Themenüberblick

Auch Schäuble will „sorgfältig prüfen“

CSU-Chef Horst Seehofer hat den Fortbestand der Großen Koalition in Deutschland an die Einführung der umstrittenen Pkw-Maut für Ausländer geknüpft. Das Projekt stehe im Koalitionsvertrag, insistierte der bayerische Ministerpräsident gegenüber der „Welt am Sonntag“. Er fügte hinzu, Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) „hat unsere totale Unterstützung“.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Unter keinen Umständen werde die CSU von der Maut abrücken, die immerhin ein zentrales Wahlkampfthema der Partei gewesen sei, steckte Seehofer die Linie ab. Die SPD ist im Hinblick auf das Projekt mehr als skeptisch. Aber auch die Kritik innerhalb von CDU/CSU und seitens der Wirtschaft wächst. Abgesehen davon ist mehr als fraglich, ob das Projekt eines Abtausches zwischen reduzierter Pkw-Steuer für Deutsche und der Einführung einer Ausländermaut den EU-Vorgaben standhalten könnte.

SPD will Dobrindts „Hausaufgaben“ sehen

Dobrindt hatte kürzlich erste Eckpunkte für die Maut vorgestellt. Demnach soll für alle Fahrten auf öffentlichen Straßen in Deutschland eine Pkw-Maut über ein Vignettensystem erhoben werden. Deutsche Autofahrer sollen im Gegenzug bei der Kraftfahrzeugsteuer entlastet werden. Es ist aber umstritten, ob das europarechtlich zulässig ist. Den Plänen zufolge soll die für Kfz-Bescheide zuständige Zollverwaltung sicherstellen, dass deutsche Autofahrer nicht zusätzlich belastet werden.

Bayerns  	Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) steht neben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU)

APA/EPA/David Ebener

Seehofer mit Kanzlerin Angela Merkel

SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sagte gegenüber der „Passauer Neuen Presse“ am Wochenende, die Pkw-Maut sei ein „Wunschprojekt der CSU, nicht der SPD“. Seine Partei stehe aber zum Koalitionsvertrag. Wenn Verkehrsminister Dobrindt eine Lösung finde, die mit dem Europarecht konform gehe und keinen deutschen Autofahrer mehr belaste, werde die Pkw-Maut kommen. Er empfehle Dobrindt „jetzt seine Hausaufgaben zu machen und alle Bedenken auszuräumen“.

In CDU nur bedingte Gegenliebe

Bestenfalls halbherzige Unterstützung für das CSU-Projekt kommt aus der CDU von Kanzlerin Angela Merkel: Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) warnte davor, die Mautpläne zu zerreden. Der Koalitionsvertrag gelte auch in dieser Frage, und Dobrindts Vorschlag sollte jetzt „sorgfältig geprüft“ werden, so Schäuble gegenüber der „Bild am Sonntag“. Zugleich forderte er ein vernünftiges Kosten-Nutzen-Verhältnis. Unter dem Strich müsse sich der Verwaltungsaufwand für die Pkw-Maut lohnen. Andernfalls ergebe sie keinen Sinn.

Andere wurden noch deutlicher: „Dieser Vorschlag ist keine gute Basis“, erneuerte der CDU-Europapolitiker Elmar Brok gegenüber dem Magazin „Focus“ seine Kritik an den Plänen. „Bayerns Ärger über Österreich und die Schweiz“ dürfe nicht dazu führen, dass Menschen in anderen grenznahen deutschen Bundesländern „dafür bezahlen müssen“. Die Zusage, keinen deutschen Autofahrer mehr zu belasten, sei nicht zu halten. „Viele werden bald doppelt zahlen, weil die Niederlande und Belgien ebenfalls eine Maut einführen.“

„Mittelalterliche“ Pläne

Laut „Focus“ gibt es selbst in der CSU-Landesgruppe im Berliner Bundestag Unmut über Dobrindts Mautkonzept. Dort heiße es, im Bayern-Plan für die Wahlen 2013 habe die CSU nur die Einführung einer Pkw-Maut auf Autobahnen angekündigt, nicht aber eine Infrastrukturabgabe auf allen deutschen Straßen. Mehrere CSU-Politiker hatten Ausnahmen von der geplanten Maut gerade für Grenzregionen gefordert, da diese unter solchermaßen aufgebauten Barrieren wirtschaftlich leiden würden.

Der CSU-Haushaltspolitiker Bartholomäus Kalb kritisierte zudem: „Die geplante Pkw-Maut bringt viel bürokratischen Aufwand und wenig Nettoertrag für den Bund.“ Bei erwarteten Einnahmen von bestenfalls 600 Millionen Euro würden Länder und Kommunen mit Sicherheit auf einen großen Anteil für die Sanierung ihrer Straßen bestehen. Der Verkehrsausschuss-Chef des Bundestages, der SPD-Politiker Martin Burkert, hatte Dobrindt zuletzt gewarnt, er müsse seine Pläne weg vom Charakter eines „mittelalterlichen Wegzolls“ bringen.

Links: