Kiew: Russischer Konvoi wird nicht ins Land gelassen
Die ukrainische Regierung will den russischen Konvoi mit Hilfsgütern für die Einwohner der belagerten Separatistenhochburg Lugansk nicht ins Land lassen. Innenminister Arsen Awakow schrieb heute auf Facebook, die Fahrzeuge dürften nicht in die Region Charkiw fahren. Bei Kämpfen um Donezk wurden heute mehrere Menschen getötet.
Die Entsendung des Konvois bezeichnete Awakow als „Provokation eines zynischen Aggressors“. Auch der ukrainische Ministerpräsident Arseni Jazenjuk warf Russland „grenzenlosen Zynismus“ vor. „Zuerst schicken sie Panzer, Grad-Raketen und Banditen, die auf Ukrainer schießen, und dann schicken sie Wasser und Salz“, sagte er bei einer Kabinettssitzung.
Rotes Kreuz könnte Hilfsgüter übernehmen
Gestern war der Konvoi aus über 260 Fahrzeugen mit Hilfsgütern nahe Moskau Richtung Ostukraine gestartet. Der Hilfskonvoi hat Befürchtungen genährt, dass die Regierung in Moskau direkt in die Kämpfe im Nachbarland eingreifen könnte.
Das russische Außenministerium hat zugesichert, ab der Grenze könne das Rote Kreuz die Führung übernehmen. Westliche Politiker befürchten dennoch, dass die Lieferungen als Tarnung oder Vorwand für eine russische Intervention genutzt werden könnten.
Kiew bereitet eigenen Konvoi vor
Inmitten des Streits schickt die Regierung in Kiew eine eigene Ladung Hilfsgüter ins umkämpfte Krisengebiet Donbass. Der Konvoi solle morgen aufbrechen, sagte die Ostukraine-Beauftragte Irina Geraschtschenko in Kiew. Die Einzelheiten seien mit dem Roten Kreuz abgesprochen.
Nächtliche Explosionen in Donezk
Bei schweren Gefechten ukrainischer Regierungstruppen mit prorussischen Separatisten wurden in der Konfliktregion Donbass Behörden zufolge erneut mindestens fünf Zivilisten getötet. Die ganze Nacht seien Explosionen zu hören gewesen, teilte der Stadtrat in Donezk heute mit. Damit sei die Zahl der Toten seit Wochenbeginn auf etwa 60 gestiegen, sagte ein Sprecher der Aufständischen der Agentur Interfax.
Die militante Bewegung Rechter Sektor teilte zudem in Kiew mit, dass zwölf ihrer Anhänger bei Kämpfen im Krisengebiet getötet worden seien. Die Männer seien in einem Bus in einen Hinterhalt geraten, sagte Parteisprecher Artjom Skoropadski dem Fernsehsender 112.ua. Die rechtsextreme Gruppierung hatte sich nach dem Sturz von Ex-Präsident Viktor Janukowitsch in eine Partei umgewandelt. Kampfwillige Mitglieder schlossen sich der Nationalgarde an.
Bereits 2.000 Tote
Nach Schätzungen der Vereinten Nationen wurden bisher im Ukraine-Konflikt mehr als 2.000 Menschen getötet. Allein in den vergangenen zwei Wochen habe sich die Zahl der Toten fast verdoppelt, sagte eine UNO-Sprecherin. Seit Beginn des Konflikts im Osten der Ukraine Mitte April seien im Durchschnitt mehr als 60 Menschen pro Tag getötet oder verletzt worden.