Themenüberblick

Selfies in Uniform

Mehrere Fotos russischer Soldaten im Internet deuten darauf hin, dass die Streitkräfte entgegen den Beteuerungen Moskaus im Osten der Ukraine aktiv sind. Der 24-jährige Soldat Alexander Sotkin etwa veröffentlichte mehrere Bilder von sich selbst in Uniform auf dem Fotoportal Instagram, deren Geodaten zeigen, dass sie in der Ukraine aufgenommen wurden.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Während die Daten früherer Bilder als Aufnahmeort das südrussische Dorf Woloschino anzeigten, wo seine Einheit offenbar stationiert ist, wurden zwei Bilder vom 5. und 6. Juli jenseits der ukrainischen Grenze aufgenommen.

Experte: Fälschung von Geodaten möglich

Die US-Nachrichtenseite BuzzFeed, die erstmals über die Fotos berichtete, wertete die Bilder als Hinweis, dass die russische Armee im Osten der Ukraine im Einsatz ist. Ein Computerexperte sagte der Nachrichtenagentur AFP, dass das Fälschen der Geodaten von Fotos möglich ist. Die Kiewer Regierung und der Westen werfen Moskau vor, die prorussischen Separatisten in ihrem Kampf gegen die ukrainischen Regierungstruppen nicht nur mit Waffen und Kämpfern zu unterstützen, sondern auch von Russland aus auf ukrainische Einheiten jenseits der Grenze zu feuern.

Laut BuzzFeed veröffentlichten andere russische Soldaten Fotos, deren Bildunterschrift auf einen derartigen Einsatz hindeutete. „Wir haben die Ukraine die ganze Nacht beschossen“, schrieb etwa der Soldat Wadim Grigorijew am 23. Juli unter ein Foto, das zwei Artilleriegeschütze mit offenen Munitionskisten in einem Weizenfeld zeigte. Später erklärte er im Fernsehen, die Bilder seien alt, vermutlich sei seine Website gehackt worden. Der Soldat Michail Tschugunow wiederum veröffentlichte ein Bild eines Raketenwerfers mit der Unterschrift „Grads (Raketen, Anm.) Richtung Ukraine“.

Abgeordnete gegen Benutzung sozialer Medien

Russische Abgeordnete forderten, den Soldaten die Benutzung Sozialer Netzwerke zu verbieten. „Die Soldaten werden sonst was schreiben, etwa dass sie in der Ukraine sind, um vor ihren Freundinnen anzugeben“, sagte der Abgeordnete Wadim Solowiew AFP, der einen Gesetzesentwurf zur Beschränkung der Internetnutzung durch Soldaten eingebracht hat.

Er warnte, die Veröffentlichung von Bildern könne vom Westen zu Spionagezwecken benutzt werden. Solowiew gab zu, dass er insbesondere an die Bilder der uniformierten Unbekannten auf der ukrainischen Halbinsel Krim denke, die sich als russische Soldaten herausgestellt hatten.

Moskau: Kiew fälscht Satellitenaufnahmen

Russland warf der Ukraine vor, gefälschte Satellitenaufnahmen der mutmaßlich abgeschossenen malaysischen Passagiermaschine MH17 vorgelegt zu haben. Die von Kiew vor kurzem veröffentlichten Bilder seien erst nach der Katastrophe entstanden und dann retuschiert worden, teilte am Freitag das Verteidigungsministerium in Moskau der Agentur Interfax zufolge mit.

Die Aufnahmen sollten vermutlich den Eindruck erwecken, moskautreue Separatisten hätten die Boeing mit 298 Menschen an Bord mit Hilfe russischer Waffen abgeschossen. Wolkenhimmel und Schatten auf den Bildern würden aber „Spuren einer Bearbeitung“ tragen, hieß es.

Ferner wurde die Verantwortung für das Unglück der Boeing 777 praktisch der Ukraine zugeschoben: „Eine der Folgen der militärischen Aktivitäten Kiews war der Absturz des malaysischen Flugzeugs Boeing-777 im Luftraum über dem Süd-Osten der Ukraine. Kiew nutzte die Tragik der Situation um den Tod einer großen Anzahl von Menschen aus, wollte nicht auf die Ergebnisse einer objektiven Untersuchung warten und erklärte seine Opponenten für schuldig an dieser Tragödie“, hieß es in einer am Freitag von der russischen Botschaft in Wien versendeten Stellungnahme des Ministeriums. Außerdem wurde darauf hingewiesen, dass die Ukraine selbst in der „ersten Juli-Dekade“ Flugabwehrraketensysteme Buk-M1 in die Region verlegt habe.

MH17: Weitere Opfer geborgen

An der Absturzstelle des malaysischen Passagierflugzeugs im Osten der Ukraine haben Experten die sterblichen Überreste weiterer Opfer und Gepäck von Insassen geborgen. Es sei ein „sehr, sehr guter Tag“ gewesen, sagte der Sprecher der Beobachtermission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), Michael Bociurkiw, am Freitag.

Laut dem Vizemissionsleiter Alexander Hug wurden die sterblichen Überreste „mehrerer Opfer“ gefunden. Gefundenes Gepäck sei in einen Zug in dem nahegelegenen Bahnhof Tores gebracht worden, der später nach Charkiw fahren solle.

Kämpfe erschweren Suche

Am Freitag waren erstmals 70 australische und niederländische Experten am Absturzort der Boeing 777 eingetroffen, die am 17. Juli mutmaßlich von prorussischen Separatisten über dem umkämpften Osten der Ukraine abgeschossen worden war. Sie sollen die noch vermissten Leichen der 298 Insassen bergen.

Die Separatisten hatten lediglich 227 Leichen an die Niederlande übergeben, die die Führung bei dem Einsatz haben, weil 193 Opfer aus den Niederlanden stammten. Die Suche wird aber erschwert durch die anhaltenden Kämpfe in der Region zwischen Rebellen und Regierungstruppen.

Abbott: Langer und langsamer Einsatz

Zur Dauer des Einsatzes gab es unterschiedliche Angaben. Der niederländische Missionsleiter Pieter-Jaap Aalbersberg sagte, der Einsatz werde abhängig von der Sicherheitslage „mindestens mehrere Wochen dauern“. Australiens Premierminister Tony Abbott sagte, es werde ein „langer und langsamer Einsatz“ sein, und die Experten würden mindestens „eine Woche“ dort sein. Er wies darauf hin, dass die Trümmer über 50 Quadratkilometer verteilt sind.

Lage in Lugansk „echter Krieg“

In den in der Ostukraine umkämpften Gebieten Donezk und Lugansk spitzte sich die Lage weiter zu. In der Großstadt Lugansk berichteten die Behörden von einem völligen Stromausfall. Es gebe kein Licht, kein Wasser und keinen Mobilfunk. „Lugansk liegt unter totaler Blockade und Isolation“, sagte Bürgermeister Sergej Krawtschenko einer Mitteilung zufolge. Es gebe viel zerstörte Infrastruktur durch den tagelangen Beschuss, darunter das städtische Klinikum und zahlreiche Wohnhäuser.

Die Lage sei kritisch und am „Rande einer humanitären Katastrophe“, hieß es. „Was heute in Lugansk geschieht, lässt sich nur schwer eine Anti-Terror-Operation nennen. Das ist ein ganz und gar echter Krieg“, teilte die Stadtverwaltung mit. Auch in Donezk waren erneut Explosionen und Gefechtsfeuer zu hören, wie die von den prorussischen Separatisten geführte Agentur Novorossia meldete. Unabhängige Berichte gab es nicht.

Links: