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UNO-Gesandte schlägt Alarm

Die Dschihadisten-Organistation Islamischer Staat (IS, früher ISIS) hat einem UNO-Bericht zufolge bei allen Frauen und Mädchen in und um Mossul Genitalverstümmelung angeordnet. Wie die stellvertretende UNO-Gesandte im Irak, Jacqueline Badcock, am Donnerstag in einer in Genf ausgestrahlten Videokonferenz mitteilte, verhängte IS eine entsprechende Fatwa.

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Badcocks Angaben wurden von den Vereinten Nationen (UNO) allerdings wieder relativiert. Man überprüfe derzeit noch, ob IS tatsächlich die Genitalverstümmelung von Frauen angeordnet hat, so ein UNO-Sprecher am Abend: „Wir versuchen herauszufinden, was wir gesichert wissen.“ In diversen Medienberichten, darunter etwa beim „Spiegel“, ist unterdessen bereits von einer Falschmeldung die Rede.

Seit Wochen im Irak auf dem Vormarsch

Badcocks Angaben zufolge sollen alle Bewohnerinnen der von den Dschihadisten kontrollierten Gebiete im Alter zwischen elf und 46 Jahren von der fraglichen IS-Drohung betroffen sein. Unter Berufung auf UNO-Zahlen schätzte sie, dass das bis zu vier Millionen Mädchen und Frauen sein könnten. Die IS-Kämpfer hatten Anfang Juni zusammen mit verbündeten sunnitischen Rebellenkämpfern ihren Feldzug im Irak gestartet und mehrere Provinzen nördlich von Bagdad erobert.

Die irakischen Streitkräfte hatten IS lange nichts entgegenzusetzen, auch weil die politische Elite in der Hauptstadt Bagdad heillos zerstritten scheint. Für die von ihnen kontrollierten Gebiete im Irak und Syrien riefen die Kämpfer ein Kalifat - einen Gottesstaat - aus. Die Gruppe verfolgt moderate Sunniten ebenso wie Schiiten, die sie als Ketzer betrachtet. Auch die christliche Minderheit im Irak wird von den Radikalsunniten bedroht - mehr dazu in religion.ORF.at.

Bisher im Irak nicht weitverbreitet

Diese Fatwa der sunnitischen Terrormiliz wäre „etwas sehr Neues für den Irak, speziell in dieser Gegend, und ist sehr besorgniserregend“, so Badcock. „Das ist nicht der Wille des irakischen Volkes und auch nicht der Frauen des Irak, die in den von den Terroristen kontrollierten Gegenden leben“, so die UNO-Koordinatorin weiter.

Badcock sagte weiter, sie wisse nicht genau, wie viele Frauen nun von der Anordnung bedroht seien. Unter Berufung auf UNO-Zahlen schätzte sie jedoch, dass vier Millionen Mädchen und Frauen betroffen sein könnten. Bisher sei die Praxis der Genitalverstümmelung im Irak nicht weit verbreitet und nur „in einigen isolierten Regionen“ üblich gewesen.

UNICEF: Weitverbreitete Praxis

Aktuellen Zahlen des UNO-Kinderhilfswerks UNICEF zufolge ist Genitalverstümmelung vor allem in 29 Ländern in Afrika und im Nahen Osten besonders verbreitet. Die Folgen dieser Praxis, bei der meist unter unhygienischen Bedingungen und ohne Betäubung gearbeitet wird, können Infektionen, schwere Blutungen, Unfruchtbarkeit und ein Geburtsrisiko für Mutter und Kind sein. Viele Mädchen tragen auch seelische Verletzungen davon.

„Insgesamt ist die Wahrscheinlichkeit für ein Mädchen, heute beschnitten zu werden, ein Drittel geringer als vor etwa 30 Jahren“, heißt es in einem am Mittwoch veröffentlichten UNICEF-Bericht. Doch: In Dschibuti, Ägypten, Guinea und Somalia würden noch immer fast alle Mädchen mit Messern, Rasierklingen und anderen scharfen Gegenständen verstümmelt. Und weil die Praxis vor allem dort üblich sei, wo die Bevölkerung stark wachse, könnte die absolute Zahl an beschnittenen Mädchen in Zukunft sogar noch zunehmen.

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