zitiert, aber Historiker zeichnen ein anderes Bild. Augustus - 63 v. Chr. als Gaius Octavius in Rom geboren - war noch keine 18 Jahre alt, als sich sein Großonkel Gaius Iulius Cäsar nach jahrelangem Bürgerkrieg zum Diktator auf Lebenszeit ausrufen ließ. Teile des römischen Senats sahen die Republik damit endgültig vor dem Aus und ließen Cäsar im März 44 v. Chr. ermorden.

Bezwinger der Mörder Cäsars

Octavius wartete zu dieser Zeit an der griechischen Küste darauf, an Cäsars Seite in den Krieg gegen die Parther zu ziehen. So weit kam es durch den Mord in Rom aber nicht. In seinem Testament adoptierte der Diktator seinen Großneffen postum - ein damals nicht unüblicher Vorgang. Diese Unterstützung ist das einzige Pfand, mit dem der junge Octavius anfangs aufwarten konnte.

Danach begann er als politischer Erbe Cäsars seinen Aufstieg: Mit knapp 20 Jahren trat Octavius sein erstes Konsulat an. Nie zuvor hatte jemand so jung das höchste römische Amt erlangt. In der Schlacht von Philippi besiegte er die Mörder Cäsars, Cassius und Brutus, später kämpfte er gegen Antonius um die Alleinherrschaft. Das Reich versank wieder im Bürgerkrieg. Durch den Sieg über seinen Widersacher in der entscheidenden Schlacht bei Actium erlangte er endgültig die Vorherrschaft im Römischen Reich.

Statue des Kaisers Augustus im Grand Palais in Paris

APA/EPA/Ian Langsdon

Augustus-Statue, aus der aktuellen Augustus-Ausstellung im Grand Palais in Paris

Die „Pax Augusta“ des „Blutsäufers“

„Blutsäufer“ habe man ihn einmal genannt, sagte der Althistoriker Martin Zimmermann gegenüber der deutschen Nachrichtenagentur dpa - und meint damit die brutale Bürgerkriegszeit. „Er hat sehr viele Menschen hinrichten lassen.“ Auch Cäsars einziger leiblicher Nachkomme Cäsarion, der Sohn Kleopatras, gehörte als potenzielle politische Bedrohung zu den Opfern. Nachdem seine Feinde vernichtet waren, konnte er den Frieden, die „Pax Augusta“, ausrufen.

Mit Mitte 30 bekam er vom Senat die Alleinherrschaft verliehen: das „Prinzipat“. Er wurde mit dem Ehrentitel Augustus, „der Erhabene“, ausgestattet. Offiziell stellte er nach den Wirren des Bürgerkriegs die öffentliche Rechtsordnung der Republik wieder her. De facto aber richtete Augustus eine Monarchie ein, wie es sie die 500 Jahre davor in Rom nicht mehr gegeben hatte. Im Senat saßen nur noch seine Günstlinge, er selbst nannte sich bescheiden „Erster des Senats“ - formal korrekt, aber dennoch Etikettenschwindel. Und bei allem Frieden nach innen dehnte er nach außen die Grenzen des Römischen Reichs in Expansionskriegen aus.

„Die Komödie ist zu Ende“

In Schriften (etwa einer Autobiografie in Bronzetafeln), Bildern und sorgsam übermittelten Zitaten malte Augustus von sich das Bild des Friedensstifters. Sogar bei seinem Sterben überließ er nichts dem Zufall. Im Alter von 75 Jahren, offenbar in Vorahnung seines Todes, verließ Augustus ein letztes Mal Rom und begab sich nach Kampanien, zunächst in die Bucht von Neapel. Er wollte seinen Stiefsohn und designierten Nachfolger Tiberius auf dessen Reise nach Illyrien bis Beneventum begleiten, doch starb er am 19. August 14 n. Chr. in einem Haus in Nola.

Laut seinem Biografen Suetonius war im gleichen Zimmer schon Augustus’ Vater gestorben. Dass er der Nachwelt als Retter und Welteroberer in Erinnerung bleiben wollte, zeigte sich in seinen angeblich letzten Worten: „Wenn ich meine Rolle gut gespielt habe, dann klatscht Beifall. Die Komödie ist zu Ende.“ Aber es wäre nicht Augustus gewesen, hätte er nicht davor noch genau diese Komödie gespielt und entsprechende weitere Zitate hinterlassen: „Ich habe Rom als Stadt aus Backstein vorgefunden und als Stadt aus Marmor verlassen.“

Projektion einer Münze mit Kaiser Augustus

Reuters/Alessandro Bianchi

Hochblüte der Scheinehen

Zu seiner Frau soll er noch gesagt haben: „Livia, lebe in Erinnerung an unsere Ehe und lebe wohl.“ Augustus hatte strenge Sittengesetze hinterlassen. Jeder römische Bürger musste verheiratet sein, wollte er nicht Benachteiligungen in der Ämtervergabe erfahren. Augustus war folgerichtig verheiratet - dreimal, und selbst in seiner dritten Ehe soll er den Seitensprüngen nicht abgeneigt gewesen sein. Seine Regentschaft war die Zeit der Scheinehen.

Buchhinweis

Ralf von den Hoff, Wilfried Stroh, Martin Zimmermann: Divus Augustus. Der erste römische Kaiser und seine Welt. C. H. Beck, 341 Seiten, 26,95 Euro.

Für seine Beisetzung hatte Augustus genaue Anweisungen gegeben. Die Zeremonien sollten den Fokus auf seine militärischen Erfolge lenken. Sein Leichnam wurde in einer Pompa funebris (Begräbniszug) nach Rom gebracht, auf dem Marsfeld im Nordosten der Stadt eingeäschert, die Urne in dem von ihm Jahre zuvor (vermutlich knapp vor oder knapp nach der Seeschlacht von Actium 31 v. Chr.) errichteten Mausoleum beigesetzt. Suetonius berichtet von einem Mausoleum, während andere Autoren, so der Augustus weniger geneigte Tacitus, von einem Tumulus (Grabhügel) sprechen.

Augustus und die Macht der Bilder

Einen Monat nach Augustus Tod beschloss der Senat, den Verstorbenen unter die römischen Staatsgötter zu versetzen. Davor war die Verehrung eines Römers als Gott ausgeschlossen. Als Pontifex maximus (Oberster Priester) war Augustus selbst für das Wohl der Götter verantwortlich und wollte daher nicht wie ein solcher verehrt werden. Zumindest auf diesen PR-Gag hat er verzichtet. Der Nachwelt bleiben jedenfalls zahlreiche Statuen, Reliefs und Münzen mit seinem Konterfei. Denn selbstredend wusste Augustus um die Macht des Bildes - 2.000 Jahre vor dem Siegeszug der Selfies.

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