Sohn: Haus zweimal attackiert
Die israelische Armee hat am späten Montagabend und in der Nacht zum Dienstag Ziele in Gaza massiv angegriffen. Nach Augenzeugenangaben wurde Gaza mit Artillerie, von Kriegsschiffen und aus der Luft bombardiert. Bei einer der Attacken auf Gaza wurde nach palästinensischen Angaben auch das Haus von Hamas-Führer Ismail Hanija getroffen.
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Das Haus im Palästinenserlager Schati im Nordwesten des Gazastreifens sei zweimal angegriffen worden, sagte Hanijas Sohn Abdel Salam Hanija. Weder Hanija, der 2006 Ministerpräsident in dem von der Hamas beherrschten Gazastreifen wurde, noch seine Familie seien daheim gewesen, als ihr Haus von Raketen zerstört wurde, berichtete der Hamas-Fernsehsender al-Aksa. Es sei Sachschaden entstanden, Opfer habe es nicht gegeben, teilte das Innenministerium in Gaza mit. Eine Sprecherin des israelischen Militärs sagte, ihr lägen keine Informationen zu dem Vorfall vor.
Im Gegenzug zu der Attacke auf Hanijas Haus wurden vom Gazastreifen aus acht Raketen Richtung Israel abgefeuert, von denen nach israelischen Militärangaben zwei rund zehn Kilometer südlich von Tel Aviv einschlugen. In der Region Tel Aviv seien Dienstagfrüh mehrere Explosionen zu hören gewesen, berichteten auch israelische Medien. Über Schäden war zunächst nichts bekannt. Auch in anderen Orten in Israel heulten die Sirenen.

AP/Khalil Hamra
Das zerstörte Haus von Hamas-Führer Ismail Hanija
Einziges Kraftwerk im Gazastreifen getroffen
Bei den nächtlichen Angriffen ist nach palästinensischen Angaben das einzige Kraftwerk im Gazastreifen getroffen worden. Die Feuerwehr bemühe sich um eine Eindämmung des Brands, berichteten palästinensische Nachrichtenagenturen am Dienstag. Ein Repräsentant des Kraftwerks sagte der Nachrichtenagentur „Maan“, eine israelische Granate habe einen Treibstofftank getroffen und damit den Großbrand ausgelöst. Eine andere Granate habe eine Turbine getroffen. Bisher sei es den Feuerwehrleuten nicht gelungen, den Brand zu löschen. Eine Armeesprecherin in Tel Aviv teilte mit, man prüfe den Bericht.
Das Kraftwerk erzeugt Strom für Haushalte, Betriebe, Krankenhäuser und Abwasserpumpen im Gazastreifen. Die 1,8 Millionen Einwohner des Küstenstreifens am Mittelmeer haben schon seit Jahren mit Stromsperren zu kämpfen. Seit Beginn der israelischen Offensive vor drei Wochen wurden die täglichen Stromabschaltungen noch länger. Schon in der Vergangenheit musste das Kraftwerk wegen Treibstoffmangels immer wieder auch ganz abgestellt werden.

APA/EPA/Oliver Weiken
Auch der Hafen von Gaza-Stadt wurde von Israel angegriffen
Gaza: Explosionen im Minutentakt
Die israelische Armee griff nach Medienberichten in der Nacht zum Dienstag etwa 150 Ziele im Gazastreifen an. Die radikale Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad teilte mit, in Rafah sei ein ranghoher Kommandeur der Gruppierung getötet worden. Insgesamt gab es bei den massiven Angriffen von See, aus der Luft und mit Artillerie nach Angaben der Rettungskräfte mindestens 16 Tote. Einwohner der Stadt Gaza berichteten von den bisher schlimmsten Angriffen seit Beginn der Offensive vor drei Wochen. Israelische Drohnen seien über die Häuser geflogen, schwere Explosionen hätten die Stadt im Minutentakt erschüttert.
Die israelische Armee hatte Stunden vorher die Bewohner von Teilen der Stadt aufgefordert, sich in Sicherheit zu bringen, berichteten TV-Sender wie das US-amerikanische CNN und der arabische Nachrichtensender al-Jazeera.
Erneut Tote
Im zentralen und südlichen Gazastreifen wurden am frühen Dienstag nach palästinensischen Angaben 16 Menschen getötet. 50 seien verletzt worden, berichteten Sanitäter und Augenzeugen. Der Sprecher des palästinensischen Rettungsdienstes, Aschraf al-Kidra, sagte, bei einem Luftangriff im zentralen Gazastreifen seien neun Palästinenser getötet und 40 verletzt worden. In Rafah im Süden seien sieben Mitglieder einer Familie ums Leben gekommen. Zehn seien verletzt worden.
Laut Sanitätern wurden mindestens 15 Palästinenser bei Luftangriffen im Westen von Gaza-Stadt verletzt. Die israelische Armee gab bekannt, dass binnen 24 Stunden zehn israelische Soldaten getötet worden seien. Die Zahl der getöteten israelischen Soldaten stieg auf 53. Zudem wurden drei israelische Zivilisten tödlich verletzt.
Am Montag waren nach palästinensischen Berichten 30 Palästinenser bei Angriffen ums Leben gekommen. Elf weitere Leichen wurden aus Trümmern in Chan Junis im Süden des Gazastreifens gezogen. Mehr als 200 Menschen wurden verletzt. Insgesamt seien bei den israelischen Angriffen seit dem 8. Juli mehr als 1.100 Menschen getötet und über 6.500 verletzt worden. Die meisten der Opfer seien Zivilisten, darunter Frauen und Kinder, sagte Kidra.
Netanjahu: Erster Schritt
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu kündigte eine Fortsetzung der Offensive im Gazastreifen an. „Wir werden den Einsatz nicht beenden, bevor wir die Tunnel (der militanten Hamas) zerstört haben“, erklärte er am Montagabend in einer Fernsehansprache. „Die israelischen Bürger können nicht unter der Bedrohung durch Raketen und Tunnel leben - unter Todesdrohung von oben und von unten“, fügte er hinzu.
Wie Netanjahu in seiner Ansprache weiter sagte, ist der Kampfeinsatz gegen die Hamas-Tunnel der „erste Schritt zur Entmilitarisierung des Gazastreifens“. Verteidigungsminister Mosche Jaalon, der neben ihm stand, erklärte: „Wir werden nicht zögern, unsere Aktionen auszuweiten, um der Hamas noch mehr Schaden zuzufügen.“
Ban: Verheerende Auswirkungen
UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon zeigte sich besorgt über Berichte, dass Israel Zehntausende Menschen im Gazastreifen zur Flucht nach Gaza-Stadt aufgefordert hat. Wenn das wahr sei, bedeute es eine weitere verheerende Auswirkung für die belagerten Zivilisten in diesen Teilen des Gazastreifens, die bereits immenses Leiden erfahren hätten, hieß es einer am Montag (Ortszeit) in New York herausgegebenen Erklärung.
Ban warnte in diesem Zusammenhang, die in Gaza arbeitenden UNO-Organisationen hätten nicht die Ressourcen, einen zusätzlichen riesigen Zustrom verzweifelter Menschen zu bewältigen oder ihnen Hilfe zu gewähren. Ban betonte erneut, dass die Feindseligkeiten beendet werden müssen.
Waffenruhe: Kerry sieht Hamas am Zug
Die internationalen Appelle für eine Waffenruhe blieben zunächst fruchtlos. US-Außenminister John Kerry erklärte, seine Bemühungen um eine Waffenruhe fortsetzen zu wollen. Letztlich könne die Krise in der Region aber nur beigelegt werden, wenn die „Hamas und alle anderen Terrorgruppen entwaffnet“ würden.
Das französische Präsidialamt erklärte am Montagabend, die politischen Führungen der USA, Deutschlands, Frankreichs, Großbritanniens und Italiens hätten sich darauf geeinigt, ihre „Anstrengungen zu verdoppeln“, um eine Waffenruhe zu erreichen. Noch in der Nacht zum Montag hatte sich der UNO-Sicherheitsrat des Konflikts angenommen und in einer Erklärung eine „sofortige und bedingungslose humanitäre Waffenruhe“ gefordert.
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