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Sorge um Brückengeländer

Sie sollen ein Zeichen immerwährender Liebe sein - doch der Paris Stadtverwaltung sind sie schon länger ein Dorn im Auge: Liebesschlösser, die zu Tausenden an Brückengeländern angebracht werden. Nachdem Geländerteile der berühmten Pont des Arts unweit des Louvre-Museums unter der Last der Schlösser nachgaben, geht die Stadt nun in die Offensive - mit einer ungewöhnlichen Kampagne.

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Die Verliebten sollten lieber ein Selfie - ein per Handy selbst geschossenes Foto von sich - im Internet veröffentlichen, statt ein Liebesschloss an eine Brücke zu hängen, gab das Rathaus am Montag bekannt.

Liebesschlösser auf der Pont de l'Archeveche in Paris

Reuters/Charles Platiau

Tausende Schlösser zieren die Brücke l’Archeveche nahe Notre Dame

Mehrstufiger „Aktionsplan“

Auf den Brücken sollen Aufkleber die Liebespaare auffordern, ihre Fotos auf einer eigens geschaffenen Website oder per Twitter zu veröffentlichen. Nach Angaben des Rathauses soll die Kampagne „ein erster Baustein eines umfassenderen Aktionsplans“ gegen die Liebesvorhängeschlösser sein. Ziel sei es zu erklären, dass die Pariser Bauwerke unter der um sich greifenden Sitte leiden, als Ausdruck einer unverbrüchlichen Liebe ein Schloss an den Brücken zu befestigen.

Außerdem sei es auch nicht „das Ideale, um die Liebe zu symbolisieren“, hob das Rathaus hervor. Es gibt sogar Überlegungen, die Geländer auf den Brücken so umzugestalten, dass Vorhängeschlösser dort nicht mehr angebracht werden können.

Eine halbe Tonne Schlösser pro Geländer

Bisher gingen alle Versuche, den Schlösserboom einzudämmen, ins Leere. Allein von der berühmten Pont des Arts die auf einer Länge von 150 Metern das Louvre-Museum und das linke Seine-Ufer verbindet, wurden seit 2012 bereits mehrere Geländeteile entfernt, die mit jeweils einer halben Tonne Vorhängeschlössern behangen waren. Im Juni brach dann ein 2,4 Meter langes Stück des Geländers unter der Last Tausender Liebesschlösser ein. Der Fußgängerübergang musste daraufhin geräumt werden.

Touristen stehen vor der durch Vorhängeschlösser beschädigten "Pont des Arts"

APA/EPA/Yolant

Unterschriften statt Schlösser an dem demolierten Geländer der Pont des Arts

„Wir werden weiter Gitter entfernen“, drohte der stellvertretende Bürgermeister Bruno Julliard damals. Die Polizeipräfektur sei zudem gebeten worden, gegen die Schlossverkäufer auf den Brücken vorzugehen. Experten weisen seit Jahren auf die Gefahren durch die „Cadenas d’amour“ hin - bis hin zu Warnungen davor, dass eines Tages ein schweres Brückengeländerteil auf einem der Ausflugsdampfer auf der Seine einschlagen könnte.

Hohe Strafen in Italien

Paris steht im Kampf gegen die Schlösser nicht alleine da. Auch in Rom festigen seit Jahren Liebespaare gerne große und kleine Vorhängeschlösser mit ihren Initialien an den Brücken über den Tiber. Doch dort gehen die Behörden rigoroser vor. Wer beim Befestigen eines Schlosses erwischt wird, muss mit einer Strafe von bis zu 250 Euro rechnen.

Auch in Florenz, dem mutmaßlichen Geburtsort dieses Brauches, sind die Schlösser nicht mehr gerne gesehen. Ursprünglich brachten Studenten nach ihren Abschlussprüfungen die Vorhängeschlösser ihrer Spinde an der Ponte Vecchio an. Wer sich heute dabei erwischen lässt, zahlt 50 Euro Strafe. Durch den italienischen Liebesroman „Ich steh auf dich“ von Federico Moccia wurde der Trend 2006 auch unter Jugendlichen bekannt.

Bis zu 15 Tonnen „Liebesbeweise“

Immer wieder müssen Brücken von der Last der Schlösser befreit werden. In Rom überlegt man noch, was mit den von der Ponte Miglio und anderen Brücken über den Tiber entfernten Schlössern geschehen soll. Ein Stadtratsmitglied schlug vor, das Metall zu verkaufen und das eingenommene Geld für Wohltätigkeitsprojekte zu spenden. In Deutschland ist das Entfernen der Schösser bisher kein Thema. An der Hohenzollernbrücke in Köln hängen nach Schätzungen bis zu 40.000 Liebesschlösser mit einem Gesamtgewicht von rund 15 Tonnen.

In Österreich dauerte es etwas länger, bis sich der Trend durchsetzte - und er brachte zunächst einige Missverständnisse. Die ersten Liebesschlösser ließ etwa der Magistrat Salzburg noch abzwicken. „Ich wusste zuerst nicht, was das soll“, sagte die ressortzuständige Baustadträtin Claudia Schmidt (ÖVP) im Frühjahr dieses Jahres gegenüber der APA. Mittlerweile könne sie der Idee jedoch einiges abgewinnen. Doch nicht alle Bediensteten sind über die wachsende Zahl an Schlössern glücklich. Daher gilt nun die Einschränkung, dass die Gitter aus Stahl nicht zerstört werden dürfen. Schwere Schlösser sind daher nicht erlaubt.

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