Themenüberblick

„Letzter Welterklärer“

Der deutsch-französische Journalist und Buchautor Peter Scholl-Latour ist tot. Der Nahost-Experte starb Samstagfrüh im Alter von 90 Jahren nach schwerer Krankheit in Rhöndorf am Rhein, wie der Propyläen Verlag in Berlin mitteilte. Scholl-Latour hatte unter anderem als Fernsehreporter aus zahlreichen Konfliktgebieten berichtet.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Er war Regierungssprecher im Saarland, „stern“-Chefredakteur, TV-Korrespondent in Paris und berichtete als Fernsehreporter aus zahlreichen Konfliktgebieten. Scholl-Latour hatte nach eigenen Angaben jedes Land der Erde zumindest einmal betreten und schrieb Dutzende Bücher zu einer Vielzahl von Themen - vom Nahen Osten über den Balkan bis Afrika und Russland. Ausgezeichnet wurde er mit vielen Preisen - darunter der Grimme- und der Henri-Nannen-Preis für Journalisten. Er war vor allem wegen seiner Äußerungen zum Islam aber auch nicht unumstritten.

Scholl-Latour stellt am 25.11.2008 in Berlin sein neues Buch "Der Weg in den neuen Kalten Krieg" vor

APA/dpa

Scholl-Latour 2008 bei der Präsentation seines Buches „Der Weg in den neuen Kalten Krieg“

Der Verlag würdigte Scholl-Latour als einen „der Großen des deutschen Journalismus“. Er habe „Kriege und Bürgerkriege unserer Zeit von Algerien über Vietnam bis zum Irak und Afghanistan aus nächster Nähe kennengelernt“ und den Deutschen mit Reportagen, Filmen und Büchern die Welt näher gebracht.

Erfolg mit „Der Tod im Reisfeld“

Scholl-Latour prägte das Bild vieler Menschen im deutschsprachigen Raum von der arabischen Welt, von Asien und Afrika nachhaltig. Auch fürs Fernsehen berichtete der gebürtige Nordrhein-Westfale aus fernen Ländern. Sein 1979 erschienenes Buch „Der Tod im Reisfeld“ über den Vietnamkrieg wurde Scholl-Latours größter Erfolg. Als „letzter Welterklärer“, wie der „Spiegel“ einmal schrieb, gab es wohl kaum eine Talk-Couch, auf der er nicht saß.

Scholl-Latour wurde am 9. März 1924 in Bochum geboren. Er arbeitete für die deutschen TV-Anstalten ARD sowie ZDF und war kurzzeitig auch Chefredakteur des Magazins „stern“. Seit Ende der 1980er Jahre arbeitete er als freischaffender Publizist und machte vor allem durch Fernsehfeatures und Bücher von sich reden.

Erzählweise nicht unumstritten

In seinen zahlreichen Sachbüchern verband er die Beschreibung historischer Entwicklungslinien mit journalistischen Schilderungen - eine Arbeitsweise, die ihm auch Kritik und den Vorwurf der Vereinfachung eintrug. Wissenschaftler warfen ihm ein verzerrtes Islambild vor, das Angst und Fremdenfeindlichkeit schüre. Sein letztes Buch „Der Fluch der bösen Tat. Das Scheitern des Westens im Orient“ soll nach Angaben des Propyläen Verlags im September erscheinen.

Links: